Schwarzes Echo
zu zweit, aber Bosch hatte die Überraschung auf seiner Seite. Clarke war orientierungslos, und Lewis wußte nicht, was vor sich ging. Da er sie an ihren Krawatten zog, konnten sie sich nicht wehren, ohne sich die Luft abzuschnüren. Fast freiwillig kamen sie heraus, torkelten wie Hunde an der Leine und landeten unter einer Palme einen Meter neben dem Gehweg. Ihre Gesichter waren rot und geifernd. Ihre Hände fuhren zu den Hälsen, zerrten an den Knoten ihrer Krawatten in dem verzweifelten Versuch, wieder Luft in die Lungen zu bekommen. Bosch griff nach ihren Gürteln und riß die Handschellen ab. Als die beiden langsam wieder Luft bekamen, schaffte es Bosch, Lewis’ Linke an Clarkes Rechte zu fesseln. Dann steckte er Lewis’ Rechte auf der Rückseite des Baumes in das andere Paar Handschellen. Aber Clarke merkte, was Bosch vorhatte, und versuchte aufzustehen und sich loszureißen. Bosch packte ihn wieder an seiner Krawatte und riß einmal kurz daran. Clarkes Kopf zuckte nach vorn, und er schlug mit dem Gesicht gegen die Palme. Einen Augenblick war er benommen, und Bosch schloß die letzte Handschelle um sein Gelenk. Die beiden IAD-Männer wälzten sich am Boden, nicht nur aneinander, sondern auch noch an die Palme gefesselt. Bosch nahm ihre Waffen, trat zurück und atmete durch. Ihre Waffen warf er auf den Beifahrersitz ihres Wagens.
»Du bist tot«, krächzte Clarke aus seinem geschwollenen Hals hervor.
Sie schafften es, sich an der Palme hochzuschieben. Sie sahen aus wie zwei erwachsene Männer, die man beim Ringelreihen erwischt hatte.
»Tätlicher Angriff auf einen Kollegen in zwei Fällen«, sagte Lewis. »Ungebührliches Benehmen. Wir können dich für mindestens ein halbes Dutzend Sachen rankriegen, Bosch.« Er mußte furchtbar husten, spuckte dabei über Clarkes Anzug. »Mach uns los, und vielleicht können wir die Sache hier vergessen.«
»Niemals. Wir vergessen nicht die kleinste Kleinigkeit«, sagte Clarke zu seinem Partner. »Wenn einer dran ist, dann die Arschgeige da.«
Bosch zog das Abhörgerät aus seiner Tasche und hielt es ihnen hin. »Wer ist dran?« fragte er.
Lewis betrachtete die Wanze, erkannte, was es war, und sagte: »Davon wissen wir nichts.«
»Natürlich nicht«, sagte Bosch. Er nahm den Recorder aus seiner anderen Tasche und hielt ihnen auch den hin. »Geräuschempfindliche Nagras. Die benutzt ihr Jungs doch bei allen euren Jobs, legal oder nicht, stimmt’s? Hab’ ich in meinem Telefon gefunden. Zur selben Zeit merke ich, daß ihr beiden Blödmänner mir durch die ganze Stadt folgt. Ihr beiden habt mir also nicht zufällig auch noch eine Wanze untergeschoben, damit ihr mich nicht nur belauern, sondern auch belauschen könnt?«
Weder Lewis noch Clarke antworteten, doch Bosch hatte auch keine Antwort erwartet. Ein kleiner Tropfen Blut war an einem von Clarkes Nasenlöchern zu sehen. Auf dem Woodrow Wilson bremste ein Wagen ab, und Bosch nahm seine Marke und hielt sie hoch. Der Wagen fuhr weiter. Die beiden IAD-Detectives riefen nicht um Hilfe, was Bosch ein Gefühl der Sicherheit gab. Dieser Auftritt gehörte ihm. Das Department hatte so viel schlechte Publicity dafür eingesteckt, in der Vergangenheit illegal eigene Beamte, Bürgerrechtler, sogar Schauspieler abgehört zu haben, daß die beiden es nicht an die große Glocke hängen würden. Die eigene Haut zu retten, war ihnen wichtiger als Boschs Skalp.
»Habt ihr einen Gerichtsbeschluß, daß ihr mich abhören dürft?«
»Hör zu, Bosch«, sagte Lewis. »Ich hab’s doch schon gesagt, wir …«
»Ich glaube kaum. Man braucht Beweise für ein Verbrechen, wenn man einen Gerichtsbeschluß erwirken will. Nach dem letzten Stand der Dinge jedenfalls. Aber mit solchen Feinheiten gibt sich die Abteilung für Innere Angelegenheiten wohl nicht ab. Weißt du, wie deine Anklage wegen Tätlichkeit aussehen wird, Clarke? Während ihr beiden mich vor den Rechtsausschuß schleppt, um mich dafür feuern zu lassen, daß ich euch aus dem Wagen gezerrt und ihr dabei Grasflecken an die glänzenden Ärsche gekriegt habt, werde ich euch beide, euren Boß Irving, das IAD, den Polizeichef und die ganze beschissene Stadt wegen illegaler Hausdurchsuchung und Beschlagnahme vor Gericht stellen. Und den Bürgermeister nehmen wir gleich noch dazu. Wie findest du das?«
Clarke spuckte vor Boschs Füßen ins Gras. Blut tropfte von seiner Nase auf sein weißes Hemd. Er sagte: »Du kannst nicht beweisen, daß es von uns kommt, weil es nicht
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