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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dafür.
    Ein Moment verstrich, und sie sagte sehr leise: »Nach all dieser Zeit, Gavin, nach all den Wichten, die Ihr getötet, und all den Menschen, die Ihr gerettet habt, tut es da weniger weh?«
    »Ich höre, dass es Gerüchte über Ketzerei gibt«, sagte Gavin. »Einige Leute predigen wieder die alten Götter. Ich könnte gehen und es herausfinden.«
    »Ihr seid nicht mehr der Promachos, Gavin.«
    »Es ist nicht so, als könnten fünfzig ihrer halb ausgebildeten Wandler mich aufhalten …«
    »Ihr seid das beste Prisma, das wir seit fünfzig, vielleicht hundert Jahren gehabt haben. Und sie könnten in ihrer kleinen, ketzerischen Chromeria einundfünfzig Wandler oder fünfhundert haben, also will ich nichts davon hören. Karris wird sich diese Frau und ihren Sohn ansehen und feststellen, was sie erfahren kann, während sie diesen ›König‹ Garadul überprüft. Ihr könnt erwarten, dass sie binnen zweier Monate zurückkehrt. Und da wir gerade von Farbwichten sprechen, am Rand des Blutwaldes wurde gerade ein ungewöhnlich mächtiger, blauer Wicht gesehen, der auf dem Weg nach Ru ist.«
    Ein blauer Wicht, der sich auf den Weg zum rötesten Land der Welt gemacht hatte. Seltsam. Und Blaue waren im Allgemeinen so logisch. Es war eine Ablenkung, aber es war eine gute, und es ließ ihm praktisch keine Zeit, um Karris zu erreichen. »Mit Eurer Erlaubnis, Hohe Dame«, sagte er, und sein gutes Benehmen war wie immer zum Teil ironisch. Er wartete nicht auf ihre Zustimmung, bevor er seine Magie sammelte und auf den Rand der Dachterrasse zulief.
    »Oh nein, das tut Ihr nicht!«, sagte sie.
    Er blieb stehen. Seufzte. »Was?«
    »Gavin!«, schalt sie. »Gewiss habt Ihr nicht vergessen, dass Ihr versprochen habt, heute zu unterrichten. Es ist für jede Klasse eine große Ehre, Euch kennenzulernen. Sie warten schon seit Monaten darauf.«
    »Welche Klasse?«, fragte er argwöhnisch.
    »Ultraviolette. Sie sind nur zu sechst.«
    »Ist das nicht die Klasse mit dem Mädchen, dem immer alles aus dem Oberteil quillt? Lana? Ana?« Es war eine Sache, wenn Frauen Gavin nachstellten, aber dieses Mädchen hatte sich ihm seit dem vierzehnten Lebensjahr regelrecht an den Hals geworfen.
    Die Weiße blickte gequält drein. »Wir haben einige Male mit diesem Mädchen gesprochen.«
    »Seht«, sagte Gavin, »wir haben Ebbstrom, und ich muss Karris einholen. Ich werde diese Klasse unterrichten, wenn Ihr mich das nächste Mal seht. Keine Ausreden, kein Streit.«
    »Ihr gebt mir Euer Wort?«
    »Ich gebe Euch mein Wort.«
    Die Weiße lächelte wie eine satte Katze. »Ihr genießt das Unterrichten mehr, als Ihr zugebt, nicht wahr, Gavin?«
    »Pah!«, sagte Gavin. »Auf Wiedersehen!«
    Bevor sie etwas erwidern konnte, nahm er Anlauf und sprang von der Dachterrasse des Turms in die Tiefe.

8
    Kip starrte auf Isas Leichnam. Nachdem sie die Soldaten Ram hatte töten sehen, hatte sie sich nach Kip umgedreht. Sie hatte nach Sicherheit gesucht, nach Schutz. Sie hatte ihn angesehen, und sie hatte gewusst, dass er sie nicht retten konnte.
    Ein Geräusch und die plötzliche Leere neben ihm veranlassten Kip, den Blick von Isa loszureißen. Sanson war aufgesprungen und rannte auf die Stadt zu. Sanson war nicht klug, aber er war schon immer praktisch veranlagt gewesen. Er hatte in seinem ganzen Leben nichts so Dummes getan. Aber Kip konnte ihm keinen Vorwurf machen. Sie hatten auch noch nie jemanden sterben sehen.
    Aber die Soldaten würden Sanson auf keinen Fall übersehen, und jetzt würde er ebenfalls sterben, genau wie die anderen, wenn Kip nichts unternahm.
    Kip hatte lange genug herumgestanden und nichts getan, während seine Freunde starben. Er dachte nicht nach. Er handelte. Er rannte los – in die andere Richtung.
    Kip hasste es zu rennen. Wenn Ram rannte, war er wie ein Jagdhund, der einem Hirsch nachsetzte, ganz harte, schlanke Muskeln und bewegliche Kraft. Wenn Isa rannte, war sie wie ein fliehendes Reh, ganz mühelose Anmut und überraschende Schnelligkeit. Wenn Kip rannte, war er wie eine Milchkuh, die auf die Weide taumelte.
    Er hatte bereits volle Geschwindigkeit und Rams Leichnam erreicht, bevor er einen Ruf hörte. Er stürmte das Flussufer hinauf und wurde dabei kaum langsamer. Sobald er seine Masse einmal in Bewegung gesetzt hatte, brauchte es eine Menge, um ihn aufzuhalten.
    Ein toter Baum, dessen Stumpf sich auf Schienbeinhöhe erhob und größtenteils von langen Gräsern verborgen war, zählte als eine Menge. Kips Schienbein krachte mitten

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