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Schwarzes Prisma

Schwarzes Prisma

Titel: Schwarzes Prisma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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wandelte, diese Rubinsterne das Grün.
    Aber Karris griff nicht an. Sie sagte: »Ich lerne zwar langsam, aber ich habe es endlich kapiert. Du hast mich zum letzten Mal hintergangen, Gavin.« Sie spie seinen Namen förmlich aus. »Ich …«
    »Du verdammtes, halsstarriges Frauenzimmer! Ich liebe dich, Karris. Ich habe dich immer geliebt.«
    Es war, als sei der Wind für einige Herzschläge aus ihren Segeln genommen. Rotes Luxin tropfte von ihren Fingerspitzen. Dann, als Gavin gerade zu hoffen begann, sagte sie: »Du wagst es? Du unglaublicher – du – du – Gavin Guile, du hast mir nichts als Elend und Tod gebracht. Ich wünschte, du wärst anstelle deines Bruders gestorben. Wir sind fertig miteinander!« Sie griff sich ihre Tasche und sprang über Bord.
    Gavin war zu erschrocken, um irgendetwas zu erwidern. Er beobachtete, wie Karris ans Ufer schwamm und dann sich selbst und ihre Tasche aus dem Wasser zog. Sie konnte natürlich ohne ihn nach Garriston reisen, und sie würde trotzdem noch früher ankommen, als ihr Mittelsmann sie erwartete. Selbstverständlich musste sie sich um Banditen sorgen, und eine allein reisende Frau würde ein hervorragendes Ziel abgeben.
    Wenn die Banditen deshalb unvorsichtig wurden, würden sie sich glücklich schätzen können, wenn sie überlebten. Aber jeder musste irgendwann schlafen. Karris hatte überstürzt gehandelt, doch nichts, was Gavin sagen konnte, würde einen Unterschied machen. Für lange Zeit nicht. Das war der Grund, warum die Weiße versucht hatte, es so zu arrangieren, dass er nicht zugegen sein würde, wenn sie von seinem Bastard erfuhr.
    Fünf Aufgaben, und ich habe nicht einmal die ganze Wahrheit ausgespuckt.
    Kip kauerte auf einer Seite des Bootes und versuchte, sich kleinzumachen. Er blickte auf und sah Gavin für einen Moment in die Augen. »Was starrst du mich so an?«, fragte Gavin scharf.

20
    Obwohl sie noch nie auch nur einen Strahl Blau gewandelt hatte, war Karris stets eine gewisse Neigung zu dem eigen gewesen, was man die blauen Tugenden nannte. Sie hatte gern einen Plan. Sie liebte Ordnung, Struktur, Hierarchie. Selbst als Kind hatte sie Spaß daran gehabt, Etikette zu lernen. Bei einem förmlichen parianischen Abendessen zu sitzen und die genaue Funktion eines jeden winzigen Löffels und Messers zu kennen, zu wissen, wie viele Male man sich das überschüssige Wasser von den Fingern schüttelte, nachdem man sie sich zwischen dem ersten und dem zweiten Gang in der Wasserschale gewaschen hatte, und zu wissen, wo genau man sein dreizinkiges Urum hinlegte, damit die Tischsklaven wussten, dass man mit dem Essen fertig war, schenkte ihr so etwas Ähnliches wie Frieden. Stellte man seinen Kelch mitten auf die Seitenbegrenzung seines Platzes, gab man damit zu erkennen, dass man noch genau ein halbes Glas Wein wollte. Stellte man es auf die hintere Begrenzung zur Mitte der Tafel hin, hieß das, man wünsche von Weiß- zu Rotwein zu wechseln. Zeichen und Gegenzeichen. Der Ruf des Luxiats und die Antwort der Gemeinde. Sie liebte den Tanz und beherrschte die meisten Tänze der Sieben Satrapien. Sie liebte Musik, spielte das Gamshorn und konnte sich selbst zum Gesang auf der Psantria begleiten. Doch nichts von dem, was sie gelernt hatte, half ihr jetzt. Hier gab es keine Struktur, keine Hierarchie, keine Ordnung, die sie leiten konnte.
    Sie sollte eigentlich noch immer auf einem Schiff sein. Sie sollte sich mit einem Spion der Chromeria getroffen haben, lange bevor sie so weit ins Landesinnere von Tyrea kam. Er sollte sie den Fluss hinauf zu König Garaduls Armee führen und ihr eine Tarnung geben, die sie in die Armee bringen würde, ohne getötet zu werden. Stattdessen war sie tropfnass, allein und weniger als einen Tagesmarsch von dieser Armee entfernt, ohne Einführung, ohne Karte, ohne Richtlinien, ohne Plan. Gavin und sein Bastard waren keine fünf Minuten zuvor flussabwärts verschwunden.
    Ich werde tollkühn. Das Rot zerstört mich.
    Karris wrang ihren schweren, schwarzen Wollumhang aus und begann nach einer Stelle für ein Lager Ausschau zu halten. Auf dem Hang, auf dem sie sich befand, standen unzählige Eukalyptusbäume, die die Luft mit ihrem Duft erfüllten, dazwischen höhere Pinien, die die harten Strahlen von Orholams leuchtendem Auge milderten. Sie brauchte nur einige Minuten, um eine anständige, zum größten Teil von Gebüsch verdeckte Stelle zu finden. Dann sammelte sie Holz und errichtete daraus eine kleine Pyramide. Sie gab sich nicht

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