Schwarzer Valentinstag
Marktfrau, die mit ihren Röcken breit auf einigen Körben saß, als wolle sie die ausbrüten.
»Verbrennen!«, sagte ein Schmied, der einen Sack Kohlen vor sich hielt. »Bei euch in Straßburg sind ja nur Judenfreunde im Rat. Da ist der Herr Dopfschütz samt seiner Freunde, der holt sich Berge von Geld von den Juden, da muss er ihnen ja schöntun! Kannst du dir denken!«
»Denken, ja, das sollte man wirklich, wenigstens manchmal!«, sagte Philo.
Das Marktweib kicherte: »Erst holen, dann abschaffen. So würde ich es machen. Wer wird denn die teuren Zinsen bezahlen!«
Christoph konnte kaum an sich halten: »Die Zinsen – «, begann er.
Aber Philo hielt ihn zurück. »Bist du verrückt«, flüsterte er, »wir dürfen nicht auffallen.«
»Jemand muss ihnen doch sagen, dass die Juden die zwanzigfache Steuer der Christen bezahlen müssen, da müssen sie doch hohe Zinsen verlangen. Und Christen dürfen keine Zinsen nehmen und sind auf die Juden angewiesen. Es muss ihnen doch jemand sagen!« Christoph flüsterte hastig und erregt.
In Offenburg war kein dicklicher Herr mit Knopfaugen und falschen Mandragorawurzeln.
Sie fragten die Leute: »Weißt du, wo man Alraunenwurzeln kaufen kann? Unsere Eltern haben uns hergeschickt. Gegen die Pest.«
»Ihr habt wohl kaum genügend Gel?«, sagte ein älterer Handwerkermeister, ein Schneider, der sich Äpfel aussuchte. »Aber der Mann mit den Alraunen ist nicht mehr da – schon seit zwei Wochen nicht mehr. Ich habe mich eingedeckt für die ganze Familie. Uns kann nichts mehr geschehen. Aber das war teuer, kann ich euch sagen. Ich würde nach Straßburg oder Speyer gehen oder sonst eine der großen Städte.«
Das Apfelweib mischte sich ein: »Ich bin nur eine einfache Bauersfrau und verstehe nichts von diesen Dingen. Gegen die Pest kann ich mich nur auf mein Gebet verlassen. Aber am besten ist es,wenn ihr euer Geld spart. Da war ein gelehrter Herr, der hat gesagt, dass die Wurzeln falsch sind, und ob die richtigen helfen, weiß man nicht.«
»Ich kaufe meine Äpfel woanders, danke!«, sagte der Schneidermeister und ging rasch weiter.
»Hier, dort drüben hatte er seinen Stand. Er hat Wurzeln verkauft und er hat Geld eingenommen, wie ich es noch nie gesehen habe. Da muss einer jahrelang viele Wagenladungen Äpfel verkaufen, bis er so viel Geld zusammenbringt. Mich wundert nur, dass er nicht nach Straßburg gegangen ist. Da hätte er noch mehr verlangen können.«
»Wie sah er denn aus?«
»Was weiß ich! Klein, dick. Genau genommen sah er aus wie ein Frosch mit breitem Maul. Er hat es sehr geschickt gemacht: Er hatte einen großen Stand mit einem Dudelsackspieler, den er bezahlt hat. Der ganze Stand war bedeckt von Pergamenten – darauf stand angeblich, wie gut die Alraunen gegen die Pest sind. Ich weiß es nicht – ich kann nicht lesen. Aber er hat seine Waren so laut ausgeschrien, dass wir anderen mit unseren Kohlköpfen und Zwiebeln gar nicht mehr da waren.«
»So hat er das Blutgeld also vermehrt, der Mörder«, sagte Christoph leise zu Philo.
Der hatte plötzlich fünf Äpfel in der Hand und wirbelte sie durch die Luft.
Die Apfelfrau hatte große Augen: »Wo hast du denn das gelernt?«
Philo legte die Äpfel in den Korb zurück.
»Du darfst sie behalten. Das war es wert.«
Ein kleines Männlein kaufte Äpfel.
»Er hatte auch eine große, bunt gemalte Tafel, darauf war ein kranker Mann mit lauter Beulen am ganzen Körper, wie er gerade von dieser Wurzel isst, und dann hat er plötzlich keine Beulen mehr und ist ganz gesund. Aber das ist ein Schwindel, hat der vornehme Herr gesagt. Und er ist der Leibarzt des Grafen. Dem glaube ich mehr.«
»Gibt es in Offenburg Juden?«, fragte Philo.
»Es gibt welche, sie haben sogar eine Synagoge. Die armen Menschen! Sie sollen an allem schuld sein. An der Pest und an allem! Es weiß ja niemand, woher die Pest kommt. Woher wollen sie dann wissen, dass sie von den Juden gemacht wird?«
»Aber vergiften sie nicht die Brunnen?« Philo kratzte sich am Kopf.
»Das wird gesagt. Aber ich glaube es nicht. Ich kenne ein paar Juden – die vergiften keine Brunnen, da lege ich die Hand in das Feuer. Man muss nicht jedes Geschwätz glauben. Da gibt es Schlimmere; dieser Mann mit den falschen Wurzeln – der hat mir keinen guten Eindruck gemacht! Unter dem Galgen will er die Wurzeln geholt haben. So viele Galgen gibt es gar nicht, wie der Wurzeln hatte. Wenn er nur nicht selbst an den Galgen gehört. Geschrien haben sollen
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