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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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dabei, keinen sperrigen Langbogen. Gut und leicht zu tragen, sehr treffsicher auf siebzig Schritt. Hundertzwanzig waren eine andere Sache. Diese Entfernung bedeutete einen Streukreis von vier Fuß. Aber sie konnte in schneller Folge schießen. Wenn Satrap Garadul sich nicht vom Fleck rührte, konnte sie binnen weniger Sekunden vier Pfeile auf ihn abschießen und so ihre verminderte Treffsicherheit ausgleichen. Gut genug. Zumindest besser als all ihre anderen Möglichkeiten. Sie rutschte vom Gipfel des Hügels hinunter, bespannte ihren Bogen, prüfte die Geradheit und Befiederung ihrer Pfeile und schlich dann wieder zurück in Position, versteckt und tödlich.
    Als Gavin und der Satrap sich einige Minuten lang unterhielten, entspannte Karris sich. Im Gespräch konnte Gavin jeden, ausgenommen vielleicht die Weiße, in die Enge treiben. Obwohl Gavin inmitten der von ihm getöteten Männer Rask Garaduls stand, ging es jetzt wahrscheinlich nur um die Frage, wie viel der Satrap Gavin dafür zahlen würde, dass er ihm Ärger gemacht hatte.
    Nachdem sie sichergestellt hatte, dass sie Gavin noch immer sehen konnte und dass sie ihre Waffen in Reichweite hatte, öffnete Karris ihr Bündel. Die Weiße hatte ihr aufgetragen, ihre Befehle nicht zu lesen, bevor sie nach Tyrea aufgebrochen war, also hatte Karris die Befehle auf den Boden ihres Bündels gelegt, unter Kleider zum Wechseln, Ersatzbrillen, Kochgeschirr, einige Leuchtsignale und Granaten – Orholam sei Dank, dass Letztere nicht während ihrer Bruchlandung explodiert waren. Endlich hatte sie das zusammengefaltete Blatt gefunden und zog es heraus. Wie alle vertraulichen schriftlichen Befehle hatte man so dünnes Papier gewählt wie möglich und die äußeren Blätter mit Kritzeleien bedeckt, so dass das durchscheinende Papier nicht gelesen werden konnte, indem man es gegen das Licht hielt. Das Siegel war mit einer simplen Falle versehen: Wurde es einfach gebrochen, würden sich zwei Luxin-Punkte berühren und die Nachricht in Flammen aufgehen lassen. Die Methode war natürlich nicht narrensicher: Jeder Wandler konnte den Brief entschärfen, und jeder Nichtwandler konnte einfach um das Siegel herumschneiden, aber manchmal funktionierten einfache Vorsichtsmaßnahmen, wo kunstvollere Pläne es nicht taten.
    Karris schaute zu Gavin hinüber. Er redete noch. Gut.
    Nachdem sie aus dem Grün des Grases, das sie umgab, ein wenig grünes Luxin gewandelt hatte, entschärfte sie die Falle, mit der das Siegel belegt war. Gavin hatte ihr gesagt, sie solle nicht glauben, was in diesem Brief stand, den die Weiße persönlich geschrieben hatte. Also, wer würde sie wohl eher belügen? Gavin, in zehn Fällen von zehn. Bei dem Gedanken wurde ihr übel. Beinahe hätte sie den Brief weggelegt – sie konnte sich später darum kümmern.
    Aber ihre Befehle hatten mit Tyrea zu tun, vielleicht sogar mit dem Satrapen Garadul, und der Satrap stand in Sichtweite. Die Befehle könnten dahingehend lauten, dass sie ihn töten sollte – oder dafür sorgen, dass kein anderer es tat. Sie musste es sofort wissen.
    Sie öffnete den Brief. Die Schrift der Weißen war ein wenig zittrig, aber immer noch ausdrucksstark und elegant. Karris übersetzte den Code automatisch. »Insofern Purpur die neue Farbe sein mag, wären wir alle dankbar, die neueste Mode kennenzulernen.« Infiltrieren und die Absichten des Satrapen erkunden. Die Sieben Satrapien und die Chromeria sind besorgt wegen des neuen Satrapen und der Frage, was seine Ziele sind.
    Auf dem letzten »n« war ein Schnörkel, um sie wissen zu lassen, dass der formelle Code zu Ende war, aber der Brief ging noch weiter. »Ich habe außerdem Nachricht über einen fünfzehn Jahre alten Jungen in einer Stadt namens Rekton. Seine Mutter behauptet, er sei Gs Sohn. Wenn Ihr Gelegenheit habt, findet es heraus. Ich würde die beiden liebend gern kennenlernen.« Gavin hatte einen Bastard in Rekton. Sie sollte Mutter und Sohn in die Chromeria bringen.
    Karris blickte gerade rechtzeitig zu Gavin hinüber, um zu sehen, wie er einen Knüppel wandelte und dem Jungen damit auf den Kopf schlug. Es wäre entweder komisch oder erschreckend gewesen, nur dass sie das Gefühl hatte, auf die gleiche Weise geschlagen worden zu sein. Sprachlos beobachtete sie, wie Gavin eine Luxin-Mauer hochriss, einen Angriff im Keim erstickte und weiterredete – kühl bis zum Ende.
    Sie war so verblüfft, dass sie nicht nach dem Bogen griff, nicht wandelte. Dies war Rekton. Der Junge konnte

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