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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Bahnhofstraße, ein gutes Stück westlich von der hübschen Stadtmitte. Runkel stellte seinen in der Abendsonne herausfordernd funkelnden Opel auf einen freien Parkplatz für Einsatzfahrzeuge. Vor dem neuen Gebäude stand etwas, bei dessen Anblick mir nicht klar wurde, ob es sich um Kunst am Bau handelte oder um das Werk einen volltrunkenen Gerüstbauers.
    Bei der Erwähnung des Namens Rosenbauer konnte ich den nächsten Kopf rot werden sehen.
    »Jeden verdammten Montag liegt hier eine Tüte von diesem Wahnsinnigen im Briefkasten!«, tobte der Schichtführer, ein Polizeihauptmeister Schnepf. »Und wisst ihr, was das Tollste ist?«
    Das wussten wir nicht.
    »Wenn er mal keinen erwischt hat, weil’s das ganze Wochenende Katzen und Hunde geregnet hat und keine Sau auf der Straße gewesen ist, dann kommt sogar eine Fehlanzeige! Dass nach seinen Beobachtungen keiner zu schnell gefahren ist. Sagt mal ehrlich, dem fehlen doch sämtliche Latten im Zaun!«
    Beim letzten Satz hatte seine Stimme geradezu flehend geklungen. Wir taten ihm den Gefallen und gaben ihm recht.
    »Und jetzt?«, fragte er, nur noch leise schnaufend. »Kriegt er jetzt endlich eine ordentliche Anzeige an den Hals? Oder kommt er in die Klapse? Es sind ja nicht nur die Autos. Beim Nachbarn links sind ihm die Äste von einem Baum zu lang, und es fallen Äpfel auf sein Grundstück. Boskop! Die kann man doch wohl essen, ich bitte Sie! Da kann man doch froh sein, wenn man Boskop geschenkt kriegt, oder nicht?«
    Ich verstand nicht viel von Obst, aber Runkel nickte an meiner Stelle.
    »Boskop sind die besten«, meinte er. »Ich mag gar keine anderen mehr.«
    »Der Nachbar rechts, der wäscht manchmal das Auto vor seiner Garage, und da spritzt halt mal ein bisschen Wasser über den Zaun. Und das nennt dieser Rosentrottel dann eine Sachbeschädigung! Der Nachbar gegenüber hat ein Mäuerchen gebaut zur Straße hin, ein schönes Mäuerchen, ich hab’s mir extra angeguckt. Aber unser spezieller Freund meint, dafür bräuchte der eine Baugenehmigung, und dabei ist das überhaupt nicht wahr! Einen halben Tag hab ich mit dem Bauordnungsamt rumtelefoniert. Für ein Gartenmäuerchen braucht kein Mensch eine Genehmigung!«
    Stöhnend raufte er sich das schüttere Haar.
    »Und jetzt nehmt ihr euch den Spinner endlich zur Brust? Wenn ihr Zeugen braucht, jeder hier nimmt Urlaub, wir kommen alle zur Verhandlung …«
    »Wir brauchen keine Zeugen«, unterbrach ich ihn. »Wir brauchen die Aufzeichnungen vom sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Juli.«
    »Ihr …?« Abwechselnd sah er Runkel und mich an, in der stummen Hoffnung, einen Scherz nicht richtig verstanden zu haben. »Ihr wollt was?«
    »Ich nehme doch an, Sie archivieren die Anzeigen von Herrn Rosenbauer.«
    Das Wackeln seines Kopfes ließ sich zur Not als Verneinung deuten.
    »Wenn Sie sie nicht aufheben, was machen Sie dann damit?«
    Polizeihauptmeister Schnepf sah lange auf seine kräftigen Bauernhände. Dann wurde seine Miene amtlich.
    »Den ganzen Krempel schicken wir, so wie er kommt, an die Stadtverwaltung weiter. Für Geschwindigkeitsübertretungen innerorts ist die Gemeinde zuständig.«
    Der Leiter des städtischen Ordnungsamts, das sich um die innere Sicherheit Neckargemünds kümmerte, hieß Holschuh. Amtsrat Holschuh, erklärte mir der Schichtführer sehr förmlich.
    »Der wird aber daheim sein um die Zeit. Hat ein Häuschen in Dilsberg oben.« Mit grimmiger Miene suchte er mir noch die Telefonnummer heraus, dann würdigte er uns keines Blickes mehr.
    Der Amtsrat war zum Glück zu Hause und verwies uns nach einigem Hin und Her an einen Untergebenen, einen gewissen Frank Haffner.
    »Dem geb ich diese Umschläge immer. Der ist für die Bußgeldsachen zuständig. Aber ich denke, der wird jetzt beim Angeln sein. Der ist eigentlich immer beim Angeln, wenn er freihat.«
    Zum Glück hatte Frank Haffner ein Handy. Er war etwas unwirsch, weil die Fische heute ganz ungewöhnlich gut bissen. Als er hörte, worum es ging, wurde er vorsichtig.
    »Natürlich weiß ich von den Umschlägen.«
    »Und was machen Sie damit?«
    »Warum möchten Sie das denn wissen? Sie sind von der Kripo, sagen Sie? Oh, Moment, da ist doch … Augenblick!«
    Er legte das Handy beiseite, offenbar hatte etwas angebissen. Dann war er wieder dran.
    »Losgerissen«, schimpfte er. »So ein Feigling!«
    »Wir ermitteln in einem Mordfall. Was machen Sie nun mit den Umschlägen?«
    »Also, erstens kriegt er immer einen

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