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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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jetzt kein Wasser mehr vor sich herschob, weil sein Bug über die Wellen hinwegglitt, verschlang der schnelle Antrieb viel Energie. Und auf Gavins Armen und Schultern lastete praktisch sein ganzes Gewicht mitsamt dem von Karris. Aber Magie konnte aus dem ganzen Körper gewandelt werden, also war es, als trüge er ein schweres Bündel, dessen Riemen das Gewicht perfekt verteilten – anstrengend, aber nicht mörderisch. Trotzdem, während des letzten Jahres, in dem er das jeden Tag getan hatte, waren seine Schultern und Arme kräftiger geworden, als sie es je in seinem Leben gewesen waren.
    Karris drehte sich um. Ihr stand der Mund buchstäblich offen. Sie starrte die ganze Vorrichtung an, die Rohre aus blauem Luxin, dem der Zusatz von grünem Luxin die erforderliche Biegsamkeit verlieh, und das noch weichere, klebrige rote Luxin als Stutzen, damit die Geschosse in die Rohre gelangten, ohne sie zu zerstören. Langsam richtete sie sich auf und ließ sich vom Wind das Haar zerzausen, mit dem Rücken dicht bei Gavin, so dass sie nicht beide voll im Wind standen.
    Er spürte ihr Zittern und begriff, dass sie vor Entzücken lachte, obwohl er es kaum hören konnte. Der Wind wehte auch den Geruch ihres Haares weg, aber für einen Moment stellte er sich vor, er könne es wieder riechen. Es tat ihm in der Seele weh.
    »Pass auf«, rief er. In der Ferne erschien eine Insel. Er lehnte sich seitwärts, und der Gleiter änderte seinen Kurs und hielt direkt auf die Insel zu. Tatsächlich hatte er rasch gelernt, dass der Gleiter so schnell reagierte, wie er selbst sich unter seiner Last bewegen konnte. Die Grenze lag da, wo die Kräfte, die auf ihn wirkten, zu groß wurden und ihn zu zerreißen drohten. Er beugte sich nach rechts und dann nach links, und ihr Kielwasser hinterließ wunderschöne Bögen auf der Meeresoberfläche. Dann winkelte er das Ausstoßrohr nach unten ab, und der Gleiter sprang über eine der größeren Wellen, und plötzlich waren sie in der Luft.
    Mehr als hundert Schritt weit flogen sie, lautlos, bis auf das Brausen des Windes, direkt über die kleine Insel hinweg. Dann berührten sie kurz das Wasser wie ein flach geworfener Stein und lösten sich abermals davon.
    In der Geschwindigkeit und dem Wind und der Nähe zu Karris fühlte Gavin sich endlich wieder frei. Trotz der Wärme des Tages war der Wind kalt, und wenn Karris sich auch nicht direkt an ihn schmiegte, lehnte sie doch, dankbar für seine Wärme, an seinem Körper. Wenn sie zu sehr fror, das wusste er, würde sie Infrarot wandeln, aber sie sparte ihre Kräfte. Sie wusste nicht, was sie in Tyrea erwartete.
    Dass er es wusste – zumindest zum Teil –, verlieh dem Augenblick eine gewisse Süße. Sie würde den Brief der Weißen lesen und erfahren, dass er ein Kind gezeugt hatte, als sie verlobt gewesen waren. Obwohl sie jetzt kein Interesse an seinem Liebesleben bekundete, war es eine der Fragen gewesen, die sie ihm gestellt hatte, als er ihr Verlöbnis brach: Gibt es eine andere Frau? Nein. Hat es jemals andere Frauen gegeben, während wir verlobt waren? Nein, ich schwöre es.
    Diesmal würde Karris ihm nicht verzeihen. Sie hatte Jahre gebraucht, um ihm zu verzeihen, dass er ihr Verlöbnis gelöst und sich geweigert hatte, ihr zu sagen, warum. Aber dies, dies war Verrat.
    Orholam, wie sehr er sie vermissen würde.
    Er mied die Schifffahrtsstraßen und hielt sich vom Ufer fern. Gegen Mittag bemerkte er Wolken am Himmel. Es sah nicht nach einem Sturm aus, daher vermutete er, dass es Wolken über der Inselsatrapie Ilyta waren. Ilyta hatte zahllose Häfen und noch mehr Piraten. Die Zentralregierung der Satrapie war vor Jahrzehnten zusammengebrochen, und jetzt wurde sie von demjenigen Piratenlord regiert, der gerade der mächtigste war. Die meisten der Sieben Satrapien zahlten dem einen oder anderen Piratenhäuptling Tribut und ermöglichten es ihm so, noch häufiger auf Raubzug zu gehen.
    Gavin hatte keine Angst vor ihnen, aber er wollte auch nicht gesehen werden. Obwohl es vielleicht gut gewesen wäre, wenn die Piraten einen weiteren Grund gehabt hätten, die Chromeria zu fürchten, zog er es vor, seine kleine Erfindung so lange wie möglich geheim zu halten. Außerdem benutzte er Ilyta nur als Orientierungspunkt. Es war mühselig, ein Astrolabium zu verwenden, und eine Positionsbestimmung damit kostete so viel Zeit, dass es sich als sinnvoller erwiesen hatte, einfach mit seinem Gleiter draufloszufahren, bis er irgendwelche Anhaltspunkte an einer

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