Schwarzes Fieber
sardisch-zünftig zu Mittag in einer hässlichen kleinen Trattoria. Hier, im Landesinneren, war von der Gastfreundschaft, die ich in Olbia gespürt hatte, nicht mehr viel zu spüren. Die Sarden waren Fremden gegenüber seit jeher reserviert und vorsichtig gewesen, wusste ich aus dem Reiseführer, den ich in letzter Minute am Heidelberger Bahnhof erstanden hatte.
Als das Meer wieder in Sicht kam, zeigte die Uhr schon halb vier, und außerhalb meines Wagens herrschte bei völliger Windstille eine mörderische Hitze. Vierundvierzig Grad zeigte die Anzeige inzwischen.
Fahlenberg wohnte an der Nordwestküste der Insel, etwa zwanzig Kilometer nordwestlich von Sassari. Auf den letzten Kilometern kam ich ein letztes Mal vom Weg ab. Plötzlich gab es wieder einmal nirgendwo Wegweiser, die Straße wurde immer schlechter und führte ins Landesinnere zurück. Schließlich fragte ich an einer kleinen Tankstelle mit drei rostigen, blau lackierten Zapfsäulen und chaotischer Kfz-Werkstatt nach dem Weg. Nachdem der Inhaber – nach seinen Gesichtszügen zu schließen, ein in Ehren ergrauter sardischer Bandit – sich eine Weile den kantigen Kopf gekratzt hatte, zitierte er einen seiner Söhne zu sich. Der schwang sich, ohne mich eines Blickes zu würdigen, auf eine rostige Geländemaschine mit defektem Auspuff und raste mit dem Geräusch eines Tieffliegers vor mir her. Ich hatte viel Mühe, meinen Führer nicht zu verlieren, und zwanzig Minuten später stand ich etwas außer Atem vor Fahlenbergs Tor.
Unterwegs hatte mir ein wenig vor den Kosten dieser Wegweisung gegraut. Was sollte ich dem jungen Mann geben? Man kann einen hilfsbereiten Menschen durch zu viel und zu wenig Trinkgeld kränken. Und die Sarden waren leicht zu beleidigen, hatte ich gelesen. Aber am Ende weigerte sich mein Führer mit verstockter Miene, irgendetwas von mir anzunehmen, und knatterte schlingernd das lebensgefährlich steile und kurvige Sträßchen wieder hinab, das ich eben mit Mühe hinaufgefahren war.
Das Haus lag hoch über der Küste mit atemberaubendem Blick auf das Meer und Castelsardo, ein kleines Bilderbuchstädtchen auf einer Landzunge.
Als das Motorrad nicht mehr zu hören war, umfing mich eine mit dem leisen Zirpen erschöpfter Grillen untermalte, Erfurcht gebietende Stille. Obwohl ein leichter Wind vom Meer heraufwehte, war es unerträglich heiß. Es duftete nach Machia und auch hier nach dem würzigen Rauch irgendeines Brandes. Weit unter mir gleißte das Meer. Boote zogen weiße Linien, am Horizont ein Schiff, vielleicht auf dem Weg nach Genua. Ein gelb lackiertes Löschflugzeug sank draußen aufs Meer herab, um Sekunden später, sichtlich schwerer geworden, wieder emporzusteigen und brummend ins Landesinnere zurückzufliegen, während ein anderes schon auf seinen Kurs einschwenkte, um seinerseits die Tanks zu füllen.
Als ich mich dem modernen und wehrhaften Stahlgittertor näherte, begannen auf dem Grundstück mehrere Hunde zu bellen. Ich hörte ein metallisches Klicken, und das schwere Tor fuhr summend zur Seite, ohne dass ich irgendeinen Knopf gedrückt hätte. Auf Pfählen entdeckte ich Halogenscheinwerfer und Kameras. Der Zugang befand sich auf der vom Meer abgewandten Seite des weitläufigen und stark abschüssigen Grundstücks. Von der Villa, die halb in den Hang hineingebaut war, war deshalb zunächst kaum etwas zu sehen. Wegen der Hunde nur zögernd ging ich auf einem breiten Kiesweg in Richtung Haus. Schließlich erreichte ich einen kleinen Parkplatz, auf dem ein kleiner Fiat neben einem Bentley stand. Dort erwartete mich eine schief gewachsene, kleine Frau, die mir nicht übermäßig freundlich entgegensah und zwei kehlig knurrende Rottweiler am Halsband hielt.
Die Sarden waren Bauern, hatte ich gelesen. Sie mochten das Meer nicht, und die Menschen, die es überquerten, mochten sie auch nicht. Jeder, der im Verlauf der Geschichte nach Sardinien gekommen war, hatte die Bewohner am Ende unterdrückt, belogen und bestohlen.
Die Frau sagte zwei leise Worte zu den Hunden und ließ sie los. Die gefährlich wirkenden Tiere schnupperten mehr der Form halber an meinen Hosenbeinen und trollten sich dann. Das Gesicht der Hausangestellten, deren Alter ich auf weit über siebzig schätzte, verunstalteten ein buschiger, dunkler Damenbart und eine mächtige Warze auf der linken Wange, die meinen Blick ständig auf sich zog. Fast vermisste ich den Raben auf ihrer Schulter.
In unbeholfenem Deutsch erklärte sie mir, der Herr des Hauses
Weitere Kostenlose Bücher