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Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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ging Christoph über die Stange, begleitet von den Beifallrufen Regines und von Philos Flötenspiel.
    Oft musste er herunterspringen in den Schnee, aber er machte Fortschritte. Philo rüttelte an der Stange und versetzte sie in Schwingungen und immer seltener musste Christoph abspringen.
    »Wart nur, bis wir dir das Seil über die Schlucht binden und du mit der Balancierstange üben musst.« Philo konnte es kaum erwarten, aber dafür lag zu viel Schnee. Christoph war froh, denn Balthas ließ niemand mit Schuhen auf das Seil. Da würde ich schön frieren, dachte er, und schaute voll Schrecken nach den bloßen Füßen von Balthas und Philo, denen der Schnee nichts ausmachte, wie sie sagten.
    »Wir sollten die Schlucht auch meiden. Denn sie suchen dich bestimmt immer noch.« Balthas legte den Arm um Christoph.
    »Nach meiner Flöte solltest du deine Schritte richten«, sagte Philo und Balthas nickte. »Dann werden sie ruhiger und regelmäßiger.«
    Aber wenn Christoph das versuchte, musste er sofort abspringen.
    Philo konnte es, wenn Balthas oder Regine spielten. Vor – zurück – vor – zurück – Drehung, als wäre die Stange ein Tanzboden.
    »Das ist Seiltanzen«, sagte er, »was du machst, ist höchstens Seilgehen, zurzeit Stangengehen!«
    Philo konnte sogar auf der Stange tanzen und dabei selbst auf der Flöte spielen: vor – zurück – Drehung.
    Balthas ließ es ihn aber nicht auf dem Seil machen, weil er dabei keine Balancierstange halten konnte.
    Mit Mühe und riesigem Zeitaufwand schaffte Christoph es, auf der Stange niederzuknien und wieder aufzustehen, aber einen Purzelbaum, der einfach dazugehörte, wie alle sagten, brachte er nicht zustande. An Radschlagen war nicht zu denken, und auf dem Seil sollte alles noch viel schwerer sein.
    Was soll es auch, dachte er, im Sommer bin ich sowieso kein Gaukler mehr.
    Es war ja ganz nett, Gaukler zu sein. Aber er war in Wirklichkeit keiner. Das merkten sie doch!
    Er wusste aber, dass sie das, was er vorhatte, für zu gefährlich hielten.
    Aus dem Süden kam eine Krankheit, schrecklich, wie man noch keine kannte. Regine brachte die Nachricht mit. Es wurde auf den Höfen erzählt und die Bauern wussten es aus den Städten. Mit den Kaufleuten sei die Nachricht über die Alpen gekommen. Sie heiße das große Sterben oder der schwarze Tod oder einfach Pest. Es sei eine Seuche ansteckender als die schwarzen Pocken. Beulen seien es, Beulen an den Armen und in den Leisten. Fieber bekämen die Menschen. Man sterbe unter grausigen Qualen. Ganze Landstriche seien bereits menschenleer. Das sei der Weltuntergang. Ein schwarzweißer Mönch habe es in Freiburg auf dem Münsterplatz verkündet.
     
     
    Einige Wochen später kam Philo in die Hütte gerannt: »Sie suchen nach Christoph!« Er schaute sich um, Christoph war nicht da. Dennoch flüsterte er und nahm die beiden Alten zur Seite. »Ich war heute ganz unten in der Herberge bei Offenburg, um meine neuesten Zaubertricks auszuprobieren.«
    »Das solltest du nicht tun. Du weißt, wie gefährlich es ist. Es ist schon gefährlich genug, dass wir auf die Bauernhöfe müssen, aber in Gasthäuser und Herbergen laufen!«
    »Da war ein Mann in der Herberge, ein unsympathischer Wicht – klein, dicklich, mit tückischen Knopfaugen wie ein Frosch, und die Lüge stand ihm ins Gesicht geschrieben. Wie ich das mache, fragte der Frosch. Welcher Gaukler verrät schon seine Tricks? Ich kann euch sagen, die Leute tobten vor Begeisterung. Einer Frau zog ich, als ob es nichts wäre, einen Goldring aus ihrem Schlüsselbund – es war ihr eigener – «
    »Das sollst du nicht machen – wenn sie dich erwischen, bevor du den Ring zurückgegeben hast, hängen sie dich auf!«
    »Ich lasse mich nicht so schnell aufhängen. Hat mir nicht Regine einmal aus der Hand gelesen, dass ich nicht aufgehängt werde, sondern in einem Bett sterbe? Woher ich wohl einmal ein Bett zum Sterben nehme? Das Beste ist, ich lege mich nie in eines hinein.«
    Philo warf drei Bälle in die Luft und ließ sie dort kreisen.
    »Weiter!«
    »Also, dieser giftige Mensch fragt mich nach meinen Tricks und zieht mich dabei auf die Seite, dass es niemand hören kann. Das ist doch sehr mühsam, auf diese Weise Geld zu verdienen, sagt er. Er mache es ganz anders und habe immer Geld genug. Er zieht eine Hand voll Heller aus der Tasche und hält sie mir unter die Nase. Da sei mein Glück im Nu gemacht, meint er, und das sei noch gar nichts: Gold könne man damit verdienen, ehe man auf

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