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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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von tief, tief unten gesehen hatte, war das Gangsystem nur an zwei Stellen mit dem Turm des Prismas verbunden: auf der Ostseite und hier, im Westen. Ihr Gang führte direkt zum grünen Turm und kreuzte auf halbem Weg einen Gang, der rings um den zentralen Turm führte und von dem seinerseits Wege zu allen anderen Türmen führten wie die Speichen von der Radnabe aus zur Felge.
    Liv brachte Kip zu einer der Kreuzungen zwischen Kreis und Speichen, zu dem Punkt, der am weitesten entfernt war von jedweder Unterstützung. Sie sprang auf und ab. »Siehst du, vollkommen sicher.« Sie lachte. »Jetzt versuch du es mal.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Kip. Wenn er seine Angst jemals überwinden konnte, wäre der Ausblick von hier oben prachtvoll. Natürlich war es schwer, sich bloße magische Türme anzuschauen, wenn Liv direkt neben einem stand. »In Ordnung«, murmelte er schwach. Er wollte sie nicht enttäuschen.
    Natürlich werde ich uns beide, wenn ich diesen dürren Gehweg zerbreche, enttäuschen. Auf die schnelle Art.
    In dem Bemühen, kein Spielverderber zu sein, hüpfte Kip ein wenig und landete so leicht wie möglich auf den Zehen und absorbierte den Aufprall mit den Knien.
    »Nein, richtig!«, sagte Liv.
    Kip seufzte und sprang so hoch, dass er dachte, er würde mit dem Kopf die Decke berühren. Als er landete, hörte er ein lautes Krachen.
    Er riss die Hände hoch, um sich an irgendetwas festzuhalten, und sein Herz verkrampfte sich. Er wollte sich gerade auf das Geländer werfen, als er Livs Gesicht sah.
    Sie lachte und hielt sich eine Hand vor den Mund. »Es tut mir so leid«, erklärte sie. »Ich hätte das nicht tun sollen. Es ist eine Art Tradition für neue Schüler, und das Prisma wollte, dass ich dir die ganze Erfahrung zuteil werden lasse.« Kip betrachtete ihre Hände. Sie schienen um etwas Unsichtbares geballt zu sein. Er kniff die Augen zusammen, und tatsächlich, sie hielt einen Stab aus ultraviolettem Luxin zerbrochen in den Händen.
    Kip kicherte. Es klang nur ein klein wenig gezwungen. »Du solltest mir also den traditionellen Empfang bereiten. Ich glaube, ich habe eine traditionelle Pfütze hinterlassen.«
    Sie lachte. »Danke, dass du kein Spielverderber warst. Falls es dir dann besser geht, ich bin beinahe in Ohnmacht gefallen, als meine Magistra das mit unserer ganzen Klasse machte. Komm, es ist jetzt nur noch ein kleines Stück.«
    Sie gingen gemeinsam um den spindeldürren Kreis, dann wandten sie sich dem gelben Turm zu. Als Kip in den Großen Innenhof getreten war, war der gelbe Turm auf der hinteren rechten Seite gewesen, also hatte er ihn nicht wirklich gesehen.
    »Ich denke, meine Augen sind voll«, bemerkte Kip.
    »Was?«
    »Ich habe heute zu viele erstaunliche Dinge gesehen. Entweder ist dies nicht so beeindruckend, oder ich habe meine Fähigkeit zu staunen verloren, denn für mich sieht das hier wie ein schlichter gelber Turm aus. Keine Flammen, keine Juwelen, keine Drehbewegungen.« Der Turm leuchtete, aber ansonsten sah er aus wie trübes gelbes Glas, durchscheinend, aber nicht völlig durchsichtig. Vielleicht war es schwer zu sehen, weil die Sonne neben dem Turm unterging.
    Liv lächelte. Er wusste nicht, wie er ihre Grübchen hatte vergessen können. »Der gelbe Turm ist erstaunlich, weil er ganz aus gelbem Luxin gemacht ist.«
    »Und die anderen sind es nicht?«, erwiderte Kip, der nicht verstand. Er blinzelte. »Ich meine, sie sind nicht aus der Farbe ihres eigenen Luxins gemacht?«
    »Nein, nein, nein. Die anderen haben magische Fassaden, errichtet über traditionellen Baumaterialien. Aber der gelbe besteht ganz aus Gelb.«
    Nach seiner zugegebenermaßen kurzen Unterweisung durch das Prisma dachte Kip, dass Gelb benutzt wurde wie magisches Wollwachs – es nährte andersfarbiges Luxin, aber davon abgesehen baute es sich leicht in Licht ab. »Hm, ich dachte, Gelb sei eine ziemlich schlechte Wahl als Baumaterial, weil es instabil ist und alles.« Kip erinnerte sich gerade daran, warum er den Mund gehalten hatte. Je mehr er mit Liv sprach, umso natürlicher würde es für ihn sein, von zu Hause zu sprechen. Und umso unnatürlicher würde es sein, kein Wort über zu Hause zu verlieren. Sobald sie dieses Thema berührten, würde er Liv sagen müssen, dass ihr Vater tot war, und die angenehme Unbeschwertheit ihrer Gesellschaft würde dahin sein. Sie würde sich von dieser strahlenden, lachenden jungen Frau mit den Grübchen in eine trauernde Waise verwandeln.
    »Es ist eine schlechte

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