Schwarzer Valentinstag
die Wurzeln. Ich habe noch nie eine Wurzel schreien hören. Aber sein Geschrei! Davon konnte man krank werden.«
Christoph und Philo lachten.
Sie lachte mit: »So, da hat jetzt jeder von euch noch einen Apfel, ihr seid zwei nette Burschen. Werft sie aber nicht in die Luft! Geht nach Hause und sagt eueren Eltern, sie sollen das teure Geld sparen. Äpfel sind gesund und billig, das weiß man gewiss. Ich muss weitermachen.«
»Solche Leute sollte es viel mehr geben«, sagte Philo und biss herzhaft in einen Apfel. »Schmeckt gut.«
»Was jetzt?«, fragte Christoph.
»Was jetzt? – Er ist in Lahr, in Speyer, in Worms, in Freiburg, in Stauten. Wir können die ganzen Städte am Rhein auf und ab suchen. Und genau das können wir nicht.«
»Vielleicht ist der Frosch ja sogar wieder in Straßburg.«
»Vielleicht auch in Stuttgart – wer weiß?«
Philo ließ drei Äpfel in der Luft tanzen: »Wart mal.«
Er ging wieder zu der Apfelfrau, Christoph folgte ihm zögernd.
»Wie viele Wurzeln hatte dieser Frosch denn noch, als er zusammenräumte?«
»Ausverkauft. Er war ganz ausverkauft. Das sollte mir einmal passieren! Lieber bleibe ich ehrlich. Dudelsackpfeifer!«
»Da haben wir es: Ausverkauft!«, sagte Philo fröhlich. »Der Mann braucht neue Ware. Und die holt er nicht unter dem Galgen und auch nicht aus Italien vom Berg Galgano und einen schwarzen Hund braucht er auch nicht dazu.«
»Rohrwurzeln«, sagte Christoph zögernd, »man schnitzt die falschen aus Rohrwurzeln, das hat Löb gesagt. Dann bohrt man kleine Löcher hinein und lässt Gerstenkörner darin keimen.«
»Richtig. Wenn wir gar nicht mehr weiterwissen, dann fälschen wir Alraunen. Sehr einträglich.«
»Wo gibt es Rohrwurzeln?«, fragte Christoph.
»Überall, wo es Rohr gibt. Das ist fast überall am Rhein.«
»Schade, dann hilft es uns nicht weiter«, meinte Christoph traurig.
»Eben.«
Am nächsten Morgen war kein Markt, dennoch saß ein einäugiger Bettler vor der Kirche und jammerte zum Steinerweichen.
Christoph saß auf einem Mäuerchen bei der Kirche. Die Sonne schien ihm warm auf den Rücken. Die ersten Blätter fielen.
Esther! Er hatte Sehnsucht nach Esther, seit er in Straßburg zum Tor hinausgewandert war. Sie hatten in den Tagen zuvor miteinander geredet. Der alte Abraham hatte zu Esther gesagt, dass man erst zusammenkommen müsse, um zusammenzugehören. Wir gehören einfach zusammen! Schluss.
Christoph wurde aufmerksam. Ein Bettler hatte sich zu Philo gesetzt. Ein halb lahmer, noch recht junger Mensch. Philo winkte Christoph heran. Endlich gehörte er einmal dazu!
Die beiden Bettler kannten sich: »Das ist Matthes, wie du siehst, ist er lahm, auf welchem Bein doch gleich?«, grinste Philo.
»Auf welchem du willst«, lachte Matthes, »es ist wie mit deinen Augen.«
»He, da tust du meinen Augen Unrecht. Ich bin immer auf dem selben Auge blind.«
»Berufsehre!«
»Das ist Christoph.« Sie reichten sich die Hand.
»Matthes weiß interessante Dinge über den Frosch.«
»Wie war das mit dem Frosch? Dem Mörder und Betrüger?«
»Ich weiß, wo er ist«, sagte Matthes schlicht.
Gegen Abend wurde die Luft dunstig, dann war der Nebel dick geworden, als die beiden aus der Stadt hinausschlichen.
»Wir müssen uns ganz auf den Schreck verlassen«, meinte Philo, »sonst werden wir nichts erfahren.«
»Er wird sich hüten seine Hintermänner preiszugeben.«
»Und diesen Schreck müssen wir sorgsam einteilen.«
»Was heißt das?«
»Das heißt, dass ich es zuerst alleine versuchen muss.«
»Nicht daran zu denken!«, erwiderte Christoph.
Schließlich setzte sich aber Philo durch.
So saß Christoph wieder einmal alleine und schaute in die Nacht hinein. Nicht einmal die allernächste Umgebung war erkennbar. Der Nebel hatte alles verschluckt. Er wartete auf Hundegebell. Nichts rührte sich.
Aus dem Nebel schaute ihn Esther an.
Philo schlich durch die Nacht. Er war auf den Hund gespannt. Denn dass der Frosch hier draußen ohne Hund hausen sollte, das war nicht denkbar.
Aber sind Hunde ein Problem?
Nasses Gras, nasse Sträucher, alles nass. Der Weg mit Steinen gepflastert wie die Auffahrt zu einem großen Herrn. Aber er wusste, dass von der ehemaligen Burg nur noch ein Stall übrig war. Es roch nach faulem Obst und nach verdorbenem Gemüse.
Da, ein Licht. Es sickert heraus wie durch Milch. Er schläft also noch nicht. Das Licht fällt durch einen Spalt in der Türe. Vorsichtig hineingeschaut. Da sitzt er und
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