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Schwarzer Valentinstag

Schwarzer Valentinstag

Titel: Schwarzer Valentinstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günther Bentele
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besten Schuhe von allen, die in der Schlafkammer aufgereiht standen! Davon verstand er etwas. Und sie hätten ihm gepasst! Er hatte einen Blick für gute Kleidung. Würde mir zukommen! Bessere Kleider, feines Leder, Samt, Seide, schöne Farben! Ich verstehe mehr davon als so ein reicher Fettkloß, der sie sich von seinem Diener anziehen lässt.
    Das Leben war ungerecht!
     
     
    Die ganze Nacht hindurch war Christoph gewandert. Zuerst hatte er gezittert und sich beinahe übergeben.
    Der Regen hatte aufgehört. Die Sonne schien, aber es war kalt.
    Wo sollte er hin? Der Rhein war nicht passierbar, auf seiner Spur war der Verfolger.
    Er zog die nasse Pferdedecke fester um sich: Ein Wind kam in der Ebene auf. Der Schwarzwald stand hinter ihm wie eine dunkle Mauer. Ganz oben waren lang gestreckte weiße Flecken. Um ihn waren niederes Gestrüpp und weite Senken, die alle unter Wasser standen. An den Rändern lagen noch Streifen von schmutzigem Schnee. Hinter dem Wall aus Bäumen, der den Blick nach Westen versperrte, musste der Rhein sein mit seinen vielen Armen, von denen es hieß, dass es jetzt ein einziger sei.
    Hü! und hott!, hört er hinter sich. Mehrere große Planwagen schwankten auf ihn zu, als er sich umdrehte. Zwei Soldaten, fürstliches Geleit, ritten voraus. Er betrachtete die Planwagen mit Kennerblicken. Das mussten sehr reiche Kaufleute sein, die mit so aufwändigem Gespann und Geleit reisten. Die Jahreszeit war ungewöhnlich. Bis Ostern waren es noch einige Wochen und Kaufleute begannen so große Unternehmungen eigentlich zu den Messezeiten.
    Es geht mich nichts an. Christoph trat traurig zur Seite.
    Im Hof einer Herberge vor Kehl sah er die Wagen wieder. Die Gespanne wurden abgeschirrt, Knechte führten die Pferde in die Ställe. Die Reiter standen dabei, man hörte ihr Gelächter. Kinder, Neugierige und Bettler standen und hatten die Münder offen. Aus der Herberge trat ein vornehmer Herr, offenbar einer der Kaufleute. Seine Kleidung war kostbar, aber nicht auffällig. Er war noch nicht sehr alt, kaum dreißig. Sofort war er von den Bettlern umringt, man hörte sie jammern und bitten.
    Christoph gab es einen Ruck. Eigentlich müsste ich mich zu den Bettlern stellen. Der Herr hatte ein Ledersäckchen in der Hand und gab jedem Bettler offenbar eine kleine Münze. Christoph fiel auf, wie sorgsam er darauf achtete, dass alle dasselbe erhielten. Drei Bettler, die sich zum zweiten Mal anstellen wollten, wies er zurück. Einem, der offenbar betrunken war, gab er kein Geld, sondern wies einen der Knechte an, ihm Brot zu geben.
    Dann fiel sein Blick auf Christoph: »He du, warum kommst du nicht her?« Seine Sprache klang etwas gebrochen.
    Christoph wurde es heiß. »Ich bin kein Bettler«, sagte er und wunderte sich über sich selbst. War es der vertraute Anblick des Kaufmannszuges und die Erinnerung an den Vater? – Er spürte, wie er rot wurde.
    Der Herr hielt seinen Blick auf ihn gerichtet: »Du hast Hunger, das sehe ich. Aber wenn du zu gut zum Betteln bist – «
    »Herr«, sagte Christoph und seine Stimme zitterte und die Tränen stiegen ihm auf, ohne dass er es merkte. »Ich brauche Hilfe!« Die Stimme überschlug sich. »Ich brauche Hilfe, dringend!«
    Als sich die Bettler verlaufen hatten, stand der Herr groß und aufrecht vor ihm und betrachtete ihn langsam von Kopf bis Fuß. »Du siehst verhungert aus wie ein Bettler, deine Kleidung ist die eines Betteljungen, aber du trägst Stiefel wie ein Herr! Was ist los mit dir?«
    »Mein Vater war ein Kaufmann wie Ihr«, begann Christoph ungeschickt. Dann konnte er nicht mehr weiterreden.
    »Komm mit mir in die Herberge, dann werden wir weitersehen.« Der Herr hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt.
    Es brach aus Christoph nur so heraus: die falschen Gewichte, die Folter und das Todesurteil, die Hand des Henkers, die auf ihm und seinem Vater geruht hatte. Hier schaute er Herrn Elieser, wie der Herr hieß, besorgt an. Aber der verzog keine Miene. Von dem Stadt- und Landverweis aus Gnade erzählte er, von ihrer Verfolgung und dem Preis, der auf ihren Kopf ausgesetzt war, auch von den drei Zahlen. Er erzählte mit brüchiger Stimme vom Tod seines Vaters und der Aufgabe, die er, Christoph Schimmelfeldt, vom Vater übernommen habe. Die Nacht in der Herberge saß ihm noch im Genick. Zuerst durfte er sich satt essen. Später führte ihn Herr Elieser in eine Kammer zu einem sehr alten Mann mit einem schlohweißen Bart und einem sehr ehrwürdigen Gesicht, das ihn

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