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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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den Ernst der Situation. Nicht einmal die Schwarzgardisten würden sie hören. Aber wenn die Weiße seine unversiegelte Post gelesen hatte, hatte jeder andere das ebenfalls tun können.
    »Nach meinem besten Wissen ist es nicht wahr. Ich sehe nicht, wie das sein könnte.«
    »Weil Ihr vorsichtig gewesen seid oder weil es tatsächlich unmöglich ist?«
    »Ihr erwartet doch nicht wirklich, dass ich diese Frage beantworte?«, sagte Gavin.
    »Ich verstehe, dass ein Prisma beträchtlichen Versuchungen ausgesetzt ist, und ich weiß Eure Maßhaltung oder Diskretion im Laufe der Jahre zu schätzen, welches von beidem es auch gewesen sein mag. Ich brauchte mich nicht um schwangere junge Wandlerinnen zu kümmern oder um zornige Väter, die verlangen, dass man Euch zwingen möge, ihre Töchter zu heiraten. Dafür danke ich Euch. Als Gegenleistung habe ich mich Eurem Vater nicht darin angeschlossen, Euch zu einer Heirat zu drängen, obwohl dies zweifellos Euer Leben und meines vereinfachen würde. Ihr seid ein kluger Mann, Gavin. Klug genug, hoffe ich, um zu wissen, dass Ihr mich um eine neue Kammersklavin oder um mehrere bitten könnt, oder was immer Ihr wünscht. Anderenfalls hoffe ich, dass Ihr sehr … vorsichtig seid.«
    Gavin hüstelte. »Niemand könnte das mehr sein als ich.«
    »Ich will nicht so tun, als sei ich im Stande, Euer Kommen und Gehen gänzlich zu überwachen, aber nach meinem Wissen seid Ihr seit dem Krieg nicht mehr in Tyrea gewesen.«
    »Seit sechzehn Jahren«, sagte Gavin leise. Sechzehn Jahre? War er wirklich seit sechzehn Jahren dort unten? Was würde die Weiße tun, wenn sie herausfände, dass sein Bruder noch lebte? Dass er ihn unter ebendiesem Turm in einer ganz speziellen Hölle gefangen hielt?
    Sie zog die Augenbrauen hoch und las noch etwas anderes in seiner besorgten Miene. »Ah. Männer und Frauen, die denken, dass sie vielleicht sterben werden, können während eines Krieges sehr viele Dinge tun. Für Euch waren das wildere Tage. Also ist diese Enthüllung vielleicht ein spezielles Problem.«
    Gavin blieb das Herz stehen. Bei all den tausend Dingen, die sechzehn Jahre zuvor geschehen waren, war das wichtigste jetzt, dass Gavin zu der Zeit, als das Kind gezeugt worden sein musste, mit Karris verlobt gewesen war.
    »Wenn Ihr Euch absolut sicher seid, dass es nicht wahr ist«, sagte die Weiße, »werde ich Karris jemanden nachschicken, um ihr den Brief abzunehmen. Ich habe versucht, Euch einen Gefallen zu tun. Ihr kennt ihr Temperament. Ich dachte, es sei das Beste für euch beide, wenn sie von dieser Angelegenheit erführe, während sie fort ist. Nachdem sie wieder einen klaren Kopf hat, stelle ich mir vor, dass sie Euch verzeihen wird. Aber wenn Ihr schwört, dass es nicht wahr ist, dann braucht sie es überhaupt nicht zu erfahren, nicht wahr?«
    Einen Moment lang staunte Gavin über die alte Vettel. Die Weiße wollte zweifellos freundlich sein, aber sie hatte auch dafür gesorgt, dass sich dieses kleine Drama direkt vor ihrer Nase abspielte – und sie tat es nur aus dem einen Grund, Gavins erste Reaktion beobachten zu können. Es war gleichzeitig freundlich, grausam und gerissen und nichts weniger als ein Zufall. Gavin rief sich zum hundertsten Mal ins Gedächtnis, dass er es sich mit Orea Pullawr nicht verscherzen durfte.
    »Ich habe keine Erinnerung an diese Frau. Überhaupt keine. Aber es war eine schreckliche Zeit. Ich … ich kann es nicht beschwören.« Er wusste, wie die Weiße das aufnehmen würde. Sie glaubte, dass er zugab, Karris während ihres Verlöbnisses betrogen zu haben, dass er jedoch der Meinung war, er sei vorsichtig gewesen. Aber junge Männer machen Fehler.
    »Ich sollte mich jetzt verabschieden«, sagte er. »Ich werde der Angelegenheit auf den Grund gehen. Dies ist mein Schlamassel.«
    »Nein«, widersprach sie energisch. »Jetzt ist es Karris’ Schlamassel. Ich schicke Euch nicht nach Tyrea, Gavin. Ihr seid das Prisma. Es ist schlimm genug, dass ich Euch hinter Farbwichten herschicken muss …«
    »Ihr schickt mich nicht. Ihr haltet mich lediglich nicht davon ab.«
    Es war ihr erster titanischer Machtkampf gewesen. Sie weigerte sich, einem Prisma zu gestatten, sich in Gefahr zu bringen, nannte es Wahnsinn. Gavin hatte überhaupt keine Argumente vorgebracht, sondern sich lediglich geweigert, sich aufhalten zu lassen. Sie hatte ihn in seine Gemächer gesperrt. Er hatte die Türen weggesprengt.
    Schließlich hatte sie nachgegeben, und er bezahlte auf andere Weise

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