Schwarzer Valentinstag
umlaufenden Holzgalerien. In Bächen und dicken Rinnsalen schoss das Wasser von den Dächern herab. Klappern drang aus der Wirtsstube, daneben stampften und schnaubten in den Stallungen die Pferde. Es roch nach Rauch, Essen und Mist. Die steilen Stiegen, die vom Hof aus zu der Galerie führten, lagen in undurchdringlicher Schwärze. Von dieser Galerie aus gingen Türen in die Kammern, in denen die Gäste schliefen.
Oft über zwanzig Gäste lagen immer zu viert oder zu fünft unter einer groben Pferdedecke auf langen Strohschütten. Meist behielt man über Nacht die Kleider an, nur die Schuhe wurden in Griffweite vor den Strohschütten auf Brettern aufgereiht.
Christophs Mahlzeit in der Wirtsstube war bescheiden wie das schwarz verkrustete Holzgeschirr, das ihm der Wirt vorsetzte.
Er war spät angekommen, es war schon fast dunkel, als er vom Innenhof aus zu der Schlafkammer hinaufstieg, die ihm der Wirt bezeichnet hatte. Auf der Stiege stieß er auf einen dicken kleineren Mann, den er nur umrissartig wahrnahm und der ihm schwer schnaufend entgegenkam.
Im selben Augenblick spürte Christoph im Gesicht den Schein von einer der Fackeln unten im Hof. Er achtete nicht sonderlich darauf; er war müde, aber es fiel ihm auf, dass der Mann stehen blieb und ihm nachschaute.
In der Kammer war schon lautes Schnarchen und der muffige Geruch nach Schlaf. Er suchte in dem Raum, in den kaum etwas Licht vom Hof drang, seine Lücke zwischen den Schläfern. Das ging nur mit Tasten, wobei er mehrmals böses Knurren auslöste. Endlich hatte er seinen Platz gefunden, den ihm der Wirt beschrieben hatte, und versuchte noch etwas von der Decke zu bekommen, denn von den offenen Fensterlöchern her zog es schlimm herein, dennoch war der Geruch der vielen Schläfer fast unerträglich. Die beiden Männer rechts und links von ihm schliefen offenbar fest, denn es war nur ein Brummen zu hören, als er sich zwischen sie zwängte.
Er schreckte schon bald wieder hoch – ein weiterer Gast suchte mit einem Talglicht seinen Platz zum Schlafen. Das war offenbar nicht leicht. Christoph nahm im Halbschlaf war, wie er überall herumtappte auf dem unangenehm quietschenden Bretterboden und wie er den Leuten ins Gesicht leuchtete.
Ins Gesicht leuchtete!
Mit einem Schlag war Christoph hellwach. Der Mann auf der Stiege, der ihn so genau gemustert hatte – war er wieder heraufgekommen? Hatte er den Wirt unten nach ihm gefragt? Christoph vergrub das Gesicht, so gut es ging, unter der Decke und stellte sich schlafend.
»Hat der Kerl endlich seinen Platz gefunden!«, hörte man eine tiefe Stimme knurren. »Sonst helf ich ihm in den Schlaf, dass er nicht mehr so schnell aufsteht!«
Die Haare, er wird mich an den Haaren erkennen!
Die Haare konnte er nicht auch noch zudecken, sonst wäre er erstickt. Sie waren ja vor nicht langer Zeit geschoren worden. Wie lang waren sie seither gewachsen?
Verstohlen blinzelte er unter der Decke hervor. Der Lichtschein wanderte im Raum herum, Schatten glitten an den Wänden auf und ab. Es war keine Frage: Der Mann suchte etwas. Da kam das Licht auf ihn zu – er grub sich tief in die Decke ein, wobei er den Schläfer neben sich aufdeckte. Der brummte und zog mit einem Ruck die Decke wieder fort. Auch der Mann auf der anderen Seite zog an der Decke. Der Schein des Lichtes auf den Augenlidern war so hell, dass Christoph unwillkürlich blinzelte: Vor seinen Augen schwebte groß ein rundes Gesicht mit breitem Mund und fast unnatürlich hervorquellenden Augen, die etwas nach den Seiten gerichtet zu sein schienen.
Der Mann murmelte etwas, dann verschwand das Gesicht. Christoph konnte schemenhaft die kurzbeinige massive Gestalt vor der Strohschütte stehen sehen. Er schien etwas zu überlegen. Christoph rührte kein Glied und wagte nicht zu atmen, obwohl ihm das Herz bis zum Hals schlug.
An seinem Gürtel hing ein Dolch!
Da! Der Mann beugte sich herab. Er zog seine Stiefel aus und stellte sie in die Reihe. Er brauchte endlos lange dazu – was musterte er die Schuhe so genau? – Dann löschte er das Licht – die plötzliche Dunkelheit war entsetzlich – und kroch, wie Christoph deutlich hören und spüren konnte, auf allen vieren zu ihm hin und versuchte sich zwischen ihn und den linken Schläfer hineinzuzwängen, obwohl hier kein Fingerbreit Platz war. Wollte der ihn im Schlaf erstechen? Oder jetzt gleich?
Er lag hilflos eingeklemmt.
Er wich dem plumpen Gewicht, das sich da hereindrängte, aus, so gut es ging, und stieß
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