Schwarzer Valentinstag
Reihe nach. Erstens: Der betrunkene Alte findet heraus, wo Christoph wohnt, und sucht sich den narbigen Bettler als Hilfe womöglich gegen den Stelzenklaus. Zweitens: Der narbige Bettler bringt den betrunkenen Alten um. Drittens: Er beobachtet ganz ungeniert euer Bretterhaus, das ihm in der Mondnacht gezeigt worden ist. Er will Gewissheit und lauert auf eine Gelegenheit – «
»Weißt du eigentlich, dass blaue Augen bei den Muslimen ein Unheilszeichen sind?«, warf Nachum ein.
»Was soll das jetzt?«, fragte Löb ärgerlich.
»Mir kommt das selbst auch so vor«, murmelte Christoph.
Löb presste beide Fäuste an die Schläfen: »Viertens: Der Beobachtete entkommt ihm doch.«
»Er meint natürlich, das sei nicht schlimm. Denn er hat ja keine Ahnung, dass Christoph einen sicheren Zufluchtsort hat.« Philo hatte schon wieder Bälle in der Hand.
»Wahrscheinlich hielt er es auch für harmlos, das Haus zu beobachten, ohne sich zu verstecken«, fuhr Christoph fort.
»Denn entweder war er zu dumm«, ergänzte Nachum, »oder er war sich seiner Sache zu sicher.«
»Meist ist eines die Folge vom anderen«, fuhr Löb fort. »Er verfolgt euch sogar offen in der Stadt, aber dann ist Christoph spurlos verschwunden. Das Geld ist weg. Aber er hatte vielleicht schon fest mit dem Geld gerechnet, vielleicht schon auf Pump Schnaps gekauft.«
»So geht er fünftens hin und sagt dem Frosch, er habe Christoph umgebracht«, Philo hüpfte auf einem Bein herum, »und der sagt es seinem Auftraggeber, der sich vielleicht nicht gleich sprechen lässt, wie das die großen Herren so an sich haben.«
»Oder verreist ist – «, schlug Löb vor.
»Jedenfalls dauert es fast vier Wochen, bis er ihn trifft, eine Zeit, die dem Bettler schrecklich lang geworden sein muss – « Christophs Augen glänzten.
»Sie machen den Ort der Geldübergabe aus«, redete Löb schnell weiter, »die Gedeckten Brücken, nachts, wie gesagt, wo es keiner sieht – «
»Und dort wird er sechstens erstochen, weil der Frosch auch nicht gerne teilt – er bekommt das Blutgeld, dreht sich um und geht weg oder er wartet darauf, jedenfalls der Frosch ersticht ihn von hinten«, schloss Christoph.
»So, und ich habe jetzt das Beste!«, jubelte Esther. »Jetzt muss der Frosch darauf achten, dass die falsche Beschreibung des zweiten Toten unter die Leute kommt, er hat ja das Geld von seinem Auftraggeber, und da ist es wichtig, dass die Beschreibung des Gesuchten, also Christophs als Opfer, durch Straßburg läuft – «
»Genau wie der Stelzenklaus es hätte tun müssen. Rätsel gelöst. Esther, unglaublich, und so einfach!«, sagte Philo voller Respekt.
»Es passt alles nahtlos!« Löb starrte auf seine Tafel und schüttelte den Kopf.
Philo wanderte auf den Händen in der Stube herum.
»Vater, da gibt es aber noch eine Frage«, überlegte Nachum. »Weiß der Frosch, dass Christoph noch lebt? Hat er seinem Opfer geglaubt, dass der Christoph erstochen hat?«
»Das ist nicht nur eine sehr gute Frage, Nachum«, lobte ihn Löb, »das ist auch eine sehr wichtige Frage.«
»Er glaubt es mit Bestimmtheit. Sonst hätte er nicht die Beschreibung Christophs verbreitet, die Christoph ja schützt!« Philo stand wieder auf zwei Beinen. »Er weiß auf jeden Fall, dass der zweite Ermordete nicht Christoph ist, denn dessen Mörder ist er ja selbst. Mit den Prügeln und der falschen Beschreibung wollte er gleichzeitig den eigenen Mord vertuschen.«
»Könnte er den Auftraggeber nicht auch angelogen haben, um endlich das Blutgeld zu bekommen?«, fragte Christoph zornig. »Er kann ja in den vier Wochen zwischen dem ersten und dem zweiten Mord irgendwie herausgefunden haben, dass ich noch lebe. Aber er will endlich das Geld.«
»Zu riskant«, erwiderte Philo schnell, »der scheint mir nicht der Mann dafür. Ich halte ihn eher für feige. Denk nur, wie gefährlich das für ihn wäre, wenn du plötzlich wieder auftauchen würdest. Sein Hintermann geht über Leichen! Nein, er glaubt wirklich, dass du tot bist. Wir haben drei Tote und zwei Mörder. Einer der Toten ist selbst ein Mörder. Wer aber war sein Auftraggeber?«
»Wenn wir Recht haben«, sagte Christoph verwundert.
»Ich meine schon, dass wir Recht haben«, sagte Löb und schloss die Augen. »Wir haben es gefunden wie im Traum: Es passt alles zusammen. Aber wer ist es, der hinter dem Frosch die Drähte zieht?«
E STHER
Als Christoph an diesem Abend in seine Kammer gehen wollte,wartete Esther im oberen Ern auf
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