- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
erstaunt fest.
Meph presste die Lippen aufeinander.
Das Pad summte. Ohne nachzudenken nahm Stephans den Anruf entgegen und sah gleichzeitig auf die Uhr. Halb eins durch. Er arbeitete jetzt seit 16 Stunden. »Schatz, eine halbe Stunde noch. Ich bin fast fertig.«
»Das freut mich zu hören«, erwiderte eine Männerstimme.
Schlagartig verflog Stephans Müdigkeit. Er setzte sich auf und stieß dabei den Becher um. Kalter Kaffee spritzte über seine Hosenbeine. »Herr Littek. Bitte entschuldigen Sie. Ich dachte, ich spreche mit meiner Frau.«
»Das will ich hoffen.« Litteks Projektion flimmerte bläulich, und sein Blick ging knapp an Stephans vorbei. Der Kommissar rätselte, ob Littek damit Missachtung oder Desinteresse ausdrücken wollte.
»Also?«, sagte Littek.
»Also was?«
»Weswegen wollten Sie mich sprechen?«
»Oh, natürlich.« Stephans fuhr sich mit zwei Fingern über die Augen, bis er rote Kreise aufblitzen sah. »Also, wie Sie meiner Nachricht entnehmen können, bin ich heute Zeuge geworden, wie ein externes Team einen jungen Mann mit einer Raygun misshandelt hat. Es war schrecklich.«
»War das Opfer ein Angestellter des IKM?«
»Nein. Der Zwischenfall ereignete sich im Rahmen einer Extraktion.«
Littek merkte auf. »Sprechen Sie von dem Gefährder aus Flug 799?«
»Ja. Warum fragen Sie?«
»Er ist ein hochkarätiger Verdächtiger. Unsere beste Spur seit Langem. Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Vermasseln Sie den Fall nicht.«
»Effenberger ist der Grund, warum ich noch hier sitze.«
Stephans wollte einen Schluck Kaffee nehmen und griff ins Leere. Er war froh darüber. Von zu viel Instantkaffee klebte seine Zunge am Gaumen. Er wünschte sich ins IKM. Der Architekt des Ministeriums hatte die moderne Grundregel für öffentliche Bauten befolgt, derzufolge in jeden Flur eine Espressomaschine gehört. Nur Stephans steckte im Verhörzentrum IV fest, einer leer stehenden Plattenbausünde in Hellersdorf, wo der Strom aus dem Generator kam und das Wasser aus Kanistern, damit der Schein gewahrt blieb, dass das Gebäude leer stand.
»Gut. Halten Sie mich über den Fall auf dem Laufenden.« Littek machte Anstalten, aufzulegen.
»Warten Sie. Was gedenken Sie, in der Angelegenheit zu unternehmen?«
»Ist er verletzt?«
»Der Gefährder? Nein, aber …«
»Dann ist die Sache erledigt.«
»Bitte? Ein Extraktionsteam foltert einen Extrahierten, und Sie gehen einfach zur Tagesordnung über?«
»Sie sagten doch, er ist nicht verletzt. Gewaltanwendung im Rahmen der Extraktion oder Prozessierung einer Zielperson ist zu überprüfen, wenn erkennbare Verletzungen zurückbleiben. So steht es in den Dienstvorschriften. Und soweit ich weiß, hinterlässt ein Mikrowellenstrahler keine bleibenden Spuren.«
DV/438i kam Stephans wieder in den Sinn. Mit gerecktem Kinn sagte er: »Verzeihung, Herr Littek, aber ich glaube, dass Ihre Dienstvorschriften der Schwere dieses Falles nicht gerecht werden. Wenn Sie gesehen hätten, wie …«
»Kommissar Stephans, Sie täten gut daran, die Dienstvorschriften schätzen zu lernen. Dieselben Vorschriften, die Sie jetzt beklagen, werden Sie morgen möglicherweise schützen. Es kann leicht geschehen, dass Sie einen Gefährder fortgeschrittenen Verhörtechniken unterziehen müssen, um sämtliche Informationen aus ihm herauszuholen. Sie wissen ja, Schweigen gefährdet Leben«, fügte er mit einem dünnen Lächeln hinzu.«
»Herr Littek, wenn Sie mich soeben durch die Blume dazu aufgefordert haben, Martin Effenberger unter Anwendung von Gewalt zu verhören, dann lassen Sie mich in aller Deutlichkeit entgegnen, dass ich das nicht tun werde.«
»Und warum nicht, wenn ich bitten darf?«
»Unter anderem darum, weil ich ihn vor einer Stunde auf freien Fuß gesetzt habe.«
///8
Durchscheinend wie eine Rauchwolke bäumte sich der Körper gegen seine Fesseln auf. Die Lautsprecher quäkten: »Ich kooperiere doch, ich kooperiere doch!« Dann verschwammen die Worte zu inkohärentem Geheul. Die Projektion krümmte sich wie ein getretener Wurm, und Stephans glaubte, über Mephs Geheul hinweg das Lachen seiner Folterer hören zu können. Es kostete ihn Überwindung, den Clip bis zum Ende abzuspielen.
Als es vorbei war, sagte er: »Meine Herren, Sie wurden soeben Zeuge, was man Martin Effenberger gestern angetan hat. Und es ist nur eine Aufzeichnung. Ich war live dabei. Der Schuss, der kurz vor Ende zu hören war, kam aus meiner Dienstwaffe.«
Littek sah alarmiert auf. »Sie haben
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