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Schwarzes Echo

Schwarzes Echo

Titel: Schwarzes Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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herunterkurbelte.
    »Bosch, Sie sind eine echte Nervensäge. Morgen früh. Das ist alles, was ich für Sie tun kann. Heute ist nichts zu machen.«
    »Erster Schnitt am Morgen?«
    »Hauptsache, heute lassen Sie uns in Ruhe.«
    »Erster Schnitt?«
    »Ja, ja. Erster Schnitt.«
    »Selbstverständlich lasse ich Sie in Ruhe. Ich sehe Sie morgen.«
    »Mich nicht, Mann. Ich werde schlafen.«
    Sakai kurbelte das Fenster hoch, und der Wagen fuhr an. Bosch trat zurück, um ihn vorbeizulassen, und als er weg war, stand er da und starrte die Röhre an. Da nahm er die Graffiti eigentlich zum ersten Mal wahr. Nicht, daß ihm nicht aufgefallen wäre, daß die Röhre buchstäblich mit gesprayten Botschaften übersät war, aber diesmal sah er sich die einzelnen Zeichnungen an. Viele waren alt, ineinander verwoben – ein Muster aus Buchstaben, die Drohungen ausstießen, die entweder lang vergessen oder längst eingelöst waren. Es gab Slogans: Raus aus L. A. Es gab Namen: Ozone, Bomber, Stryker und viele andere. Einer der neueren Schriftzüge fiel ihm ins Auge. Er bestand nur aus drei Buchstaben, etwa vier Meter vor dem Ende der Röhre – Sha. Die drei Buchstaben waren in einer fließenden Bewegung gesprüht. Das S war oben gezackt und dann mit Konturen versehen. Es sah aus wie ein Maul. Ein weit aufgerissener Rachen. Zähne waren keine zu sehen, aber Bosch konnte sie spüren. Es schien, als wäre das Werk nicht vollendet. Dennoch war es gut, originell und sauber. Er richtete die Polaroidkamera darauf und machte ein Foto.
    Bosch ging zum Polizeitransporter hinüber, steckte die Aufnahme in seine Tasche. Donovan war gerade dabei, die Ausrüstung auf Borden und die Tüten mit den Beweisstücken in hölzernen Napa-Valley-Weinkisten zu verstauen.
    »Hast du irgendwelche abgebrannten Streichhölzer gefunden?«
    »Ja, eins. Ein frisches«, sagte Donovan. »An einem Ende abgebrannt. Es lag etwa drei Meter weit drinnen. Steht da auf der Liste.«
    Bosch sammelte ein Klemmbrett auf, an dem ein skizziertes Diagramm der Röhre steckte. Der Fundort der Leiche war eingezeichnet, ebenso die Stellen, an denen die anderen Gegenstände im Rohr gelegen hatten. Bosch fiel auf, daß das Streichholz etwa fünf Meter von der Leiche entfernt gefunden worden war. Dann zeigte Donovan ihm das Streichholz am Boden eines Plastikbeutels. »Ich sag’ dir Bescheid, ob es aus dem Heftchen stammt, das dem Toten gehört hat«, sagte er. »Falls du das gerade überlegen solltest.«
    Bosch sagte: »Was ist mit den Uniformierten? Was haben die gefunden?«
    »Ist alles da drüben«, sagte Donovan und deutete auf eine Holzkiste, in der noch weitere Tüten mit Beweisstücken lagen. Sie enthielten Abfälle, die die Streifenbeamten in einem Radius von fünfzig Metern um die Röhre eingesammelt hatten. Jeder Beutel enthielt eine Beschreibung des jeweiligen Fundortes. Bosch nahm die Beutel heraus und sah sich den Inhalt genau an. Das meiste war Abfall, der wahrscheinlich nichts mit der Leiche zu tun hatte. Es waren Zeitungen, Lumpen, ein hochhackiger Schuh, ein weißer Strumpf mit getrockneter, blauer Farbe. Eine Schnüffeltüte.
    Bosch nahm einen Beutel in die Hand, der das Oberteil einer Sprühdose enthielt. Im nächsten Beutel war die Dose selbst. Auf dem Krylon-Etikett stand Ocean Blue. Bosch wog den Beutel in der Hand und schätzte, daß noch Farbe in der Dose war. Er nahm den Beutel mit zur Röhre, öffnete ihn, tippte die Düse mit einem Kugelschreiber an, sprühte einen blauen Strich neben die Buchstaben Sha. Er sprühte zuviel. Die Farbe verlief an der Wölbung der Röhre und tropfte auf den Kies. Aber Bosch konnte sehen, daß die Farben übereinstimmten.
    Darüber dachte er einen Moment lang nach. Warum sollte ein Graffiti-Sprayer eine halbvolle Dose Farbe wegwerfen? Er sah nach, was auf dem Beutel stand. Man hatte sie am Rand des Reservoirs gefunden. Jemand hatte versucht, sie in den See zu werfen, aber nicht getroffen. Wieder dachte er: wieso? Er hockte sich neben die Röhre und sah sich die Buchstaben genau an. Er kam zu dem Schluß, daß die Botschaft oder der Name, was immer es sein sollte, nicht vollständig sein konnte. Irgendwas war passiert, das den Sprayer veranlaßt hatte, aufzuhören und die Dose, den Deckel und seine Schnüffeltüte über den Zaun zu werfen. War es die Polizei gewesen? Bosch nahm sein Notizbuch und schrieb auf, daß er Crowley nach Mitternacht anrufen wollte, um nachzufragen, ob sich jemand von seinen Leuten während der Frühschicht am

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