Schwarzer Valentinstag
»der Alte und der Junge samt diesen verdammten Köhlern, die sie über die Grinde geführt haben, fanden wohl Zuflucht bei einer Gauklertruppe. Einer der Köhler hatte sich abgesetzt und wollte sich die Belohnung verdienen, aber leider kam der Sturm dazwischen, der auch hier diese Kälte gebracht hat. Bei den Gauklern in der Sturmnacht muss der Alte gestorben sein.«
»Muss gestorben sein. Ich höre wohl schlecht! Und der Beweis?«
»Der Pfarrer von Griesbach ist der Beweis. Die Gaukler sind mit dem Jungen zu ihm gekommen, um den Kerl in geweihter Erde begraben zu lassen. Die Köhler sind wohl wieder nach Hause gegangen.«
»Einen Mann, der dem Henker verfallen ist – er wird doch nicht…?«
»Nein, als er erfahren hat, dass der Mann an den Folgen einer Folterung gestorben ist, hat er es abgelehnt, wie es recht ist.«
»Ihr habt die Männer doch nicht ausbezahlt.«
»Keinen Heller!«
»Gut.«
»Bleibt der Junge.«
»Was kann der schon schaden?«, fragte der Zweite.
»Was kann der schon schaden! Was kann der schon schaden! Der Alte hat es ihm erzählt. Kannst du Gift darauf nehmen – der weiß alles, unsere Namen, alles!«
Ein Schwarm Krähen flog über die Ill.
»Dazu kommt, dass er jetzt den Tod des Vaters rächen will. Ich bitte Euch! Es ist alles auf Überraschung aufgebaut, ein falsches Wörtlein kann alles gefährden. Wenn der in Straßburg auftaucht, dann ist höchste Gefahr. Er muss weg. Ich nehme die Sache selbst in die Hand. Ihr könnt ja eine Kapelle stiften, wenn Ihr ein schlechtes Gewissen habt!«
Die Gaukler packten im Schnee das Zelt zusammen und zogen in eine leer stehende Hütte.
Christoph musste sich erst daran gewöhnen, mit Gauklern zusammenzuleben. Der Vater hatte gesagt, dass man bei Gauklern und Bettlern in Straßburg am meisten erfahren könne. Aber Christoph hatte noch nie mit Gauklern geredet. Er hatte ihnen gelegentlich auf dem Marktplatz in Stuttgart zugeschaut. Es war ihm aber nie eingefallen, ein Wort mit ihnen zu wechseln. Wer sich mit ihnen einließ, wurde von den anderen Bürgern gemieden.
Jetzt stemmte Balthas seine Hände in die Hüften: »Wer hätte das gedacht, wie unbegabt Kaufleute in unserem Handwerk sind! Du kannst weder jonglieren noch auf den Händen gehen oder ein brauchbares Rad schlagen. Du kannst nicht Feuer schlucken und du kannst nicht seiltanzen. Vom Zaubern ganz zu schweigen.«
»Da schau mich an«, sagte Philo gönnerhaft. »Ich kann das alles: Ich kann sogar auf den Händen seiltanzen und dabei Feuer schlucken – «
»Und wenn man dir einen Löffel in den Hintern steckt, kannst du noch essen dabei, du Angeber!«
»Aber ich kann es lernen. Du hast es gesagt. Das ist schon viel.«
Das musste Balthas zugeben.
Von Anfang an hatte es Christoph das Zaubern angetan: »Kannst du wirklich Zaubern? Das möchte ich lernen. Ich will ein Zauberer werden, kannst du mir das beibringen?«
Balthas wehrte ab: »Weißt du, mit dem Zaubern – du verstehst das falsch.« Dann griff er blitzschnell Christoph an das Ohr, das unter seinem dick verfilzten Haarschopf kaum zu finden war, und hatte einen Heller in der Hand.
»Was der Bursche alles in den Ohren hat!«, lachte Philo. »Kein Wunder, hat er nichts im Kopf.«
»Du bist hier derjenige, der nichts im Kopf hat als Blödsinn.«
»Aua! Du musst mich doch deshalb nicht gleich an den Haaren ziehen.«
Christoph war fasziniert. Wie war der Heller in sein Ohr gekommen? Er hatte nichts gespürt. Wenn die zaubern konnten – dann konnten sie doch – in Straßburg –
Balthas öffnete seinen weiten Ärmel und holte verschiedenste Dinge heraus: kleine Geldstücke, Glasperlen, Spielkarten, einen kleinen Holzlöffel und anderen Krimskrams.
»Leider haben wir keine Juwelen bei uns«, jammerte Philo. »Ach, ist das schade! Aua!«
»Solche Kleinigkeiten kann man immer brauchen, um die Leute zu verblüffen auf den Jahrmärkten und Marktplätzen.«
Und Philo sagte: »Will der Herr den Inhalt meines Gewandes wissen? – Hereinspaziert! Hereinspaziert! Eintritt gegen Bezahlung, ganz billig, nur einen Dukaten pro Nase. Bedenken Sie, meine verkehrten, äh, verehrten Bürger und Bürgerinnen, hier erleben Sie noch echte Schwarzwaldkunst, äh, Schwarzkunst!«
»Halt jetzt dein Maul!«, sagte Balthas lachend.
Aber Christoph war still. Das also war Zaubern!
»Es ist alles nur Täuschung. Ich werde dir einige Dinge zeigen, da wird jeder Bürger schwören, dass es sich um wirkliches Zaubern handelt – «
Täuschung war
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