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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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mit Anmachholz ab: Es hatte Vorteile, ein Rotwandler zu sein. Aber sie schaute sich trotzdem minutenlang genau um, bevor sie ihre Brille aus ihrer kleinen Tasche oben an einem Ärmel zog. Sie war allein. Sie wandelte einen dünnen Faden aus rotem Luxin in den Sockel ihrer Pyramide.
    Selbst das Wandeln von so wenig Rot fachte ihren Zorn weiter an. Sie steckte die rote und grüne Brille ein und dachte daran, Gavin in sein grinsendes Gesicht zu schlagen. Ich liebe dich? Wie konnte er es wagen!
    Sie schüttelte den Kopf und schnippte mit den Fingern, um überschüssiges rotes Luxin zu entfernen. Wie es mit allem nicht auf Dauer gewandelten Luxin geschah, zersetzte es sich schnell und gab einen typischen, aus zwei Komponenten gemischten Duft frei: den Geruch von Harz, den alle Luxine teilten, und den seltsamen Geruch nach getrockneten Teeblättern und Tabak, der dem roten Luxin zu eigen war.
    Statt für einen Funken direkt Infrarot zu wandeln, zog sie einen Zündstein und ihr Messer hervor. Sie fror bereits, also schlug sie den Funken an wie ein bloßer Sterblicher.
    Ich liebe dich. Dieser Bastard und seine Geheimnisse.
    Während ihre nasse Kleidung trocknete, zog sie die Kleider zum Wechseln an, die sich in ihrer wasserdichten Tasche befunden hatten. Die tyreanische Mode war während der letzten fünfzehn Jahre barmherzig praktisch geworden. Obwohl Frauen zu festlichen Anlässen oder in städtischer Umgebung immer noch bis zur Wade oder zum Knöchel reichende, gegürtete Kleider trugen, waren auf Reisen und auf dem Land inzwischen leinene Männerhosen das Übliche. Darüber trugen die Frauen längere Hemden als die Männer, über der Hose, aber gegürtet wie eine Tunika. So wie Hauptmann Eisenfaust es ihr erklärt hatte, hatte es nach dem Krieg des Falschen Prismas nicht genug Männer und Knaben gegeben, um die Orangen oder andere Früchte zu ernten. Die jungen Frauen, die sich den Erntearbeitern angeschlossen hatten, hatten ihre Röcke gekürzt, um leichter die Leitern hinauf- und wieder heruntersteigen zu können. Offensichtlich hatte irgendjemand dagegen Einwände gehabt. Wahrscheinlich nicht die jungen Männer, die die Leitern hielten.
    Daher die Hosen.
    Karris mochte die Kleidung. Von ihrem Training in der Schwarzen Garde war sie es gewohnt, Männerkleider zu tragen, und wenn diese lockeren Leinenhosen auch nicht so gut saßen und sich nicht so schön anfühlten wie ihre Schwarzgardistentracht aus luxinverstärktem, dehnbarem Stoff, so waren sie doch angenehm. Und sie verbargen ihre Formen besser als die eng anliegende Kluft der Schwarzen Garde. Auf den Jasper-Inseln würde kein Mann es wagen, einem weiblichen Schwarzgardisten auch nur nachzupfeifen, selbst wenn sie ihre hart verdiente Figur ein wenig zur Schau stellte. Aber eine Frau, die in einem fernen Land allein unterwegs war, sollte das Schicksal nicht mehr als notwendig herausfordern.
    Als ihr kleines Feuer fröhlich brannte, lenkte Karris sich von ihrem Zorn ab, indem sie sich sorgfältig bewaffnete. Ihr Ataghan kam verborgen und leicht zugänglich in ihr Bündel, sobald der schwarze Umhang getrocknet und zusammengerollt war. Ein Bich’hwa – ein Skorpion – wurde in ihrer Hose an einen Oberschenkel gegürtet. Es war eine Waffe mit Eisenringen, die auf die Finger passten, vier Klauen, um Haut und Muskeln aufzureißen, und einem Dolch – dem Skorpionschwanz –, um jemanden zu erstechen. Sie war nicht schnell zugänglich, aber Karris hielt es immer für gut, mehr Waffen zu haben, als man sehen konnte. Ein weiteres langes Messer steckte in ihrem Gürtel. Ihre Zweifarbenbrille kam in die Tasche. Ihr Gewicht machte sie zu offensichtlich, wenn sie sie in diesen langen, losen Ärmeln versteckte. Damit blieben nur noch ihre Augenkappen. Deren Linsen waren waagrecht grün-rot gestreift. Beide Kappen waren für ihre Augen maßgearbeitet: Sie passten genau in die Augenhöhlen und saßen so dicht vor den Augen, wie es möglich war. Ein schmaler Rand von klebrigem rotem Luxin sorgte dafür, dass die Kappen an ihrem Platz blieben und dass sie einen Teil ihrer Augenbrauen verlieren würde, wenn sie die Kappen nicht vorsichtig genug wieder abnahm. Ein Streifen harten gelben Luxins schützte den klebrigen Rand, solange die Kappen nicht benutzt wurden.
    Obwohl diese Augenkappen ihr das eine oder andere Mal das Leben gerettet hatten, mochte Karris sie nicht. Natürliche, lange Wimpern waren für den Ball der Luxlords ein hübsches Accessoire, aber weniger

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