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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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hatte recht. Ein Mensch, der es in wenigen Jahren zu Reichtum oder auch nur Wohlstand gebracht hat, kann kein reines Gewissen haben.

27
    Ein wenig fühlte ich mich wie Leonardo di Caprio auf der Titanic, allerdings ohne Kate Winslet in den Armen. Ein überraschend kühler, nach Meer und Hoffnung riechender Wind blies mir ins Gesicht. Es war früher Montagmorgen, erst kurz nach sechs, und am westlichen Horizont wurde ein dunkler Streifen allmählich breiter. Bald waren Einzelheiten zu erkennen, Schiffe, eine Stadt zwischen braunverdorrten Hügeln. Weiter im Hinterland stand eine flache Schicht aus dunklem Rauch am Himmel. Die Wald- und Buschbrände tobten dieses Jahr auf Sardinien noch heftiger als sonst.
    Liebekind hatte sich ein wenig gewundert, warum ich Zug und Fähre für meine Reise wählte. Es war nicht so, dass ich Angst vor dem Fliegen hatte. Aber ich vermied es, wo es sich vermeiden ließ. Menschen sind dafür geschaffen, sich in der Nähe der Erdoberfläche zu bewegen, und es gab andere, weniger widernatürliche und zudem interessantere Wege, die nach Sardinien führten.
    Mein Gespräch am Samstagnachmittag mit Liebekind und der Leiterin der Staatsanwaltschaft war lang und ernst gewesen. Am Ende war es mir gelungen, die beiden davon zu überzeugen, dass meine Reise unvermeidlich war.
    Der Blick der Staatsanwältin war beim abschließenden Händeschütteln ungewohnt freundlich, ja fast mitfühlend gewesen. Ohne es auszusprechen, hatten beide mir viel Glück gewünscht. Nichts von dem, was ich Fahlenberg vorzuwerfen hatte, konnte ich beweisen. Und sollte ich falsch liegen mit meinen Vermutungen und Fahlenberg anschließend die richtigen Leute anrufen, dann würde ich innerhalb kürzester Zeit im Zentrum eines Skandals sitzen, wie ihn unsere Behörde lange nicht gesehen hatte.
    Olbia kam näher und näher. Jetzt konnte ich schon einzelne Häuser unterscheiden, ein Pinienwäldchen, die Kräne des Hafens. Die Luft wurde von Minute zu Minute wärmer und trockener, mehr und mehr roch es nach herben Kräutern, nach Holzfeuer und weiter Landschaft. Das einschläfernde Dröhnen der Schiffsmotoren verstummte, die Hafenmole kam in Sicht. Ich ging hinein, um zu sehen, ob sich noch irgendwo ein Frühstück ergattern ließ. In der schmutzigen Cafeteria herrschte lärmende Aufbruchstimmung, aber die Theke war noch offen, und bis zum Anlegen reichte es für einen verblüffend schlechten Cappuccino und ein vertrocknetes, nach Plastik schmeckendes Cornetto.
    Die winzige Autovermietung, wo Sönnchen einen Wagen für mich gebucht hatte, öffnete um halb neun, stand auf einem handgeschriebenen Zettel zu lesen, der an der Tür klebte, und so hatte ich noch fast eine Stunde zu vertrödeln. Ich ging spazieren, genoss die südliche Morgenstimmung und fühlte mich ein wenig wie im Urlaub.
    Die fröhliche junge Frau, die das Büro betrieb, erschien entgegen allem, was man mir prophezeit hatte, zehn Minuten vor der Zeit. Wie im Bilderbuch heulte sie mit fliegendem Rock auf einer roten Vespa heran, hängte den Helm an den Lenker und schloss auf, während sie mich schon in lautstarkem Italienisch mit freundlichen Fragen bombardierte, von denen ich nicht eine verstand. Das schwarze Haar trug sie kurz geschnitten, und sie hatte mit ihrer Nickelbrille eine verblüffende Ähnlichkeit mit Harry Potter.
    Minuten später stand ich, versehen mit Wagenschlüssel, Papieren, einer Straßenkarte und vielen guten Wünschen, vor einem hübschen kleinen Alfa Romeo, der mich an die Westküste bringen würde. Auch wenn es nur achtzig Kilometer waren, drei Stunden müsse ich schon rechnen, so viel hatte ich verstanden, die Straßen waren hier schmal und kurvig, und ich solle um Himmels willen nicht hetzen. Niemand habe es auf Sardinien eilig.
    Abgesehen davon wusste ich nun auch, dass Chiara einen Bruder hatte, Ernesto, der in Mannheim bei Alstohm arbeitete und schon oft Heidelberg besucht hatte. Das Trinkgeld, das ich ihr aufnötigen wollte, hatte sie fast empört zurückgewiesen.
    Wie angedroht, war die Fahrt mühselig, und sie dauerte sogar noch wesentlich länger als befürchtet. Wegen der Brände waren Straßen gesperrt, und die Umleitungen führten nicht immer dorthin, wo ich gehofft hatte. Erst nach der halben Strecke und ausführlichem Studium der Bedienungsanleitung des Alfa fand ich den richtigen Knopf für die Klimaanlage. Und zweimal verfuhr ich mich trotz Karte, auch ohne Umleitung. Unterwegs aß ich in einem gottverlassenen Bergdorf

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