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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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leichtfertigen Antwort hinterherlauschen: »Natürlich. Das ist doch wohl logisch.«
    Ich tröstete mich damit, dass es, selbst wenn sie alle ihre guten Vorsätze realisierten, noch ein gutes Weilchen dauern würde, bis sie ihren Teil der Abmachung erfüllt hatten. Und es bestand ja immer noch die Chance, dass ihnen die ganze Pferdegeschichte in wenigen Wochen langweilig wurde.
    Als wir gemeinsam den Tisch fürs Abendessen deckten, fiel mir auf, wie energisch sie sich plötzlich bewegten. Sie wirkten gesünder, wacher, fröhlicher. Und sie futterten, als hätten sie den ganzen Tag auf dem Feld geackert. Sie fanden nicht einmal die Zeit, an irgendetwas herumzumäkeln. Ich fragte sie, was ich am Wochenende kochen sollte, und erhielt zur Antwort, das sei ihnen völlig egal, da sie die meiste Zeit bei ihrer Donna verbringen würden.
    Vielleicht angesteckt vom Bewegungsdrang meiner Töchter, erinnerte ich mich beim Einschalten der Spülmaschine an meine guten Vorsätze. Ich zog mich rasch um und schwang mich aufs Rad. Ohne Eile fuhr ich ein Stück den Neckar abwärts in Richtung Wieblingen. Bald stellte ich jedoch fest, dass es auch kurz vor Sonnenuntergang noch zu warm war für körperliche Betätigung. Außerdem war der Verkehr auf den Radwegen schlimmer als auf mancher Autobahn zu Ferienbeginn. Ständig war ich jemandem im Weg, musste verbissen dreinschauenden Kampfbikern ausweichen oder mich über andere ärgern, die den Weg blockierten und quatschten. So verlor ich bald die Lust und machte kehrt.
    Sollte ich Lorenzo besuchen? Lorenzo schätzte Überraschungen nicht, zum Schachspielen fühlte ich mich zu dumm, und so landete ich schließlich bei Susi. Sie begrüßte mich wie einen Stammgast, der von einer Weltumseglung zurückgekehrt ist. Heute trug sie einen eleganten schwarzen Hosenanzug und dazu eine weiße Bluse.
    Passend zu meiner sportlichen Betätigung und getrieben von mächtigem Durst wollte ich wissen, ob man in ihrer schicken Cocktailbar auch etwas so Schlichtes wie ein großes Radler haben könne. Susi meinte, das sei ja schließlich auch irgendwie ein Cocktail, und wollte hören, wie weit unsere Ermittlungen gediehen waren, während sie herumräumte, Gläser spülte und polierte, Obst aus dem Kühlschrank holte und für die Cocktails vorbereitete. Ich gab bereitwillig Auskunft.
    Später erschienen weitere Gäste, und ich bestellte noch einmal dasselbe.
    »Wenn Sie an einen Architekten denken«, sagte ich gegen elf, als ich zahlte, »was fällt Ihnen dann als Erstes ein?«
    »Schwarz«, erwiderte sie ohne Zögern. »Die sehen doch alle aus wie die Raben …«
    Sie verstummte und starrte mich an.
    »Das heißt also, der Mann, den Sie mit unserem Mordopfer zusammen gesehen haben, hat Schwarz getragen?«
    Susi nickte sehr langsam. »Hey, der Trick war klasse! Ich wäre im Leben nicht drauf gekommen, warum ich den Kerl für einen Architekten gehalten habe. Und so ist es mir wieder eingefallen. Ja, stimmt, er hat einen dunklen Anzug getragen. Obwohl, Architekten tragen ja keine Schlipse und erst recht keine weißen Hemden.«
    Ich steckte das Wechselgeld ein und rutschte vom Hocker. »Auf welchen Beruf haben Sie eigentlich bei mir getippt?«
    »Das darf ich nicht verraten.« Susi strahlte mich an. »Das bringt Unglück.«
    »Wem? Mir?«
    »Nein, mir natürlich.« Sie lachte ihr helles Lachen. »Sie würden womöglich nie wiederkommen.«
     
    »Die hübschen Zwillinge sind Ihre Töchter?«
    Der alte Mann, der mich so freundlich anlächelte, hatte seinen siebzigsten Geburtstag schon hinter sich. Er war schlank und hielt sich sehr gerade, vielleicht, weil er eher klein gewachsen war. Sein heller Sommeranzug saß perfekt, das silberweiße Haar trug er für sein Alter ungewöhnlich lang. Auf der Straße hätte ich ihn vielleicht für einen pensionierten Kunstprofessor gehalten.
    Es war Sonntagabend, und seit einer halben Stunde saß ich in der kleinen Gaststätte des Handschuhsheimer Reit- und Fahrvereins vor einer Flasche Mineralwasser und wartete auf meine Töchter. Kurz nach sieben hatten sie angerufen und gefragt, ob ich sie ausnahmsweise abholen käme, da sie beim derzeitigen Wetter unmöglich mit den Rädern nach Hause fahren könnten. Draußen goss es, blitzte und donnerte alle Augenblicke, dass es ein Fest war. Nun gab es jedoch plötzlich noch etwas ungeheuer Wichtiges im Stall zu tun, und deshalb saß ich hier und wartete ohne Ungeduld. Bei diesen Witterungsverhältnissen hätte man ohnehin nicht guten

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