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Schwarzes Fieber

Schwarzes Fieber

Titel: Schwarzes Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Dankesbrief.«
    »Einen was?«
    »Das hat der Herr Bürgermeister so angeordnet. Damit nicht der Eindruck entsteht, wir würden diesen … Dingsbums etwa nicht ernst nehmen. Sonst hat er uns am Ende auch noch auf dem Kieker wegen Vernachlässigung von Dienstpflichten oder so. Den Herrn Bürgermeister hat er auch schon ein paarmal angezeigt wegen irgendwas.«
    »Und zweitens?«
    »Geb ich die Umschläge dann weiter an die Erika.«
    »Die Erika.«
    »Erika Renner. Das ist meine Sekretärin.«
    »Und was macht die damit?«, seufzte ich.
    »Ich glaub, also, wenn ich recht informiert bin, die gibt sie dem Hausmeister.«
    »Und was kommt in Ihrer Hierarchie unter dem Hausmeister?«
    »Wenn Sie so direkt fragen – eigentlich nichts mehr.«
    »Aber irgendwas muss der Mann doch mit den Umschlägen anstellen.«
    »Ich glaub, er tut sie immer in den Keller.«
    Der Hausmeister hieß Nowitzky, und ich erreichte ihn nach einigen Wirren ebenfalls per Handy in seinem Garten bei Ziegelhausen. Zu meiner Erleichterung war er sofort und ohne Murren bereit, zum Rathaus zu kommen. Dieses befand sich an derselben Straße wie das Polizeirevier, ungefähr zweihundert Meter stadteinwärts. Das schmucklose, ockergelb gestrichene Gebäude sah aus, als wäre es früher eine Schule gewesen.
    Nowitzky, ein stämmiger kleiner Mann, hätte man mit seiner wehenden weißen Mähne eher für einen Musiker als für einen kleinen städtischen Angestellten gehalten. Er lispelte ein bisschen, Deutsch war nicht seine Muttersprache, und er war mit einer unverwüstlichen Laune gesegnet.
    »Ich schmeißen die Briefe immer in eine Schachtel in Keller«, strahlte er. »Und jetzt möchten Sie das ganze Mist mitnehmen?«
    »Nur die Anzeigen vom sechsundzwanzigsten und siebenundzwanzigsten Juli.«
    Ich erklärte ihm in wenigen Sätzen, worum es ging.
    »Ein Mordversuch?«, meinte er lachend. »Soso. Na ja.« Und lief erstaunlich flink in Richtung Treppe davon.
    »Was meinen Sie, wie groß sind unsere Chancen?«, fragte Runkel, als wir hinter dem Hausmeister in den Keller hinabstiegen.
    »Achtundneunzig Prozent«, antwortete dieser an meiner Stelle. »Jeder fahrt dort zu schnell. Mich haben er auch schon erwischt. Zweimal.«
    »Es sei denn, der Mörder kommt selber aus Waldhilsbach«, überlegte Runkel laut. »Dann weiß er ja Bescheid.«
    Ein fröhliches Liedchen vor sich hin summend, zerrte der Hausmeister einen schweren Karton aus einem verstaubten Regal voller Aktenordner. Laut Aufdruck hatte die fast volle Schachtel vor Beginn ihrer amtlichen Funktion sechs Flaschen Heppenheimer Grauburgunder enthalten. Nowitzky begann, den Haufen sämtlich ungeöffneter brauner Umschläge zu sortieren.
    »Zum Glück ich immer schreiben Datum obendrauf.« Er zwinkerte mir verschmitzt zu. »Sonst wir hätten Menge Arbeit jetzt.«
    Runkel ging in die Hocke und half suchen.
    »Hier«, sagte Nowitzky kurze Zeit später, riss einen der Umschläge auf und zog zwei DIN-A4-Blätter sowie einen dünnen Stapel Fotos heraus.
    »Schöne Wetter muss gewesen sein. Ist prächtige Menge!«
    Auf Rosenbauers Liste standen genau dreiundvierzig Fahrzeuge, die in der fraglichen Nacht zwischen sechs Uhr und null Uhr fünfzig im Durchschnitt einundzwanzig Stundenkilometer zu schnell durch Waldhilsbach gefahren waren.
     
    Ich hatte erwartet, dass Runkel am Dienstagmorgen immer noch wütend auf mich sein würde. Gestern Abend hatte ich ihn dazu verdonnert, mir über Nacht die Namen aller infrage kommenden Fahrzeughalter zu beschaffen. Aber das Gegenteil war der Fall. Stolz erwartete er mich bei Dienstbeginn mit den Ergebnissen seiner nächtlichen Ermittlungstätigkeit. Ich rief Klara Vangelis und Sven Balke hinzu, die zum Glück ebenfalls schon im Haus waren, obwohl es noch vor acht war.
    Morgen um diese Zeit würde Rosana das Krankenhaus verlassen und drei Stunden später das Land. Balke war unrasiert und übernächtigt. So hatte ich ihn das letzte Mal im Februar gesehen, als er noch nicht mit Nicole zusammenlebte. Damals hatte sein Schlafmangel jedoch andere Gründe gehabt. Offenbar stellte ihm seine anhängliche Verehrerin immer noch nach. Vangelis hingegen sah heute viel besser und wacher aus als in den Tagen zuvor. Sie schien sich allmählich von ihrem Urlaub zu erholen.
    »Erst mal können wir alle beiseitelassen, die vor Sonnenuntergang durch Waldhilsbach gefahren sind«, sagte ich, als alle einen Stuhl gefunden hatten. »Ich denke nicht, dass der Täter die Frau im Hellen in den Wald geworfen

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