Schwarzes Verlangen
sie sich auf und spürte die leisen Schmerzen der leidenschaftlichen Nacht, als sie sich ihrem Ehe… dem Kerl zuwandte, mit dem sie schlief. Pures Entsetzen überrollte sie. „Kane. Du blutest.“ Seine Schulter … Dort prangte eine offene Wunde, durch die sie Muskeln und vielleicht sogar Knochen sah, und ein tiefroter Strom ergoss sich daraus auf das Laken.
„Was ist los?“, fragte er schläfrig, benommen.
„Du blutest. Ich hab auf dich geschossen, und wir dachten beide, ich hätte dich verfehlt, aber wir haben uns geirrt, denn du blutest.“
So wie sie musste er erst ein paarmal blinzeln, bevor er die Augen aufbekam. Ein träges Grinsen lag auf seinem Gesicht.
„Du bist die ganze Nacht bei mir geblieben.“
„Hör mir doch mal zu. Du bist verletzt. Ich hab dich angeschossen.“
„Nein, du hast mich verfehlt. Katastrophe hat die Kugel irgendwie aus der Wand geholt und selbst einen Versuch gestartet. Er hat’s geschafft. Aber zum Glück ist die Kugel glatt durchgegangen. Also, hast du den Teil mitbekommen, wo es darum ging, dass du die gesamte Nacht mit mir verbracht hast?“
„Du wurdest angeschossen, während ich geschlafen habe, und hast es nicht fürnötig gehalten, mich zu wecken?“
„Du hattest die Erholung dringend nötig. Ich wollte dich ungern stören.“
Wie konnte er so entspannt mit ihr diskutieren, während er am Verbluten war? Sie sprang aus dem Bett und rannte ins Badezimmer, um einen Zahnputzbecher mit Wasser zu füllen und ein paar saubere Waschlappen zusammenzusuchen. Als sie zurückkam, hatte er sich bereits auf den Rücken gedreht und auf den Kissen ausgebreitet, männliche Befriedigung in ihrer reinsten Form. Sie machte ihn sauber, so gut es ging, und drückte auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen.
„Du hättest es mir sagen sollen“, schimpfte sie.
„Ich war mit der Welt im Reinen und wollte nicht, dass sich irgendetwas ändert.“
„Tja, nun ja. Es tut mir leid, dass ich versucht hab, dich umzubringen“, gestand sie seufzend.
„Das muss es nicht. Ich hatte es verdient.“
„Nein, hattest du nicht.“ Sie riss ein Stück vom Laken ab und funktionierte den Stoffstreifen zu einer Armbinde um, mit der sie seine Schulter verband. „Was du mit dieser Frau getan hast, Kane …“
„Ich weiß, Tinky Dink“, sagte er traurig. „Ich weiß.“
Tinky Dink. Ein neuer Spitzname. Schmerzhaft zog sich ihr Herz zusammen. „Du hast es für mich getan, das verstehe ich schon, aber es tut trotzdem weh.“
„Das wird nie wieder vorkommen, das gelobe ich feierlich, was auch immer Katastrophe tut oder sagt. Du bist die Einzige, die ich will, die Einzige, mit der ich je schlafen werde.“ Es folgte eine angespannte Pause. „Bleibst du bei mir?“, fragte er leise.
Würde sie das? Noch immer strömte der Schmerz durch ihre Adern. Kane hatte ihr gehört. Er hatte sich für sie entschieden, sie mehr als alle anderen gewollt. Endlich hatte sie jemand anderem als ihrer Mutter etwas bedeutet. War nicht länger ein Nichts gewesen. Sie als Magd und Blutsklavin wurde plötzlich von jeder Fae-Frau beneidet – und wahrscheinlich sogar von einigen Männen. Doch wer würde eine Betrogene beneiden?
Er behauptete, er würde es nicht wieder tun, genau wie es über die Jahre Tausende Männer Tausenden Frauen gegenüber beteuert hatten.
Letzte Nacht hätte sie ihn vielleicht noch verlassen können. Doch womit der Dämon hatte Schaden zufügen wollen – die Kugel –, hatte in ihr stattdessen wieder zarte Gefühle für Kane an die Oberfläche geholt. Ihn dort in dieser Blutlache liegen zu sehen und vor Augen zu haben, dass sie ihn fast verloren hätte …
Ich bin nicht bereit, ihn zu verlieren.
Falls – wenn – der Dämon wieder aufmuckte, würden sie sich noch einmal mit diesem Thema befassen müssen. Bis dahin …
„Ich bleibe.“
28. KAPITEL
Kane gab eine Bestellung beim Zimmerservice auf. Nachdem Tink und er in etwa ihr Gewicht in Hamburgern und Fritten verdrückt hatten, verbrachte er den Rest des Tages damit, ihr beizubringen, wie sie mit den Fäusten, mit Klingen und mit Kugeln gegen die schlimmsten und übelsten Bedrohungen ankämpfen konnte. Seine Schulter schmerzte ihn ein wenig, doch davon ließ er sich nicht aufhalten. Sie war eine exzellente Schülerin, ein Naturtalent – was an sich kaum überraschend war, immerhin hatte sie sich ohne jegliche Ausbildung aus der Hölle freigekämpft. Aufmerksam hörte sie zu und übte voller Elan, und was ihr an Kraft fehlte,
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