Schwarzes Prisma
nicht einmal schlau genug, um mich in die Irre zu führen, und du bist nicht Manns genug, mich zu nehmen.« Sie stopfte seine unbezahlbar teuren Kleider in die Punschschale.
Überall brach nervöses Gekicher aus. Parshan erstarrte. Da seine Kleider im Punsch schwammen, war es sinnlos, sie aus der Schale zu holen, um sich zu bedecken. Also tat er sein Bestes, um sich mit den Händen zu bedecken.
Inmitten des von vereinzeltem Applaus durchsetzten Schweigens stürmte Liv aus dem Saal und direkt in die Legenden der Chromeria. Bedauerlicherweise war das Eingehen in die Turmlegende, weil ein Mädchen Rache an einem Jungen genommen hatte, der ein romantisches Interesse an ihr gezeigt hatte – ganz gleich, wie unrühmlich dieses Interesse war –, keine Methode, Interesse von anderen zu ermutigen. Alle anderen Jungen hatten jetzt furchtbare Angst vor ihr.
Warum denke ich an Jungen? Mein Vater ist tot.
Nein, das ist er nicht. Vater hat schon schlimmere Dinge überstanden. Er würde nicht zulassen, dass man ihn in einer Falle fängt. Dazu ist er zu klug.
Trotzdem wäre es schön gewesen, jemanden zum Reden zu haben. Ehrlich, ein guter Tränenausbruch würde genügen, und sie würde sich erheblich besser fühlen.
Liv trottete hinunter in Venas Zimmer, aber als sie dort ankam, weinte Vena. Dies riss Liv auf der Stelle aus ihrem eigenen Selbstmitleid heraus. Vena weinte nicht nur; sie flennte. Venas für gewöhnlich kunstvoll zerzaustes, knabenhaft kurzes Haar war plattgedrückt, als habe sie sich den Kopf gehalten. Ihre Augen waren geschwollen.
»Ich kann es nicht glauben, Liv! Ich habe überall nach dir gesucht. Liv!«, sagte Vena. »Es ist eine Katastrophe. Orholam, Liv, ich werde nach Hause geschickt!«
Als Liv sich im Zimmer umschaute, sah sie, dass Venas Sachen bereits allesamt gepackt und in großen Truhen verstaut waren. Angesichts der vielen Dinge, die Vena besaß, und all der Zierstücke, mit denen sie jede freie Stelle in ihrem kleinen Zimmer bedeckt hatte, wusste Liv, dass sie nicht alles selbst eingepackt haben konnte.
»Was ist los?«
Es dauerte einige Minuten, alles in irgendeiner Art von vernünftigen Reihenfolge herauszubekommen, obwohl die Geschichte einfach war: Vena hatte ihre Unterstützung verloren. Der aborneanische Lord, der ihren Kontrakt hielt, hatte bei irgendeinem geschäftlichen Unternehmen ein Vermögen verloren und musste seine Kosten einschränken. Anscheinend hatte er Venas Kontrakt für ihre Dienste, nachdem sie die Chromeria verließ, zum Verkauf angeboten, aber keinen Interessenten gefunden. Doch der Lord irgendeines anderen, jüngeren Wandlers hatte Venas Zimmer von ihm gekauft. Sie musste es unverzüglich räumen. Man hatte für Vena eine Fahrt nach Hause bezahlt, noch heute Abend. Sie würde sich mit ihrem Gönner treffen müssen, um zu regeln, wie er seine Investition am besten von ihr zurückbekommen konnte.
Vena könnte durchaus als Dienstmagd enden, aber sie befürchtete, dass ihr Lord sie vielleicht an Sklavenhändler verkaufen würde. Es war illegal – der Ausbildungsvertrag eines Wandlers hatte mit Sklaverei nichts zu tun –, aber es gab immer Geschichten über dergleichen Dinge.
»Liv, könntest du mir etwas Geld leihen? Ich könnte weglaufen.«
»Ich kann nicht …«
»Bitte, Liv, ich flehe dich an. Ich weiß, es ist kein Darlehen. Ich werde niemals in der Lage sein, es dir zurückzugeben, aber ich kann es nicht ertragen, nach Hause zu gehen. Bitte.«
Liv wurde schwer ums Herz. Wenn sie nur eine einzige Woche gewartet hätte, bevor sie zu dem Geldverleiher ging, hätte sie eine Rate ihres Stipendiums ausgezahlt bekommen und jede Menge Geld gehabt, um ihrer Freundin zu helfen. »Ich habe gerade eine Schuld abbezahlt, Vena. Ich habe nichts mehr übrig. Es hat mich alles gekostet.«
Vena sank in sich zusammen.
»Warte, wir könnten einige meiner Kleider verkaufen. Wenn du bis morgen früh warten könntest …«
»Nein, vergiss es. Bis dahin werden sie schon nach mir suchen. Und sie wissen, dass du meine einzige Freundin bist. Sie werden dich beobachten. Es war eine dumme Idee. Ich muss mich dieser Sache stellen.«
Es klopfte an der Tür. »Miss?«, erklang eine Männerstimme.
Vena öffnete die Tür, und vier Männer in Sklavenkleidung kamen herein und hoben die Truhen vom Boden. Vena ergriff ihre eigene Tasche. »Begleitest du mich zum Hafen?«, fragte sie Liv und setzte eine tapfere Miene auf.
Immer noch entsetzt und ungläubig nickte Liv.
Sie gingen
Weitere Kostenlose Bücher