Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Angestellten. Natürlich erfuhr ich nichts, was ich nicht schon wusste.
    »Sebastian dachte, mir droht Gefahr, und tat, was er für nötig hielt, um sie von mir abzuwenden. Und er kann ja leider recht ungehalten werden, wenn er außer sich gerät. Deshalb ist es aus seiner Sicht vielleicht auch ganz vernünftig, dass er sich von menschlicher Gesellschaft lieber fernhält.«
    »Den Namen Nunda hören Sie heute also zum ersten Mal?«
    »Aber ja. Natürlich.«
    Auf dem weiß lackierten, niedrigen Designercouchtisch, der zwischen uns stand, lag ein Stapel Bücher. Sartre in Originalsprache, Döblin, James Joyce.
    »Wie lange wird er sitzen müssen?« Fahlenberg wischte mit der flachen Hand etwas Unsichtbares von seinem Hosenbein.
    »Er wird vermutlich mit Totschlag davonkommen. Aber bei seinem Vorstrafenregister …« Ich setzte mich aufrecht hin und räusperte mich. »Kommen wir zu einem anderen Thema. Es ist mir ein wenig peinlich und hat mit meinen Töchtern zu tun.«
    Plötzlich strahlte er wieder. »Kümmern sie sich immer noch so liebevoll um die gute alte Donna?«
    »Ich denke schon. Aber es geht um etwas anderes. Es geht um die tausend Euro, die Sie den beiden als Entlohnung gegeben haben.«
    »Ach, das.« Schmunzelnd winkte er ab. »Gönnen Sie ihnen doch die kleine Freude. Sie haben es sich verdient.«
    »Das ist genau der Punkt, Herr Doktor Fahlenberg. Sie nennen es eine kleine Freude, aber für meine Töchter sind tausend Euro eine unvorstellbar große Summe.«
    »Sie wollen es mir doch nicht etwa zurückgeben?« Er sah mir erst erheitert, dann betreten ins Gesicht.
    »Es ist mir wirklich sehr peinlich. Aber Sie werden vielleicht verstehen …«
    Natürlich verstand er. Er erhob sich und trat mit den Händen auf dem Rücken an die Glasfront, sah hinaus. Eine kleine, würdevolle Gestalt, der Rücken trotz seiner siebzig Jahre noch kaum gebeugt.
    Sehr langsam wandte er sich um.
    »Sie haben völlig recht«, sagte er, den Blick auf die spiegelnden, hellgrauen Granitfliesen gerichtet. »Es war ein großer Fehler von mir. Ich war gedankenlos. Denken Sie bitte nicht, dass ich als Millionär zur Welt gekommen wäre. Ganz im Gegenteil – aber das tut jetzt nichts zur Sache. Umso mehr hätte mir klar sein müssen …« Er sah auf. Sein Blick war traurig. »Bitte verzeihen Sie mir diese Gedankenlosigkeit.«
    Irgendwo in den hinteren Räumen des Hauses schepperte Geschirr, eine Männerstimme lachte kehlig. Offenbar war Sabinas Mann aus der Stadt zurück.
    »Was halten Sie von folgendem Vorschlag.« Fahlenberg lächelte plötzlich wieder. »Ich spende durch Sie, respektive Ihre Töchter, tausend Euro für einen wohltätigen Zweck. Die Auswahl des Empfängers überlasse ich gerne Ihnen. Ich weiß, das Ganze ist ein wenig albern, aber es erspart uns beiden weitere Peinlichkeiten.«
    Das war ein guter Vorschlag, fand ich. Vor allem einer, der das Problem schnell aus der Welt schaffte. Fast zu schnell für meinen Geschmack. Denn nun musste ich wohl oder übel zum dritten und bei Weitem unangenehmsten Teil des Gesprächs kommen. Inzwischen wollte es mir nicht mehr so recht gelingen, in Fahlenberg den menschenverachtenden Profiteur zu sehen, der er noch vor einer halben Stunde in meinen Augen gewesen war. Sein Blick war so offen, sein Lächeln so warm und ehrlich. Aber waren nicht auch Rosanas Blick und Lächeln warm und ehrlich gewesen? Mit meiner Menschenkenntnis, auf die ich so große Stücke gehalten hatte, war es in letzter Zeit offenbar nicht mehr weit her.
    Mit einem Räuspern verschaffte ich mir noch zwei Sekunden Aufschub. Ich leerte meinen Cappuccino, der inzwischen fast kalt geworden war, und schenkte mir Orangensaft ein. Und dann gab es nichts mehr, womit sich mein Schweigen noch länger rechtfertigen ließ. Fahlenberg beobachtete mich und war jetzt sehr ernst.
    »Es gibt leider noch einen dritten Grund, weshalb ich Sie sprechen wollte«, begann ich mit belegter Stimme.
    Er nahm wieder Platz, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    »Sie fragten vorhin, womit Nunda Sie erpressen wollte.«
    Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück und wich seinem Blick aus.
    »Um es kurz zu machen«, noch ein allerletztes kleines Hüsteln, »es geht um einige Tonnen HIV-verseuchter Blutkonserven, die Sie, respektive Ihre Firma, vor über zwanzig Jahren nach Angola geliefert haben.«
    Ich zwang mich, wieder in sein Gesicht zu sehen. Seine erste Reaktion durfte mir nicht entgehen. Zunächst blieb sein Blick unverändert. Dann wurde er

Weitere Kostenlose Bücher