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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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langsam, als könnten sie das Unausweichliche für immer aufschieben.
    »Dies ist wirklich ein großartiger Ort«, sagte Vena, als sie zum letzten Mal gemeinsam die Brücke überquerten. »Es ist ein Wunder. Und ich war hier. Für eine Weile. Mein Vater war ein Diener; meine Mutter war eine Dienerin. Es ist nicht schlimm, nach Hause zu gehen und zu dienen. Ich bin nicht besser als sie. Und weißt du was? Ich bin dem Lord Prisma begegnet.« Ihre Augen glänzten. »Er hat gesagt, ich sei wunderbar! Er hat mir Komplimente zu meinem Kleid gemacht. Mir. Er hat mich wahrgenommen, Liv, trotz all der schönen Mädchen dort. Das kann mir niemand wegnehmen. Wie viele Menschen – wie viele Wandler bekommen in ihrem ganzen Leben so viel? Das Prisma persönlich!«
    Angesichts ihrer Tapferkeit brach Liv beinahe zusammen. Sie vermied es bewusst, Vena anzusehen, davon überzeugt, dass sie die Beherrschung verlieren würde, wenn sie es tat.
    Aber allzu bald hatten sie den Hafen erreicht. Unter Tränen sagten sie einander Lebewohl, versprachen sich zu schreiben, und Liv versprach, dass sie alle Verbindungen, die sie hatte, nutzen würde, damit Vena zurückkehren konnte. Vena lächelte, traurig und resigniert.
    »Kommt, meine Damen«, sagte der Kapitän. »Die Zeit und die Flut warten auf keinen Mann und auch nicht auf greinende Mädchen.«
    Liv umarmte Vena ein letztes Mal und ging. Sie war kaum von dem Holz des Docks heruntergetreten, als sie im Schatten eine vertraute Gestalt wie eine Spinne lauern sah. Aglaia Crassos.
    »Ihr!«, sagte Liv. »Das ist Euer Werk!«
    Aglaia lächelte. »Ich frage, Liv, denkt Ihr, dass wir unseren Freunden etwas schuldig sind? Eine Schuld der Liebe oder der Pflicht?«
    »Natürlich denke ich das.«
    »Aber anscheinend ist Eure Pflicht Eurer Freundin gegenüber nicht so wichtig wie Euer Verlangen, Euch mir zu widersetzen.«
    »Ihr seid ein Miststück«, sagte Liv zitternd.
    »Nicht ich bin diejenige, die ihre Freundin für ihren Stolz zahlen lässt. Es kann aufhören, Liv, oder es kann schlimmer werden.«
    »Ihr wollt immer noch, dass ich das Prisma ausspioniere.«
    »Vena fährt nicht nach Hause, nur damit Ihr Bescheid wisst. Ich besitze bereits ihren Kontrakt. Und ich habe ein Geschäft mit einem ziemlich … zweifelhaften Ilytaner abgeschlossen. Er wird mir einen guten Preis für Vena zahlen. Die meisten Menschen haben Skrupel, Wandler zu verkaufen. Natürlich ist sie keine volle Wandlerin, daher wird sie kein Recht auf die normalen Privilegien eines Wandlers haben, aber heh, Vena segelt gern, richtig? Es gibt nicht viele Frauen auf Galeeren. Sie halten sich im Allgemeinen nicht sehr lange, noch werden sie von den anderen Sklaven gut behandelt, daher geben Besitzer Frauen für gewöhnlich andere Arbeit. Aber ich kann es arrangieren.«
    Nicht nur eine Sklavin. Eine Galeerensklavin. Das Schlimmste vom Schlimmsten. Liv wollte sich übergeben. Sie wollte Aglaia ermorden. Orholam rette sie.
    »Oder«, sprach Aglaia weiter, »Ihr gebt mir Euer Wort.« Sie deutete auf einen Boten, der auf der anderen Straßenseite stand. »Und er läuft mit einer Nachricht zum Kapitän und sagt, dass alles ein Versehen sei, dass Vena wieder in die Chromeria zurückkehren könne und so weiter. Wunder über Wunder. Ihr seid mein eigenes spezielles Projekt, Liv, Ihr habt meine volle Aufmerksamkeit.«
    Liv blickte voller Verzweiflung zu dem Boot hinüber. Es war die Wahrheit. Sie hatte keine Freunde, keine Möglichkeiten, keine Alternativen. Wie konnte sie gegen Aglaia Crassos mit all ihrem Wohlstand und ihrer Macht kämpfen? Wenn sie Lord Prisma um Hilfe bat, würde er Fragen stellen. Er würde denken, sie habe schon die ganze Zeit über spioniert. Jeder Teil der Chromeria und der Satrapien war korrupt; sie hatten sich alle gegen sie gewandt.
    »Beeilt euch, Liv, das Schiff wird gleich auslaufen«, sagte Aglaia.
    Es gab keinen Ausweg, keine Zeit zu versuchen, einen dritten Weg zu finden. Vielleicht hätte ihr Vater Nein gesagt, Aglaia in ihr hässliches Gesicht gespuckt und an seiner Ehre festgehalten. So stark war Liv nicht. Die Haie und die Meeresdämonen hatten sie. »Schön«, erwiderte sie, und das Herz blieb ihr beinahe stehen. »Ihr habt gewonnen. Was soll ich tun?«

49
    Gavin hatte die Gemächer seines Vaters nur verlassen, um sogleich festzustellen, dass er noch nicht ganz frei war. Die Wohnung seiner Mutter lag direkt neben der seines Vaters, und er würde unweigerlich an ihren Türen vorbeikommen – und die

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