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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Gavin den Rücken hinunter. Seine Mutter war keine Närrin. Sie war so vorsichtig wie alle anderen, wenn es darum ging, sich gegen Lauscher zu schützen, aber sie hatte eine Art, genau auf das zu sprechen zu kommen, was sie meinte. Nach den Getrennten Felsen, als Gavin allein aus dem magischen Brand getaumelt gekommen war, angetan mit den Kleidern seines Bruders und mit den Narben seines Bruders unter Schichten von Ruß und Blut, hatten alle anderen ihn selbstverständlich für Gavin gehalten. Trotz des Altersunterschieds waren die Brüder Dutzende von Malen irrtümlich für Zwillinge gehalten worden, und ihr ganzes Gehabe war auf unheimliche Weise ähnlich. Und Gavin hatte darauf Acht gegeben, die Eigenheiten seines Bruders, was Wortschatz und Ausdruck betraf, zu übernehmen. Alle Unterschiede, die nach Ende des Krieges zutage getreten waren, hatte man darauf zurückgeführt, dass Gavin sich verändert hatte, weil er seinen eigenen Bruder töten musste.
    Aber als Gavin am Morgen nach seiner ersten Nacht, die er wieder in der Chromeria verbracht hatte, erwacht war, hatte seine Mutter am Fußende seines Bettes gesessen. Ihre Augen waren rot und geschwollen vom Weinen gewesen, aber ihre Wangen trocken. Sie hatte ihr Weinen bewusst erledigt, bevor er erwacht war.
    »Denkst du, ich würde meinen eigenen Sohn nicht erkennen?«, hatte sie gefragt. »Du bist Blut von meinem Blut. Denkst du, du könntest selbst mich täuschen?«
    »Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so lange funktionieren würde, Mutter. Ich hatte erwartet, dass irgendjemand von Hunderten von Menschen diese Farce durchschauen würde, aber was kann ich sonst tun?«
    »Ich verstehe, warum du getan hast, was du getan hast«, hatte sie erwidert. »Ich hatte mich nur auf deinen Tod vorbereitet, nicht auf den deines Bruders, und dich jetzt zu sehen … Es ist so, als müsste ich wählen, bei welchem meiner verbliebenen Söhne es mir lieber wäre, dass er stirbt.«
    »Niemand verlangt das von dir.«
    »Sag mir nur eines«, hatte sie gebeten. »Ist Gavin tot?«
    »Ja«, hatte er geantwortet. »Ich wollte nicht … Er hat mir keine Chance … Es tut mir leid.«
    Tränen waren aus ihren Augen geströmt, aber sie hatte sie ignoriert. »Was brauchst du, Dazen? Ich habe deine beiden Brüder verloren, und ich schwöre bei Orholam, dass ich dich nicht verlieren werde.«
    »Sag ihnen, dass ich auf dem Weg der Genesung bin. Sag ihnen, der Kampf hätte mich beinahe getötet. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, sag ihnen, es hätte mich verändert. Aber lass mich nicht schwach erscheinen.«
    Und so war sie zu seiner einzigen wahren Verbündeten in der Chromeria geworden. Und nachdem sie gegangen war, hatte er die Tür verriegelt und die Truhe geöffnet, in der sein mit Drogen betäubter Bruder gelegen hatte, keine dreißig Zentimeter von der Stelle entfernt, an der ihre Mutter gestanden hatte. Er hatte den bewusstlosen Mann eingehend gemustert und dann sich selbst in einem Spiegel betrachtet. Nachdem er jeden Unterschied vermerkt hatte, machte er sich an die Arbeit. Das Haar seines Bruders hatte einen Wirbel, der sich aufstellte, wann immer er es kurz schnitt; der neue Gavin würde das Haar lang tragen müssen, damit niemand diesen Widerspruch bemerkte. Gavin war ein wenig kleiner als Dazen, und er hatte gern Stiefel mit höherem Absatz getragen. Der neue Gavin würde flachere Schuhe tragen. Er begann, Listen mit den Eigenheiten seines Bruders zu erstellen, darunter Gavins Angewohnheit, den Hals nach links und rechts knacken zu lassen. Oder war es rechts und links? Verdammt, Dazen wusste nicht mal, wie man den Hals knacken ließ. Gavin rasierte sich gern jeden Tag, sogar zweimal am Tag, damit sein Gesicht glatt blieb; Dazen hatte sich einige Male pro Woche rasiert, weil ihm die Mühe zu lästig erschienen war. Gavin trug immer einen speziellen Duft; Dazen hatte sich damit niemals abgegeben. Er würde einen Diener ausschicken müssen, der den Duft besorgte. Gavin achtete auf seine Kleidung und sorgte dafür, dass er an der Spitze jedes Modetrends war; Dazen wusste nicht einmal, wie er das machte. Er würde der Angelegenheit auf den Grund gehen müssen. Hatte Gavin sich die Augenbrauen gezupft? Gütiger Orholam.
    Andere Veränderungen waren schwerer zu bewerkstelligen. Dazen hatte ein Muttermal auf der Innenseite eines Ellbogens. Mit einer Grimasse schnitt er es ab. Es würde zu einer kleinen Narbe werden. Niemand würde etwas bemerken.
    Seine Mutter half ihm, sie

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