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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Ich vertraue den Menschen. Sie sind keineswegs so schlecht, wie man manchmal denken möchte, wenn man fernsieht. Hier fehlt so gut wie nie etwas.«
    Wieder lächelte er sein schmales, ernstes Lächeln.
    »Ich denke, Frau de Santos verfügt nicht über großzügige Mittel. Am zweiten Tag fragte sie mich, was eine Telefoneinheit kostet. Da hat sie sich sehr erschreckt, und von da an telefonierte sie nur noch vom öffentlichen Telefon an der Ecke aus. Ich habe sie mehrmals dabei beobachtet.«
    »Demnach hat sie also öfter telefoniert?«
    »Jeden Tag. Oft mehr als einmal, aber immer nur kurz. Als hätte sie vergeblich versucht, jemanden zu erreichen.«
    Leicht zu erraten, wen sie so hartnäckig zu erreichen versuchte.
    »Ich hätte gerne die Nummern, die sie von ihrem Zimmertelefon gewählt hat. Die haben Sie doch bestimmt in Ihrem Computer?«
    »Aber gewiss. Wenn Sie bitte eine Minute warten möchten.«
    Sekunden später wurde meine Vermutung zur Gewissheit. Frau de Santos hatte beide Male die WG angerufen, in der Rafael Nunda gewohnt hatte. Der allerdings zu diesem Zeitpunkt schon tot gewesen sein dürfte.
    Wir erhoben uns und reichten uns die Hände.
    »Nicht viel Betrieb hier«, sagte ich. »Ich dachte, Heidelberg ist um diese Zeit voller Touristen.«
    »Hier wohnen keine Touristen«, erwiderte er ernst und machte eine kleine Verbeugung. »Hier wohnen nur Menschen, die mir sympathisch sind. Wessen Nase mir nicht gefällt, der findet hier kein Zimmer. Auf das Geld bin ich nicht angewiesen.«
    »Wie hat sie das Zimmer eigentlich gefunden? Hat sie an der Tür geläutet?«
    »Aber nein. Sie hat es im Internet gefunden. Ihre E-Mail klang sehr persönlich und ernst, und da dachte ich, sie passt wohl hierher.«
    »In welcher Sprache haben Sie sich eigentlich verständigt?«
    »Englisch«, lautete die würdevolle Antwort. »Aber es ist gewiss nicht ihre Muttersprache.«
    »Sie sind selbst Engländer?«
    Nun wurde sein Lächeln wärmer. »Ich bin in Essex geboren.«
    »Und was hat Sie hierher verschlagen, wenn ich fragen darf?«
    Anstelle einer Antwort begann er, leise und ziemlich falsch zu singen: »Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren …« Er brach ab und hüstelte verlegen.
    »Das Gepäck der Dame lasse ich später abholen«, sagte ich. »Es wäre schön, wenn Sie in ihrem Zimmer vorläufig nichts verändern würden.«
    Der große, blasse Mann nickte und entließ mich mit einer Geste, als wäre ich ein Hausangestellter, dessen Dienste vorläufig nicht mehr benötigt werden.
     
    »Ein bisschen Zeit müssen Sie mir schon lassen!«, maulte Hecker, mein Mann in der Deutschen Botschaft in Luanda. Diesmal war die Verbindung äußerst schlecht, und offenbar ging ich ihm auf die Nerven. »Das läuft hier nicht so, wie Sie das vielleicht gewohnt sind.«
    »Wir interessieren uns inzwischen für eine weitere Person.«
    »Wie jetzt – noch ’ne Leiche?«
    »Zum Glück nicht.«
    Nun hörte er mir zu, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass er an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelte. Erst als ich den Namen der Frau nannte, wurde er lebendig.
    »Engracia? Wow, hübscher Name! Und aus Huambo, sind Sie sicher? Das liegt südöstlich von hier, im Landesinnern. Ehemals Novo Lisboa, Neu-Lissabon. Aber wahrscheinlich steht das nur in ihrem Pass, und sie wohnt in Wirklichkeit seit Jahren nicht mehr dort. Das ist verbrannte Erde. Nur noch Krüppel und Minenfelder. Glaube kaum, dass sich dort überhaupt noch Weiße aufhalten.«
    »Wohin könnte sie geflohen sein?«
    »Die meisten Weißen haben sich während der Kriegsjahre an die Küste zurückgezogen. Benguela war beliebt. Falls sie nicht gleich ins Ausland sind, natürlich. Viele waren ja froh, dass sie überlebt hatten und dieses verfluchte Land hinter sich lassen konnten. Lange hat hier niemand mehr geglaubt, dass dieser Irrsinn jemals wieder aufhören würde.«
    »Im Fall de Santos haben wir immerhin eine Adresse.«
    »Schon«, brummte er ohne Begeisterung. »Ich will sehen, was sich machen lässt. Irgendwen wird’s auch in Huambo geben, der uns weiterhelfen kann. Wie viel Geld haben Sie denn in Ihrem Spendentopf?«
    »Spendentopf?« Ich muss sehr verständnislos geklungen haben, denn Heckers Lachen klang fast mitleidig.
    »So nennen wir hier unser Budget für außerplanmäßige Ausgaben, Bestechungsgelder auf gut Deutsch. Sie kriegen hier weder von den Behörden noch von sonst jemandem irgendwas, wenn Sie nicht ein paar Scheine rüberwachsen lassen. Aber keine Sorge, das

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