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- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken

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Titel: - Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Radloff
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nebenan trauen. Und für so einen gibst du dich her!«
    Stephans konnte seinen Geduldsfaden reißen hören. »Fang bitte nicht wieder damit an, Mutter. Ich bitte dich lediglich, dein Pad mitzunehmen, wenn du das Haus verlässt. Ist es zu viel verlangt, dass du dich an die Gesetze hältst?«
    »Ich wehre mich bloß dagegen, schikaniert zu werden.«
    »Wenn du glaubst, schikaniert zu werden, dann richte deinen Protest an die richtige Adresse, aber lass Conny und mich damit zufrieden.«
    »Wer arbeitet denn in dem Ministerium, aus dem die ganzen Gesetze stammen? Doch wohl der Herr Kommissar. Und meine Schwiegertochter keift mir nicht wegen eines teuren elektronischen Spielzeugs die Ohren voll, sondern weil ich mich weigere, einen kugelsicheren Helm zu tragen. Damit bin ich ihren Kindern ein schlechtes Vorbild, sagt sie. Wo leben wir denn, im Wilden Westen?«
    »Conny hat zu diesem Thema nun einmal andere Ansichten als du. Warum könnt ihr nicht vernünftig darüber reden?«
    »Sag das nicht mir. Ich bin jedenfalls nicht dazu verpflichtet, mir mit diesem hässlichen Ding täglich aufs Neue die Frisur zu ruinieren.«
    »Du kannst einer Mutter kaum vorwerfen, ihre Kinder beschützen zu wollen.« Stephans biss sich auf die Zunge, aber es war zu spät.
    »Das sagt der Richtige. Ich habe wieder und wieder versucht, dir die Stelle im Ministerium auszureden. Aber du wusstest es ja besser.«
    »Hättest du lieber das Haus verloren?«
    »Ich hätte es gar nicht erst verpfändet.«
    Stephans schloss die Augen und zählte langsam bis zehn. Er hatte diesen Streit satt. Sie hatten ihn viel zu oft ausgetragen, und jedes Mal zog er den Kürzeren. Es war ihm selbst ein Rätsel. Er hatte Mörder dazu gebracht, ihre dunkelsten Sünden zu gestehen, er hatte Verzweifelte vom Selbstmord abgehalten, sogar Conny konnte er um den Finger wickeln, wenn es darauf ankam. Nur gegen seine Mutter kam er nicht an.
    »Ich bitte dich«, unternahm er einen letzten Anlauf. »Ich habe einen durchgearbeiteten Samstag hinter mir und muss mich dringend ausruhen. Lass uns einen Handel abschließen«, schlug er rasch vor, ehe sie eine spitze Bemerkung machen konnte. »Du hast ab sofort dein Pad in der Handtasche, und zwar freiwillig und ohne Ausnahme. Im Gegenzug sorge ich dafür, dass Conny dich wegen des Helms in Ruhe lässt. Abgemacht?«
    Eleonores Schweigen stellte seine Geduld auf eine harte Probe. Er war schon im Begriff, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, als sie endlich einwilligte. »Meinetwegen.«
    Stephans atmete erleichtert aus. Sie beugte sich vor und tätschelte seine Hand. »Du siehst müde aus, Hanno. Bist du sicher, dass die viele Arbeit dir gut tut?«
    »Das lass mal meine Sorge sein.«
    Er entzog ihr seine Hand, sodass nur noch ihre auf dem Siemens ruhte. Murrend zog sie es zu sich heran. »Schon gut. Man wird wohl noch etwas sagen dürfen.«
    Er hatte die Türklinke schon in der Hand, als er sich noch einmal umdrehte. »Montag rufe ich bei deinem Blumenladen an. Von meiner Dienstnummer. Danach werden sie es sich überlegen, ob sie deinetwegen nochmal die Polizei rufen.«
    »Wie? Ja, danke.« Sie war schon wieder am Mischen. »Seht ihr euch nachher Gianna und Gäste an?«
    »Ich weiß nicht. Wirst du es gucken?«
    Sie verzog das Gesicht. »Bin ich verrückt? Wenn ich nur Westphals Visage sehe, bin ich schon auf hundertachtzig.«
    »Na ja, ein paar Minuten werden wir wohl reinschauen. Immerhin ist er mein oberster Dienstherr.« Und außerdem konnte er so den Abend mit Conny alleine genießen. Er musste bei ihr nur noch die Wogen glätten.
    Conny lag auf dem Bett und sah nicht auf, sondern tat so, als interessiere sie sich brennend für die Seifenoper auf ihrem Pad. Der Fernseher an der Wand war dunkel. Stephans überlegte, wann sie ihn das letzte Mal benutzt hatten. Es musste Jahre her sein. Trotzdem hatte er noch nie daran gedacht, das Gerät abzuschaffen.
    Er setzte sich neben Conny und nahm ihr sanft das Pad aus der Hand. Sie runzelte die Stirn, dann begann sie, ihrem Zorn auf ihn Luft zu machen. Stephans beging nicht den Fehler, sich zu verteidigen oder zu rechtfertigen, sondern sprach mit Conny wie mit einer Geiselnehmerin. Er ließ sie reden, unterbrach sie nicht und widersprach nicht. Manchmal machte er eine kurze Bemerkung, in der er sich in Sätzen zu seiner Schuld bekannte, die er stets ohne die Wörter »nein« und »nicht« formulierte. Wenn sie eins brauchte, reichte er ihr ein Taschentuch. Das Schwierigste war, nicht mit den

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