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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Sie lachte auf. »Nice view from there, really!«
    »How did you get there?«
    Blöde Frage. Auf den Königstuhl fuhr man entweder mit der Zahnradbahn oder mit dem Auto. Nur Verrückte quälten sich mit dem Rad hinauf. Rosana hatte die Bergbahn genommen.
    »You had your handbag with you?«
    »Of course I did. But it’s lost.« Sie machte eine flatternde Handbewegung und sah mich unverwandt an.
    Sie mochte mich, das war unverkennbar.
    Aber das machte es nicht leichter. Ich konnte sie zu nichts zwingen. Sie war Opfer und Zeugin, keine Angeklagte. Und das wusste sie natürlich, denn dumm war sie nicht. Dass sie hier etwas Illegales geplant hatte, war nichts als eine Vermutung. Und selbst wenn – auch die Absicht, ein Verbrechen zu begehen, ist noch kein Verbrechen.
    Aber ich gab nicht auf. Dieses Gespräch war vermutlich meine letzte Chance. Ich versuchte sie zu überrumpeln. Stellte ihr Fallen, appellierte an ihr Gewissen. Rosana antwortete ruhig, überlegt, unentwegt liebenswürdig, manchmal traurig. Wieder und wieder: Sie sei hergekommen, um einmal im Leben das weltberühmte Heidelberg zu sehen. Einen Rafael Nunda kenne sie nicht, in seinem Zimmer sei sie niemals gewesen. Dass der Mann wie sie in Huambo gewohnt hatte und nur zwei Wochen vor ihr nach Deutschland geflogen war, hielt sie für einen lustigen Zufall.
    Nach einer Stunde gab ich auf.
     
    Viel später, zu spät, wurde mir klar, dass ich in dieser einen Stunde den alles entscheidenden Fehler begangen hatte. Wäre ich zäher gewesen, härter, grausamer, dann wäre Rafael Nunda neben Wiktor Rada vermutlich der einzige Tote geblieben, der in diesem Fall zu beklagen war. Hätte ich Klara Vangelis an meiner Stelle das Gespräch führen lassen, dann wäre vielleicht noch alles gut gegangen.
    Ich war zu weich. Ich konnte Rosana nicht so sehr weh tun, wie ich gemusst hätte, um das Schlimmste zu verhindern.
    Am Nachmittag veranstalteten wir noch einmal eine Art Krisensitzung. Ich trommelte alle zusammen, die mit dem Fall zu tun hatten. Wir diskutierten fast zwei Stunden lang. Es kam nichts dabei heraus.
    Wir hatten verloren.
    Wir hatten versagt.
    Wieder einmal.

21
    Ermittlungsarbeit bedeutet, dem Zufall auf die Sprünge zu helfen. Das Glück aus der Reserve zu locken. Nichts lässt sich erzwingen. Den roten Faden, den geraden Weg, sieht man immer erst im Rückblick. Und meist kommt der Zufall dann, wenn man am wenigsten mit ihm rechnet.
    Um kurz nach sieben traf ich Rolf Runkel im Treppenhaus. Wie ich war auch er auf dem Weg nach Hause, und wie ich hatte er schlechte Laune. Er schimpfte halblaut vor sich hin.
    »Was ist Ihnen denn über die Leber gelaufen?«, fragte ich, weil man sich als Chef hin und wieder auch für die kleinen Probleme seiner Mitarbeiter interessieren sollte.
    »Dieser Wahnsinnige aus Waldhilsbach.«
    Ich sah ihn fragend an.
    Er blieb stehen, kratzte sich umständlich am Kopf. »Hab ich’s Ihnen nicht erzählt? Da betreibt einer so ’ne Art private Radarfalle. Macht Fotos von allen Autos, die zu schnell in den Ort reinfahren. Am Ortseingang geht’s ein bisschen bergab, und praktisch jeder fährt da zu schnell. Und jetzt ist der Kerl, also der, der sich dauernd bei mir beschwert, schon mindestens fünfmal geknipst worden. Und jetzt hat er, also der, der dauernd geknipst wird, einen Anwalt eingeschaltet und will den Nachbarn wegen irgendwas verklagen. Was genau, weiß er selber nicht. Auf der Straße Fotos machen, ist ja eigentlich nicht verboten.«
    »Waldhilsbach, wo liegt das noch mal?«, fragte ich, um Interesse zu zeigen.
    »Das ist, wenn Sie vom Königstuhl runterfahren, also hintenrum, über Neckargemünd, dann ist es das erste Dorf, durch das Sie kommen.«
    Mein Herz legte eine Vollbremsung hin.
    »Sagen Sie das noch mal!«
    Ohne sich zu wundern, wiederholte er seinen letzten Satz fast wörtlich. Zwei Minuten später waren wir in Runkels nagelneuem Opel Vectra auf dem Weg nach Waldhilsbach.
    »Ist Ihr alter Peugeot eigentlich kaputt?«, wollte Runkel wissen, als wir am Adenauerplatz auf Grün warteten.
    »Nein. Warum?«
    »Weil man Sie in letzter Zeit nur noch auf dem Fahrrad sieht.«
    »Meinem Auto geht’s ganz prima. Ich möchte mir nur hin und wieder ein bisschen Bewegung verschaffen.«
    »Sie brauchen sowieso bald mal ein neues.«
    »Der Peugeot läuft noch ganz gut!«
    »Ich mein ja bloß«, meinte Runkel begütigend. »Wegen dem CO 2 und dem ganzen Klimascheiß, Sie wissen schon.«
    »Man kann auch die Umwelt schonen, indem man

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