Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
Vom Netzwerk:
den leeren Parkplatz und stand kurze Zeit später vor der Halle. Die Rolltore waren heruntergelassen, das Gelände war wie der Parkplatz verwaist. Ich nahm den Waldweg in Richtung Waldspielplatz und ließ das Gebäude zunächst rechter Hand liegen. Nach wenigen Metern verließ ich ihn jedoch und drehte mich um 90 Grad nach rechts. Zwischen mehreren Hecken konnte ich den Hintereingang der ›Waldfesthalle‹ erkennen. Dort wurden normalerweise die Getränke angeliefert. Außer mir und einem Eichhörnchen, das sich vorwitzig in meine Nähe getraut hatte, bevor es blitzschnell einen Baum hinaufflitzte, konnte ich auch hier keine weiteren Lebensformen erkennen. An der Stahltür angekommen, zog ich einen Schlüsselbund mit Spezialschlüssel aus meiner Hosentasche. Obwohl dies allgemein abgestritten wurde, mit meinen rund zwei Dutzend Schlüsseln war es möglich, fast jede  beliebige Tür, die ein Zylinderschloss besaß, zu öffnen. So gut wie jede Polizeidirektion und selbst die meisten größeren Schlüsseldienste verfügten über solch ein Set. In der internen Fachsprache wurde es ›Open-all-Set‹ genannt. Klar, dass Informationen über diese Sets niemals an die Öffentlichkeit kommen durften.
    Ich weiß nicht warum, aber ich drückte testweise zuerst einmal die Klinke nach unten, bevor ich mir die Mühe machen wollte, einen der Schlüssel auszuprobieren. So richtig verwundert war ich nicht, als die Tür sich sofort öffnete. Na ja, dachte ich mir und ging hinein. Im großen Aufenthaltsraum befanden sich vier Bierzeltgarnituren und mehrere Kühlschränke. Eine Tür führte in den Ausschankbereich, der sich über zwei Drittel der kompletten Hallenbreite hinzog. Die Theken konnten Segmentweise mit Rollläden von der Halle abgetrennt werden. So konnte man sich bei kleineren Veranstaltungen jeweils auf die tatsächlich benötigte Fläche beschränken. Sämtliche Jalousien waren geschlossen. Mittels einer Metalltür konnte man vom Thekenbereich in die Halle gelangen. Sie stand wie ein Wegweiser weit offen. Jetzt war ich kurz vor dem Ziel. Das hoffte ich zumindest.
    Die riesigen Deckenstrahler waren alle eingeschaltet. Auch das verwunderte mich nun keineswegs. Mir war inzwischen klar, dass ich nicht allein in diesem Gebäude war. Die Halle war leergeräumt, anscheinend wurden nach jeder Veranstaltung die Bierzeltgarnituren entfernt. Mitten im Saal, ungefähr 20 Meter von der erhöhten Bühne entfernt, stand ein runder Bistrotisch. Ich konnte es von meinem Standpunkt nicht genau erken nen, doch irgendetwas Kleines lag darauf. Ich wusste, dass das, was ich hier tat, gefährlich war. Genau deswegen wollte ich nicht in blinden Aktionismus verfallen. Ich beobachtete zunächst mehrere Minuten die Szenerie. Da nichts passierte, ging ich langsam in Richtung Bühne. Doch dort herrschte ebenfalls gähnende Leere. Warum stand nur der Tisch mitten im Raum? Es war klar, dass irgendwer wollte, dass ich mich zu ihm begab. Ich tat ihm den Gefallen. Der Gegenstand, den ich dort vorfand, war eine Schachtel ›Croupison‹. Ich nahm sie in die Hand und las den Aufdruck ›rezeptpflichtig‹. Na ja, wenigstens etwas. In diesem Moment veränderte sich etwas im Saal. Es dauerte eine Weile, bis ich registrierte, dass die Beleuchtung über der Bühne ganz allmählich im Zeitlupentempo zurückgefahren wurde.
    Jetzt gehts los, dachte ich und wurde nicht enttäuscht. Ein Mensch stand auf der fast vollkommen dunklen Bühne. Ich konnte lediglich seine schattenhaften Umrisse erkennen. Mir war klar, dass er wusste, dass ich ihn bemerkt hatte. Jetzt war meine Intuition gefragt. Ich eröffnete den hoffentlich stattfindenden Dialog: »Sie brauchen sich nicht zu verstecken, Professor Zynanski. Auch wenn ich Sie nicht erkennen kann, weiß ich, dass Sie es sind.«
    Ein lautes und dumpfes Gelächter war die Antwort. »Hohoho, sind Sie da so sicher, Palzki? Sie haben mir die Eröffnung unseres Duells kaputtgemacht. Ich hatte mir einen so schönen Empfang für Sie ausgedacht. Der Empfang Ihres Lebens, hahaha. Und zugleich Ihr letzter.«
    Provozieren war heute mein Leitspruch. »Haben Sie sich nicht so, Professor. Sie können ruhig runterbekommen , ich bin allein. Sie brauchen sich nicht so ängstlich zu verstecken wie bei Frau Dipper.«
    »Ich und ängstlich?«, brüllte mein Gegenüber. »Wenn ich wollte, wäre unser Gespräch in einer Sekunde erledigt! Ich muss durch Sie zwar meinen Plan ändern, jedoch nur um Nuancen. Ich komme runter zu Ihnen. Wenn Sie sich

Weitere Kostenlose Bücher