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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dich geliebt habe, obwohl du mich nie geliebt hast? »Nein«, sagte er. »Lass uns gehen.«

12
    Die Jungen stahlen sich aus der Höhle. Kip ging voraus. Anscheinend war das der Preis dafür, zum Anführer zu werden. Kip war Dutzende von Malen unter denselben Sternen auf dem Fluss gewesen, aber heute Nacht lag Gefahr in der kühlen Luft. Der Wind hatte gedreht, und jetzt vermischten sich die Gerüche des leichten Nieselregens, der die Erde öffnete, mit dem Holzrauch und dem schwachen, frischen Duft der auf den Bäumen reifenden Orangen. Dieser Geruch hatte Kip in der Vergangenheit immer aufgeheitert. Heute war er kaum wahrnehmbar, so ungreifbar, wie es ihre Chance war, den Soldaten zu entgehen.
    Sie hatten sich schon früher den Fluss hinuntertreiben lassen, mit ein paar Holzbrettern, die ihnen zusätzlich Auftrieb gaben, aber oft auch ohne solche Hilfsmittel, einfach auf dem Rücken schwimmend; die Strömung hatte sie getragen. Doch sie hatten immer bis zum späten Herbst gewartet, wenn der Fluss weniger Wasser führte. Selbst dann hatten sie von den Felsen, denen sie nicht ausweichen konnten, Dutzende von Kratzern und blauen Flecken davongetragen. Es war jetzt mitten im Sommer; der Fluss führte zwar nicht so viel Wasser wie im Frühling, aber viel mehr als im Herbst, und die Strömung war reißend. Das bedeutete, dass sie unbeschadet über einige der Felsen hinwegtreiben konnten, die sie im Herbst zerkratzt hätten, aber auf die höchsten Felsen würden sie mit viel mehr Wucht treffen, wenn es nicht gelang, ihnen auszuweichen. Und das war in der Dunkelheit so gut wie unmöglich.
    Sanson sammelte das Holz zusammen, von dem er gesprochen hatte, während Kip ängstlich wartete und stromabwärts Ausschau nach Soldaten hielt. Die Wolken über der Stadt leuchteten orangefarben, erhellt von den Feuern unter ihnen. Sanson kehrte mit einigen Ästen zurück, die für sie beide nicht ausreichten. Die Jungen sahen einander an. »Nimm du sie«, flüsterte Kip. »Ich schwimme besser als du.«
    »Was tun wir, wenn sie uns sehen?«, fragte Sanson.
    Kip verließ beinahe der Mut, als er darüber nachdachte. Was konnten sie tun? Wegrennen? Wegschwimmen? Selbst wenn sie es zum Flussufer schafften, wohin konnten sie gehen? Die Stadt stand in Flammen, und rund um die Stadt lagen nur Felder. Männer auf Pferden mit Hunden, die ihnen halfen, würden Kip und Sanson im Handumdrehen finden.
    »Uns totstellen«, antwortete Kip. Schließlich sollten wir nicht die einzigen Leichen im Wasser sein. Tatsächlich entsprach das nicht der Wahrheit; sie sollten so weit flussaufwärts die einzigen Leichen im Wasser sein. Wenn einer der Soldaten das begriff, würden die Jungen schnell zu echten Leichen werden.
    Selbst so weit von den Bergen entfernt war das Wasser kalt, aber es war nicht eisig. Kip watete hinein, und die Strömung begann ihn auf die Stadt zuzuziehen. Sanson folgte ihm. Sie wurden um die erste Biegung gezogen und näherten sich der Stelle, an der Kip die Steine über den Fluss geworfen hatte, als er den Fehler in seinem Plan erkannte.
    Sich totzustellen bedeutete, dass sie in den gefährlichsten Bereichen des Flusses, in denen es am wichtigsten war, dass er und Sanson sehen oder hören konnten, um herauszufinden, ob sie entdeckt worden waren, ihre Ohren unter Wasser lassen und ihren Blick auf die dunklen Nachtwolken über ihnen richten mussten. Wenn sie entdeckt wurden, garantierte Kips Plan, dass sie es nicht bemerken würden, bevor es zu spät war.
    Sie sollten wieder an Land gehen. Er konnte das nicht tun. Kip drehte sich um. Sanson trieb bereits auf dem Rücken im Wasser, die Ohren bedeckt, die Glieder entspannt. Er war zur anderen Seite des Flusses hinübergezogen worden, und die Strömung hatte seinen leichteren Körper auf gleiche Höhe mit dem von Kip gebracht. Kips Herz hämmerte. Wenn er jetzt verschwand, würde Sanson es nicht bemerken. Kip würde seinen Freund nicht packen können, ohne so viel Lärm zu machen, dass es jeder in einem Umkreis von hundert Schritten hören würde.
    Aus der Düsternis des Flussufers kam eine Stimme. »Ja, Euer Majestät. Wir denken, der Wandler ist in diesen Baum hinaufgeklettert. Die Hunde haben ihn so weit verfolgt und ihn dann verloren.«
    Kip sah die Fackel als Erster. Jemand näherte sich dem Flussufer, keine fünf Schritt stromabwärts. Sein erster Gedanke – wie ein Verrückter loszuschwimmen – würde ihn umbringen. Er machte nur zwei Schwimmzüge und drehte sich dann auf den

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