Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Gewissens Auto fahren können.
    »Das ist richtig«, erwiderte ich.
    »Sie gestatten, dass ich mich zu Ihnen setze?« Er reichte mir eine kühle, trockene Hand. »Fahlenberg ist mein Name.«
    Am Nachbartisch diskutierte eine Gruppe von Frauen in Reiterkleidung über ein Turnier, das wegen des Unwetters abgebrochen werden musste. Auf kleinen Borden an den Wänden standen verstaubte Pokale, und daneben hingen gerahmte Urkunden, die von vergangenen Erfolgen kündeten.
    »Ich bin der Besitzer von Donna.«
    »Schön, Sie kennenzulernen.« Ich lächelte zurück. »Meine Töchter sind ja völlig verrückt nach Ihrem Pferd.«
    Er winkte die ein wenig hektische und schweißüberströmte Bedienung herbei und bestellte einen Espresso. Die Luft in dem Lokal war dampfig, selbst beim Sitzen drang einem der Schweiß aus allen Poren. Nur mein Gegenüber schien nicht unter der tropischen Luftfeuchtigkeit zu leiden. Sein Rasierwasser musste ein Vermögen kosten.
    »Donna war das Lieblingspferd meiner Frau.« Blinzelnd sah er an mir vorbei zum Fenster. An der linken Seite seiner Stirn hatte Fahlenberg eine kleine, noch nicht ganz verheilte Verletzung. »Helma stammte aus Handschuhsheim und war fast sechzig Jahre Mitglied in diesem Verein. Mich selbst um Donna zu kümmern, fehlt mir die Zeit und leider inzwischen auch ein wenig die Kraft. Deshalb bin ich sehr froh, dass das alte Mädchen durch Ihre bezaubernden Töchter die Zuwendung erfahren darf, die sie braucht. Und Ihnen bin ich sehr dankbar dafür, dass Sie es möglich machen.«
    »Überhaupt kein Grund zur Dankbarkeit.« Ich nahm einen großen Schluck Wasser. Draußen krachte es wieder, als hätte der Blitz im Nachbargebäude eingeschlagen. Der Wind drückte gegen die Fenster, der Regen rauschte wie ein ausgewachsener Wasserfall vom Himmel. »Ihr Pferd ist glücklich, meine Töchter sind glücklich, wir beide sind zufrieden – was will man mehr?«
    Fahlenberg hatte das Lächeln eines Menschen, der es nicht mehr nötig hat, auf der Hut zu sein. Der sich Offenheit leisten kann.
    »Die besten Geschäfte sind ja immer die, aus denen alle Parteien ihren Gewinn ziehen.«
    Sein Espresso kam, er leerte ihn in einem Zug. Fast hätte ich ihn nach dem Namen seines Rasierwassers gefragt. Aber vermutlich hätte ich es mir sowieso nicht leisten können. Seine zartgliedrigen Hände waren gepflegt und machten den Eindruck, als hätten sie nicht oft im Leben körperliche Arbeit verrichtet.
    »Der Name Fahlenberg sagt mir etwas. Aber ich komme nicht darauf, wo ich ihn gehört habe.«
    »Sie haben ihn vermutlich nicht gehört, sondern gelesen.« Er nickte freundlich. »Meine Firma kennen hier viele. Meine ehemalige Firma, sollte ich wohl sagen. Wir haben sie vor einigen Jahren verkauft. Ich habe sie mit meiner Frau zusammen Anfang der Sechzigerjahre gegründet und über die Jahre großgezogen. Kinder hat uns das Schicksal leider nicht vergönnt.«
    »Darf man fragen, was für eine Art Firma das war?«
    »Pharmagroßhandel«, antwortete er mit einer Miene, als hätte er die Frage schon zu oft gehört. »Genaueres würde Sie nur langweilen.« Wieder donnerte es so laut, dass wir beide zusammenfuhren. Nachdenklich spielte er mit dem leeren Tässchen. »Wir hatten vor, das Leben noch ein wenig zu genießen nach all der Arbeit. Unser Haus auf Sardinien nutzen, das bis dahin die meiste Zeit leer stand. Aber wie es so geht, Helma wurde von mir genommen. Völlig überraschend, nur wenige Wochen von der Diagnose bis …«
    Fahlenberg verstummte, sammelte sich und sah mir wieder ins Gesicht.
    »Ich würde Ihren Töchtern gerne eine kleine Aufmerksamkeit zukommen lassen, wenn Sie erlauben. Sie nehmen mir eine große Last von der Seele.«
    »Was sollte ich dagegen haben, wenn Sie das Taschengeld der beiden ein bisschen aufbessern?«
    Jetzt lächelte er wieder, öffnete den Mund zu einer Erwiderung, aber da flog die Tür auf, und meine pitschnassen Mädchen stürzten herein. Ihre Wangen leuchteten, sie waren glücklich, jung, so beneidenswert jung. Wann hatte ich das letzte Mal diese Begeisterung für etwas in mir gefühlt, diese bedingungslose Freude, die die zwei in dieser Sekunde ausstrahlten? Artig reichten sie Fahlenberg die feuchten Hände, und wieder einmal staunte ich im Stillen, wie erwachsen und wohlerzogen sie sein konnten, wenn sie nur wollten. Fahlenberg fragte sie ein wenig nach Donnas Befinden aus, und sie schwärmten ihm mit leuchtenden Augen vor, wie gutmütig sie sei, wie lieb, wie

Weitere Kostenlose Bücher