Schwarzes Echo
hinauf, und der aufgeplatzte, geflickte Asphalt ist an keiner Stelle breit genug, um zwei Autos aneinander vorbeizulassen. Auf dem Weg nach oben liegen die Häuser zur Linken behäbig am Hügel. Sie repräsentieren das alte Geld, sicher und solide. Zur Rechten lassen die neueren Häuser furchtlos ihre hölzernen Räume über das braune Unterholz der Arroyos und die Gänseblümchen im Canyon hinausragen. Sie sind auf Pfählen und Hoffnungen errichtet und klammern sich so verzweifelt an den Hang wie die Besitzer an ihre Stellungen in den Studios unten im Tal. Boschs Haus war das viertletzte auf der rechten Seite.
Als er um die letzte Kurve bog, kam das Haus in Sicht. Er betrachtete das dunkle Holz, das Schuhkarton-Design, suchte nach einem Anzeichen, daß es sich irgendwie verändert hatte – als könnte ihm das Äußere des Hauses zeigen, was im Inneren nicht stimmte. Dann sah er in den Rückspiegel und beobachtete, wie das vordere Ende des schwarzen Plymouth um die Kurve kam. Bosch fuhr in die Garage neben seinem Haus und stieg aus. Er ging hinein, ohne einen Blick auf seine Verfolger zu werfen.
Er war zum Pier gefahren, um darüber nachzudenken, was Rourke gesagt hatte. Und dabei war ihm eingefallen, daß auf dem Anrufbeantworter zu hören gewesen war, wie jemand auflegte. Jetzt ging er in die Küche und spielte seine Nachrichten noch einmal ab. Zuerst war da der Anruf, der keiner war und noch vom Dienstag stammte, und dann hatte heute in den frühen Morgenstunden Jerry Edgar angerufen, um Bosch zu sagen, daß er raus zum Hollywood Bowl kommen solle. Bosch spulte das Band zurück und hörte sich noch einmal den Anruf an, bei dem aufgelegt worden war. Im stillen verfluchte er sich dafür, daß er dessen Bedeutung nicht schon beim ersten Hören erkannt hatte. Jemand hatte angerufen, seine Ansage gehört und dann nach dem Piepton eingehängt. Das Einhängen war auf dem Band zu hören. Die meisten Menschen würden – wenn sie keine Nachricht hinterlassen wollten – auflegen, sobald sie Boschs Stimme sagen hörten, daß er nicht zu Hause sei. Wenn sie allerdings glaubten, er wäre zu Hause, würden sie nach dem Piepton seinen Namen rufen. Aber dieser Anrufer hatte sich das Band angehört, und dann hatte er erst nach dem Piepton aufgelegt. Wieso? Zuerst war es Bosch nicht weiter aufgefallen, aber jetzt hielt er diesen Anruf für einen Mikrofon-Test.
Er ging zum Schrank neben der Tür und nahm einen Feldstecher heraus. Er stellte sich ans Wohnzimmerfenster und suchte durch einen Spalt im Vorhang nach dem schwarzen Plymouth. Der stand einen halben Block die Straße hinauf. Lewis und Clarke waren am Haus vorbeigefahren, hatten gewendet und am Bordstein mit der Nase bergab geparkt, bereit, Bosch zu folgen, sollte er herauskommen. Durch das Fernglas konnte Bosch sehen, daß Lewis hinter dem Lenkrad saß und das Haus beobachtete. Clarke hatte sich auf dem Beifahrersitz zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Keiner von beiden schien Kopfhörer zu tragen. Trotzdem mußte Harry sichergehen. Ohne die Augen vom Fernglas zu nehmen, öffnete er die Haustür ein Stück und schloß sie wieder. Die Männer im IAD-Wagen zeigten keine Reaktion. Clarke hatte die Augen nach wie vor geschlossen. Lewis stocherte noch immer mit einer Visitenkarte in seinen Zähnen herum.
Bosch kam zu dem Schluß, daß sie ihm eine Wanze untergeschoben hatten, die per Sender ein Bandgerät steuerte. Das war sicherer. Wahrscheinlich ein Minirecorder, der auf akustische Signale ansprang und irgendwo draußen am Haus versteckt war. Sie würden warten, bis er wegfuhr, dann sprang einer von ihnen aus dem Wagen, sammelte schnell das Tonband ein und tauschte es gegen ein neues aus. Dann konnten sie sich wieder an seine Fersen hängen, bevor er unten am Freeway war. Er trat vom Fenster zurück und sah sich kurz in Wohnzimmer und Küche um. Er untersuchte die Unterseiten der Tische und Elektrogeräte, aber er fand die Wanze nicht, und er hatte es auch nicht erwartet. Die raffinierteste Stelle – das wußte er – war das Telefon, und das sparte er sich auf bis zum Schluß. Es besaß eine eigene Energiequelle, und von dort aus konnte man sowohl das direkte Umfeld des Hauses als auch sämtliche Telefongespräche aufnehmen.
Bosch nahm den Hörer ab, und mit einem kleinen Taschenmesser an seinem Schlüsselbund öffnete er den Deckel der Sprechmuschel. Da war nichts, was nicht dahin gehörte. Dann löste er den Deckel der Hörmuschel. Da war es. Mit Hilfe des
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