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Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Schwarzes Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Wilde , Roger Smith
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saß im Schlafzimmer seines Hauses. Eine düstere Vorahnung zerrte an den Rändern seines Bewusstseins, und er konnte es kaum erwarten, die Stadt im Rückspiegel des Jeeps verschwinden zu sehen. Er zog die Uniform aus und legte den Pistolengürtel und seinen Sheriffstern auf das Bett. Wenn er und Timmy auf dem Weg zur Interstate am Büro vorbeikamen, würde er beides dort abgeben.
    Er schlüpfte in Levi’s, ein T-Shirt und ein sauberes Paar Nikes. Dann packte er den Inhalt seines Kleiderschranks in einen Rucksack. Als er das gerahmte Foto der schwangeren Marybeth vom Nachttisch nahm, überkam ihn eine so große Leere, dass er sich am liebsten aufs Bett gelegt und genug Tränen für einen Countrysong geweint hätte.
    Stattdessen hielt er seine Gefühle im Zaum, drängte sie mit aller Macht zurück. Damit das Glas nicht zerbrach, steckte er das Foto zwischen die Klamotten in den Rucksack und zog den Reißverschluss zu. Das Rattern der kleinen Zähne erinnerte ihn an den Leichensack, den er an jenem Tag in der Wüste über seiner toten Frau geschlossen hatte.
    Im Wandschrank hing das letzte Kleidungsstück, das er von seiner Marybeth behalten hatte: ein Nachthemd, das er ihr zum Geburtstag in der großen Stadt gekauft hatte. Er hielt sich die Seide vors Gesicht, spürte den weichen Stoff auf seiner Haut und glaubte, noch immer den Duft seiner Frau darauf riechen zu können. Er musste alle Kraft aufbieten, um das Nachthemd auf den Bügel zurückzuhängen, das Schlafzimmer zu verlassen und den Rucksack im Flur abzustellen.
    Er ging in Timmys Zimmer und stopfte Kindersachen in einen Spiderman-Rucksack. Das Fußballtraining war ihm gerade recht gekommen: So hatte er genug Zeit, alles zusammenzupacken, ohne den Jungen unnötig nervös zu machen. Wenn er ihn später mit hierhernahm, damit sich der Junge ein paar Spielsachen und andere Dinge, die ihm wichtig waren, aussuchen konnte, würde er sich so oder so einem Bombardement nicht zu beantwortender Fragen stellen müssen: zum Beispiel, wo sie hinfuhren und warum.
    Noch hatte Gene kein konkretes Ziel. Nach Norden, so viel war sicher. Er malte sich eine menschenleere, verschneite Landschaft aus, wo die weiße Kälte die Macht besaß, alle finsteren, schmerzvollen Erinnerungen zu verdecken.
    Bei ihrer Heirat hatte Marybeth darauf bestanden, dass sie beide eine Lebensversicherung abschlossen. Nach ihrem Tod war Gene über die Höhe der ausgezahlten Prämie regelrecht schockiert. Bis heute hatte er das Geld nicht angerührt. Er hatte beschlossen, es in Timmys Ausbildung zu investieren und bis dahin einem alten Schulfreund anvertraut, der als Investmentbanker in der Stadt arbeitete. Trotz der Schwankungen auf den internationalen Märkten, von denen im Fernsehen immer so viel zu hören war und die Gene nicht im Ansatz verstand, wuchs sein Vermögen beständig weiter.
    Er war zwar nicht reich, würde sich in der nächsten Zeit jedoch nicht um einen neuen Job kümmern müssen. Die Hausschlüssel konnte er einfach bei dem letzten noch verbliebenen Immobilienmakler des Orts abgeben – ein Mann, der sein schwindendes Einkommen durch Nachtschichten hinter einem Bartresen kompensierte. Der Makler würde die Schlüssel in Verwahrung nehmen und so tun, als ob er einen Käufer suchte. Höchstwahrscheinlich würde das Haus jedoch wie so viele andere im Grenzland einsam und verlassen Wind und Wetter ausgesetzt sein.
    Allerdings würde er nicht mehr hier sein, um das mitzuerleben.
    Sein Handy klingelte. »Martindale.«
    »Äh, Gene? Hier spricht Dolly Marples.«
    »Was gibt’s, Dolly?«
    »Timmy war gerade noch hier beim Fußballtraining. Er ist in den Wald neben dem Spielfeld gelaufen, um den Ball zu holen, und, also … er ist verschwunden, Gene.«
    Die düstere Vorahnung verwandelte sich in blanke Angst.
    »Dolly, haben Sie jemanden gesehen?«, fragte Gene und rannte währenddessen ins Schlafzimmer, wo er den Pistolengürtel vom Bett nahm.
    »Ich nicht, aber einer von den Jungs sagt, dass er Skye im Wäldchen gesehen hat.«
    Gene hastete die Treppe hinunter, beendete dabei den Anruf, wählte die Auskunft und erkundigte sich nach der Nummer des Busunternehmens. Sobald er mit der Firma verbunden war, gab er sich als Polizist zu erkennen und fragte, ob es während der Fahrt in die Stadt heute Morgen irgendwelche besonderen Vorkommnisse gegeben hatte.
    »Also, der Fahrer sagte, dass ein Fahrgast darauf bestand, einen außerplanmäßigen Halt einzulegen, damit sie aussteigen konnte.«
    »Haben

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