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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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brauchte es nicht zu erfahren. In vieler Hinsicht wäre es besser für ihn, es nicht zu wissen. Aber noch besser war es für ihn, es nicht zuerst von Karris zu hören, in einem Wutanfall. Dieser Junge war nicht sein Sohn, aber ohne seinen und seines Bruders Krieg – den Krieg der Prismen oder den Krieg des Falschen Prismas, je nachdem, auf welcher Seite man gekämpft hatte – wäre jetzt keins der Kinder von Rekton oder von hundert anderen Dörfern vaterlos. Gavin spielte noch einen Moment länger mit dem Gedanken, Karris alles zu erzählen, was sie nicht wusste, und alles Weitere dem Schicksal zu überlassen. Aber Karris würde die halbe Wahrheit nicht glauben und mit der ganzen nicht fertig werden.
    Zumindest würde diese Lüge einem Waisenkind einen Vater geben. Sie würde einem Jungen, der alles verloren hatte, eines zurückgeben. Es sollte Gavin gleichgültig sein, aber das war es nicht.
    »Ich bin Prisma Gavin Guile. Ich bin … du bist mein leiblicher Sohn.«
    Der Junge sah ihn an, als verstehe er nicht, was Gavin gesagt hatte.
    »Perfekt«, brummte Karris. »Warum haust du ihm alles gleichzeitig um die Ohren? Warum denkst du nicht nach, Gavin? Ich schwöre, du bist so impulsiv, wie Dazen es nur jemals war.«
    Impulsiv? Wer im Glashaus sitzt … Gavin ignorierte Karris und betrachtete nur den Jungen. Er hatte gerade zugegeben, dass er sie vor Jahren betrogen, sie anschließend belogen und dann – erst vor einer Stunde – erneut belogen hatte. Sie erging sich in kaltem Zorn, und es stand ihr nicht. Heißer Zorn war mehr ihr Stil.
    Der Junge sah sie an, verwirrt von ihrer Wut, dann schaute er wieder zu Gavin hinüber. Er blinzelte noch immer, obwohl Gavin nicht erkennen konnte, wie weit das auf seine Kopfschmerzen nach dem Schlag auf seinen Schädel zurückzuführen war, wie weit auf Lichtkrankheit vom Wandeln und wie weit auf die natürliche Verwirrung als Reaktion auf seine Aussage.
    »Ihr seid was?«, fragte Kip.
    »Du bist mein leiblicher Sohn.« Aus irgendeinem Grund war es zu schwer zu sagen: »Ich bin dein Vater.«
    »Und Ihr kommt jetzt?«, fragte Kip mit von Übelkeit gezeichneter Verzweiflung auf dem Gesicht. »Warum seid Ihr nicht gestern gekommen? Ihr hättet alle retten können!«
    »Bis heute Morgen wusste ich nicht einmal, dass du existierst. Und wir sind so schnell gekommen, wie es menschenmöglich war.« Schneller eigentlich. »Wenn deine Stadt nicht in Flammen gestanden hätte, hätten wir nicht einmal geahnt, dass wir hierherkommen müssen.«
    »Ihr habt nichts von mir gewusst? Ihr seid mein Vater. Wie konntet Ihr nichts von mir wissen?«, jammerte Kip.
    »Genug!«, brüllte Gavin. »Möge Orholam das Licht aus deinen Augen schlagen, ich bin jetzt hier. Ich habe dir das Leben gerettet, wahrscheinlich um den Preis eines Krieges, der zehntausend andere Kinder zu Waisen machen wird. Was willst du noch mehr?«
    Kip schrumpfte in sich selbst zusammen.
    »Unglaublich. Du Tyrann«, sagte Karris. »Dir wird ein Sohn geschenkt, und was ist das Erste, das du tust? Du schreist ihn an. Du bist ein mutiger Mann, Gavin Guile.«
    Die Ungerechtigkeit all dessen trieb Gavin dazu, die Fäuste zu ballen. Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit und der Wahnsinn dieses Lebens, das er gewählt hatte, kochten über. »Du willst mir einen Vortrag über Mut halten? Ist das die Frau, die aus einem vornehmen Haus davongelaufen ist, um Gardistin zu werden? Wenn du versuchst, dich mithilfe von Arbeit oder durch Benutzung von Magie zu töten, ist das kein Mut, Karris; es ist Feigheit. Was willst du von mir? Willst du, dass ich deine toten Brüder zurückhole?«
    Karris ohrfeigte ihn. »Nie«, sagte sie. »Wage es nie wieder …«
    »Von deinen Brüdern zu sprechen? Deine Brüder waren Vipern. Alle haben einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen, als Dazen sie tötete. Sie zu töten war das Beste, was er je getan hat, und zu sterben war das Beste, was sie je getan haben.«
    Karris’ Augen wurden rot, und Luxin wogte binnen einer Sekunde durch ihre Haut. Ein Stich der Furcht durchzuckte Gavin – nicht um seiner selbst willen. Was immer sie ihm entgegenschleuderte, konnte er aufhalten. Aber jedes Mal, wenn eine Person riesige Mengen wandelte, eilte sie damit ihrem eigenen Tod entgegen. Und sie gewährte ihrer Farbe eine größere Macht über sich selbst. Als er Karris zum ersten Mal begegnet war, waren in ihren jadegrünen Augen nur die winzigsten Rubinsterne gewesen. Jetzt beherrschten, selbst wenn sie nicht

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