Schwarzes Blut: Thriller (German Edition)
Tropfen von Flüssigkeit auf Metall war nichts zu hören.
»Mama?«, fragte er. Als er keine Antwort erhielt, öffnete er den Gurt, fiel auf das Dach des Wagens und kletterte durch die zerbrochene Windschutzscheibe.
Das verbeulte Wrack des Pick-up stand rauchend vor ihm. Im Licht des verbliebenen Autoscheinwerfers erkannte er den Fahrer – er war allein im Fahrzeug – zusammengesunken über dem Lenkrad. Zu diesem Zeitpunkt hatte Junior genug Leichen gesehen, um zu wissen, dass dieser versoffene Redneck das Zeitliche gesegnet hatte.
Dann bemerkte er am Rand des Lichtkegels, der bereits eine kleine Versammlung von Motten und Mücken anzog, einen Haufen aus Fleisch und gebrochenen Knochen. Das war seine Mama. Er ging zu ihr und sank in ihrem Blut auf die Knie. Als sie aus dem Wagen geschleudert worden war, hatte eine scharfe Metallkante mit der Präzision eines Pathologen ihren Leib vom Hals bis zum Brustbein aufgeschlitzt. Die Organe aus der oberen Hälfte der Bauchhöhle (Speiseröhre, Luftröhre, Lunge und Herz) lagen auf dem Asphalt.
Wenn sie diese glänzenden Organe dem Leib eines ermordeten Fremden entnahmen, lief ihm regelmäßig das Wasser im Mund zusammen. Jetzt jedoch musste er würgen und gab vor Trauer kleine hohe Schluchzer von sich.
Junior musste sich zusammenreißen. Er hatte mit seiner Mama einen Pakt geschlossen, und dieser Pakt musste erfüllt werden. Er holte eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach des verunglückten Wagens. Nach kurzer Suche entdeckte er die Tupperwaredose, in der sie ihre Hühnersandwiches aufbewahrt hatten, und klopfte die letzten Krumen heraus.
Dann stellte er die Dose neben Mama und öffnete das Schweizer Taschenmesser, das er vor drei Jahren einem Bauernjungen in einem Hinterwäldlerkaff abgenommen hatte und seither ständig mit sich herumtrug. Mit der längsten Klinge durchtrennte er die Arterien und Venen, die das Herz mit dem Körper seiner Mutter verbanden, hob das wabbelige Organ auf, legte es vorsichtig in die Plastikdose und schloss den Deckel.
Behutsam stellte er die Dose auf dem Asphalt neben dem Auto ab, kroch wieder in das Wrack und holte seine Reisetasche heraus, die direkt neben der Deckenleuchte lag. Er zog dreckige Unterwäsche und Socken daraus hervor, schob die Dose mit dem Herzen seiner Mama hinein und schloss die Tasche wieder.
Junior marschierte quer über die Äcker davon und wanderte so lange, bis er sich bei Tagesanbruch in einer kleinen Stadt wiederfand. In der Toilette einer Tankstelle machte er sich sauber und vergewisserte sich, dass der prall gefüllte Geldbeutel noch in seiner Tasche steckte. Seine Mama war immer sehr großzügig gewesen, obwohl er keine Ahnung hatte, wie sie an so viel Geld gekommen war.
Er nahm sich ein Zimmer in einem kleinen Hotel – für ein paar Extradollar verzichtete der Rezeptionist auf die Formalitäten – und schlief mit der Reisetasche in den Armen auf dem Bett ein.
Das rote Blinken einer Neonlampe weckte ihn auf. Er schloss die Vorhänge und schaltete den Fernseher ein – der Applaus aus der Konserve, der während einer albernen Gameshow abgespielt wurde, würde die Kulisse zu seinem Vorhaben bilden.
Er öffnete die Tasche, atmete tief durch und nahm die Tupperwaredose heraus. Betrachtete das Herz seiner Mutter. Weinte. Trocknete seine Tränen. Trug die Plastikdose ins Badezimmer, holte das Herz heraus und legte es vorsichtig in die Badewanne. Er zog sich nackt aus und gesellte sich mit seinem Schweizer Messer dazu.
Ohne sein Zutun stiegen die Stimmen in ihm auf. Ihre Worte waren ihm so vertraut wie seine Muttersprache und verliehen ihm die nötige Kraft und Willensstärke, um das Organ aufzuschneiden. Die Klinge glitt durch die Herzwände, sodass die vier hohlen Kammern und Vorhöfe zum Vorschein kamen.
Das verbliebene Blut reichte aus, um damit ein umgedrehtes Pentagramm auf das Email zwischen seinen Beinen zu malen. Seine Hoden zogen sich zusammen, sein junger Penis erhob sich aus dem Flaum der Schamhaare. In Windeseile hatte er einen klebrigen Samenstrahl auf das blutige Symbol gespritzt.
Stück für Stück aß er das Herz seiner Mutter, kaute das gummiartige Fleisch. Er schmatzte und riss und biss und schluckte, ohne ein einziges Mal zu würgen.
Der letzte Bissen rutschte seine Kehle hinunter. Er sah seine Mama in einem feinen Restaurant vor sich, in dem sie vor ein paar Jahren bei einem ihrer wenigen Besuche in der Großstadt gewesen waren. »Junior, du musst mir etwas versprechen.«
»Was
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