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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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fragte die junge Marokkanerin zurück. »Von uns hat ihn bestimmt keiner umgebracht. Selma und ich sowieso nicht. Joshua ist schwul und muss weinen, wenn einer eine Fliege totschlägt. Und Pierre tut zwar immer so, als wäre er Rambo, aber im Grunde ist er auch total harmlos.«
    »Vor allem interessiert uns, was Nunda in Heidelberg wollte. Wen er getroffen hat, wo er sich herumgetrieben hat. Es sieht nicht so aus, als wollte er hier Urlaub machen.«
    Sie sah erst Balke an, dann mich. »Ich hab eigentlich ganz automatisch geglaubt, er ist irgendwelchen Skins in die Quere gekommen.«
    »Wenn es so wäre, dann hätten wir sie längst«, meinte Balke und legte den Pass beiseite. »Diese Typen sind immer nur in der Gruppe stark. Und mindestens einer kann garantiert den Mund nicht halten, wenn er am nächsten Morgen wieder nüchtern ist.«
    »Wir denken eher, dass er hier irgendwas vorhatte«, setzte ich hinzu. »Ein Geschäft vielleicht. Und sich dabei mit den falschen Leuten eingelassen hat.«
    Nun blätterte ich Rafael Nundas Pass durch. Er war erst zwei Jahre alt, demnach musste das Foto noch halbwegs aktuell sein. »Benguela«, buchstabierte ich den Wohnort des Toten. »Die angolanischen Behörden werden uns hoffentlich weiterhelfen.« Ich steckte den Pass ein.
    »Angola?« Wieder machten ihre kleinen Brüste einen Hüpfer.
    »Warum erschreckt Sie das?«
    Balke verschloss den Koffer und nahm ihn vom Tisch.
    »Das werden Sie noch merken«, erwiderte sie mit gesenktem Blick.
    Zurück im Büro, wählte ich eine lange Nummer, die mit 00244 begann, und kurze Zeit später war ich mit dem zuständigen Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Luanda verbunden. Michael Hecker war ein aufgeschlossener Mann undefinierbaren Alters, aber vermutlich noch am Beginn seiner Diplomatenkarriere.
    »Auweia«, war sein erstes Wort, nachdem ich ihm mein Anliegen geschildert hatte. »Das ist leider ein bisschen komplizierter, als Sie sich das vorstellen im guten, ordentlichen Deutschland. Ich hab übrigens in Heidelberg Volkswirtschaft studiert!« Er lachte auf und wurde sofort wieder ernst. »Hier gibt es kein Meldesystem, wie Sie das kennen. Oft genug kennt man nicht mal Straßennamen oder Hausnummern. Einen gut gefälschten Pass kriegen Sie für fünfzig Dollar, einen schlechten für zehn. Aber ich will sehen, wie ich Ihnen helfen kann. Werde mal meine Kontakte spielen lassen.«
    Angola. Was wusste ich als halbwegs gebildeter Mitteleuropäer über dieses Land? Es lag an der Westküste Afrikas, im Süden, eingeklemmt zwischen dem Kongo und Namibia, und war vermutlich zehn Mal größer, als man aus der Ferne schätzte. Und sonst? Revolutionen, Bürgerkrieg, Minenfelder, Hunger, Flüchtlingselend. Was einem zu einem schwarzafrikanischen Land eben so einfällt.
    Da ich gerade Zeit hatte, googelte ich ein wenig herum.
    Offizielle Landessprache war Portugiesisch, da Angola bis Mitte der Siebzigerjahre eine Kolonie Portugals gewesen war, welches das Land in den vergangenen Jahrhunderten als unerschöpfliche Quelle von Gold, Diamanten und tüchtigen Sklaven genutzt hatte. Zweithöchste Kindersterblichkeit der Welt. Auf jeden der zwölf Millionen Einwohner kam eine noch nicht entschärfte Landmine, die darauf wartete, ihm die Beine zu zerfetzen. Die Krankheiten, an denen man starb, waren Aids, Malaria, Tuberkulose, Meningitis oder Cholera. Und viel zu viele, vor allem Kinder, starben immer noch an Hunger, obwohl der Bürgerkrieg schon seit Jahren zu Ende war.

10
    Am Morgen war das neue Foto in der Zeitung erschienen, eine verblüffend gut gemachte Montage, die unsere Unbekannte als Blondine zeigte, und unsere Erfolgssträhne schien anhalten zu wollen. Gegen Mittag klingelte mein Telefon. Eine angenehm ruhige Männerstimme meldete sich.
    »Pension Neckarblick, Geldenham am Apparat. Sie suchen eine Frau, entnahm ich eben der Zeitung. Hier könnte ich möglicherweise helfen.«
    Der Anrufer sprach langsam, ein wenig umständlich und mit dezentem, britischem Akzent.
    »Die Dame ist am neunzehnten Juli angereist«, fuhr er in ernstem Ton fort, »und bereits nach sechs Tagen verschwunden. Ihr Gepäck hat sie jedoch zurückgelassen, weshalb ich dachte, sie wird vielleicht wiederkommen sowie ihre Rechnung begleichen.«
    Zudem hatte er den salbungsvollen Tonfall eines anglikanischen Geistlichen.
    »Ich bin in zehn Minuten bei Ihnen.«
    Die Pension Neckarblick lag am nördlichen Neckarufer mit Blick auf den Marstall, wo sich heute die Unimensa befindet. Das

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