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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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griff sich einige Orangen aus den Trümmern des Wagens und stopfte sie sich in die Taschen.
    Sanson hatte wahrscheinlich recht. Kip hatte den ganzen Tag nichts gegessen; nicht dass ihm das bis jetzt aufgefallen wäre, aber er war halb verhungert. Obwohl er das Gefühl hatte, als würde er sich vielleicht übergeben müssen, griff er über das halb untergetauchte Pferd hinweg und nahm sich ebenfalls einige Orangen.
    Sie näherten sich dem Wassermarkt, und es wurde immer noch heißer. Kip hörte seltsame Schreie. Vor ihnen brannten Feuer. Der Wassermarkt war ein kleiner, runder See, der regelmäßig ausgebaggert wurde, damit er nicht zu flach wurde. Es hieß, dass sowohl der Fluss als auch die Stadt einst viel größer gewesen waren. Der Fluss war angeblich von unterhalb der Wasserfälle bis zur Azurblauen See befahrbar gewesen und dann von Rekton bis in die Berge. Damals, so hieß es, waren Händler aus allen Sieben Satrapien hergekommen, versessen auf Tyreas berühmte Orangen und andere Zitrusfrüchte. Jetzt konnten nur noch kleine Flachbodenboote stromabwärts fahren, und die große Zahl von Räubern, die Händler mit Freuden um jedwede kostbare Fracht erleichterten, bewog die meisten Bauern dazu, ihre Orangen mit den langsameren, schwer bewaffneten und erheblich weniger profitablen Karawanen zu verschicken. Da aber selbst die kleinsten, härtesten und dickschaligsten Orangen auf dem langen Weg über Land verfaulten, bevor sie die fernen Höfe erreichten, an denen Edelleute und Könige ein Vermögen für eine solche Delikatesse bezahlten, versuchten es fast jedes Jahr ein paar junge Bauern mit dem Fluss, und einige kamen durch, bis nach Garriston, und kehrten mit einem Vermögen nach Hause zurück – falls es ihnen auf dem Rückweg abermals gelang, den Räubern zu entgehen.
    Aber größtenteils war der Handel, für den der Wassermarkt einst angelegt worden war, längst tot. Die Stadtbewohner hielten aus Gründen des Stolzes und für ihre eigenen Zwecke an ihm fest. Am Wassermarkt liefen alle Straßen zusammen, alle Lagerhäuser standen am Wasser, und so hielten sie ihre Boote in Schuss und fuhren damit zum Markttag nach Regeln und einer Etikette, die zu verstehen kein Außenseiter hoffen durfte, um Waren zu kaufen und zu verkaufen. In der Mitte des Wassermarktes befand sich eine Insel, die durch eine Zugbrücke mit dem nördlichen Ufer verbunden war.
    Als die Insel schließlich voll in Sicht kam, sah Kip, woher die Schreie gekommen waren. Die Zugbrücke war unten, und auf der Insel wimmelte es von Hunderten von Tieren, die inmitten der ringsum lodernden Feuer gefangen waren. Selbst die Zugbrücke, die unter dem Gewicht von Dutzenden von Pferden, Schafen, Schweinen und einem grotesken Teppich von Ratten ächzte, qualmte an einem Ende. Mit vor Furcht rollenden Augen sah das Zugpferd des Steinmetzes so aus, als sei es drauf und dran durchzugehen, obwohl es unmöglich zu sagen war, wohin es laufen würde. Die Tiere füllten die Insel bis zum Bersten; sie drängten sich Schulter an Flanke über den gesamten kleinen Kreis und die Brücke.
    Während Kip all das sah, trieb er mitten im Fluss zwischen den stadtseitigen Kais und der Insel.
    »Meister, es ist so heiß«, erklang eine junge Stimme hinter und über Kip.
    Kip ruderte mit den Armen und drehte sich um. Am hohen Ufer des Marktes stand ein junger Mann, der ein wenig älter war als Kip. Er trug nur ein rotes Lendentuch. Sein gelocktes schwarzes Haar und seine nackte Brust glänzten von Schweiß. Er schaute über die Schulter; offensichtlich sprach er mit einem Mann, der hinter ihm stand. Von diesem Mann konnte Kip nichts sehen, aber er wartete nicht ab. Kip dachte, dass sie ihn gehört haben mussten, als er mit den Armen gerudert hatte, aber anscheinend überlagerte das Tosen der Feuer alle anderen Geräusche.
    Nachdem er Sanson ein Zeichen gegeben hatte, schwamm Kip auf den Kai zu. Sanson folgte ihm. Der Meister des jungen Mannes sagte etwas, aber es verlor sich im Lärm. Kip und Sanson klammerten sich an den Kai und drückten sich so dicht an den Stein, wie sie konnten.
    »Sieh dir das an«, hörten sie den Mann sagen. Ein wirbelndes Lasso aus Feuer kam über ihren Köpfen in Sicht und flackerte dann vorwärts. Es wickelte sich fest um einen Pfosten der Zugbrücke. Dort blieb es schwelend und mit kleinen, züngelnden Flammen hängen, während sich der Rest des Lassos auflöste.
    Kip war gleichzeitig entsetzt und fasziniert. Während all der Jahre, in denen er

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