- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
auf Ihre eigenen Leute geschossen?«
»Ich habe einen Warnschuss abgegeben. Ich hätte es mit freundlichen Worten versucht, aber ich kam nicht durch. Jemand schrie wie am Spieß, wissen Sie.«
Nach einem Blick von Westphal fügte Stephans weniger scharf hinzu: »Der Schuss ging selbstverständlich in die Decke.«
»Das lasse ich überprüfen«, versicherte Littek. »Haben Sie den Waffengebrauch wenigstens ordnungsgemäß zu Protokoll gebracht?«
»Ich hatte Wichtigeres zu tun.«
»Kommissar Stephans, Sie sollten mittlerweile gelernt haben, dass wir uns hier im Ministerium an gewisse Regeln halten, über die Sie sich nicht einfach hinwegsetzen können.«
Littek sagte noch mehr, aber das Brummen im Schädel des Kommissars übertönte die Worte, so wie Mephs Schreie den lachenden Extraktionsmann übertönt hatten. Gestern hatte er bis spät in die Nacht gearbeitet und sich für den heutigen Tag gewappnet. Mephs Freilassung hatte Littek nicht im Geringsten geschmeckt, was ihn offenbar dazu bewogen hatte, den Kommissar noch in der Nacht zu verpetzen. Stephans war gerade erst zu Conny unter die Decke gekrochen, als ihn sein Pad schon wieder aus dem Schlaf riss: Büro Westphal hier, der Herr Minister wünscht, Sie zu sprechen, in einer Stunde, klick. Stephans war so zerschlagen gewesen, dass er beinahe die Augen wieder zugemacht und seinen Dienstherren einen guten Mann hätte sein lassen.
Jetzt saß er in Westphals Büro, hatte drei Aspirin gefrühstückt, die nicht wirkten, und einen Kaffee, der ihn sauer aufstoßen ließ. Es war sieben Uhr vierzehn, und Stephans fühlte sich wie die Knautschzone eines Unfallwagens. Littek sah wie immer geleckt aus. Das war in Ordnung, schließlich war er deutlich jünger. Ärgerlich war, dass auch Westphal frisch und ausgeruht wirkte.
Es war still geworden. Westphal musterte ihn, und Littek sagte: »Hören Sie überhaupt zu, wenn ich mit Ihnen rede?«
Mit einem stummen Fluch ging Stephans zum Angriff über. »Mit Verlaub, Herr Staatssekretär, ich versuche Ihnen seit gestern begreiflich zu machen, dass Mitarbeiter dieses Ministeriums eine Straftat begangen haben. Für unerledigten Papierkram können Sie mich auch später noch abkanzeln. Im Moment haben wir ganz andere Probleme.«
»Und welche sind das?«, fragte Westphal.
Stephans erwiderte seinen forschenden Blick. Er war dem Minister ein oder zwei Mal im Fahrstuhl begegnet, aber mehr als Floskeln hatten sie dabei nicht ausgetauscht. Für ihr erstes richtiges Gespräch wäre der Kommissar gern in besserer Verfassung gewesen. Er spülte sein Unwohlsein mit einem Schluck Kaffee hinunter und sagte: »Herr Westphal, unsere Extraktionen werden nicht von Beamten des IKM oder der Bundespolizei durchgeführt, sondern von der Ritter AG, einem privaten Dienstleister. Ich nehme an, das ist eine Maßnahme, um das Budget des Ministeriums zu entlasten.«
»Unter anderem. Als ehemaliger Kriminalpolizist werden Sie die Größenordnung kennen, in der sich die Kosten für bundespolizeiliche Einsätze bewegen. Die Firma Ritter spart unserem Haus Beträge in vielfacher Millionenhöhe.«
»Das mag sein, aber den Preis zahlen unsere Verdächtigen.« Stephans deutete auf sein Pad. »Ich habe ein wenig nachgeforscht und bin auf mehr als fünfhundert Beschwerden gegen Mitarbeiter der Ritter AG gestoßen. Seit Anfang dieses Jahres, wohlgemerkt. Fast immer ging es dabei um übermäßige Anwendung von Gewalt. Ich habe den Verdacht, dass das Outsourcing des staatlichen Gewaltmonopols zum systematischen Missbrauch führt.«
»Wollen Sie den Herrn Minister und mich allen Ernstes damit behelligen, dass ein paar Gefährder behaupten, man hätte sie zu grob angefasst?«, knurrte Littek. »Für solche Einzelfälle haben wir keine Zeit.«
»Einzelfälle? Herr Littek, es geht hier um Folter bei jeder dritten Extraktion. Wer weiß, wie hoch die Dunkelziffer ist. Wie viele Einzelfälle braucht es, bis Sie anerkennen, dass die Ritter-Teams außer Kontrolle geraten sind?« Zorn tat gut, stellte Stephans fest. Das Adrenalin machte ihn wach.
»Folter? Dunkelziffer? Jetzt schalten Sie mal einen Gang zurück. Ohne die Leute von Ritter könnten wir unsere gesamte Exekutivabteilung dichtmachen. Unser Sicherheitsauftrag bringt bedauerlicherweise für die eine oder andere Person Unannehmlichkeiten mit sich. Lernen Sie, damit umzugehen.« Litteks geheucheltes Mitleid war so geschmacklos wie fleischfarbene Helme.
»Ich habe den Mikrowellenstrahler beschlagnahmt, mit dem
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