- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
Ihnen freiwillig Zugang zu ihrem Pod, und hinterher werden Sie sogar noch bezahlt. Des Weiteren denke ich, dass Sie als Datenkurier arbeiten. Ich weiß nicht, wie viele Schwarzspeicher Sie schon ins Land gebracht haben, und es spielt auch keine Rolle, denn jetzt sitzen Sie tief in der Scheiße. Wenn Sie sich das Schlimmste ersparen wollen, dann fangen Sie an zu reden.«
Meph starrte ihn mit offenem Mund an. Man musste ihn verwechselt haben. Gleich würde die Tür aufgehen, ein Beamter käme mit zerknirschter Miene herein und würde das Missverständnis aufklären: Tut uns leid, wir suchen gar nicht Sie, sondern jemand anderen, der auch Meph heißt und Poddesigner ist. Hier haben Sie Ihr Pad zurück, nichts für ungut. Und Meph würde nicken und ohne ein weiteres Wort verschwinden, ehe sie es sich doch wieder anders überlegten.
Aber die Tür blieb geschlossen.
»Wem haben Sie den Chip gegeben?«, wiederholte Stephans. »Mit wem stehen Sie in Kontakt?«
»Ich stehe mit niemandem im Kontakt«, murmelte Meph. »Ich kenne gar keine Schattenmenschen. Ich verstehe nicht, was …«
»Sie leugnen also, dass Sie über einen anonymisierten Kanal regelmäßig mit nicht identifizierten Parteien kommunizieren?«
»Was? Natürlich leugne ich das.« Es wurde immer absurder.
Im nächsten Moment kreischte er panisch auf. Stephans hatte ihn am Kragen gepackt und über den Tisch zu sich herangezogen. » Compadre ! Jeden Samstag, seit zwei Jahren. Tust du nur so oder bist du wirklich so blöd?«
Meph wand sich in Stephans Griff. »Lassen Sie mich los! Ich bin nicht der, den Sie suchen! Samstags habe ich gar keine Zeit, da spiele ich Thought Police !«
» Thought Police ? Was ist das?«
»Ein Spiel! Es ist ein Spiel!«
Stephans gab ihn frei, aber seine Fäuste blieben zum Zupacken bereit. Meph wich so weit vor ihm zurück, wie es der am Boden festgeschraubte Stuhl erlaubte. »Ein Spiel?«, fragte Stephans.
»Es ist ein Rollenspiel«, keuchte Meph. »Man spielt es gemeinsam und besteht Abenteuer und so.«
»Ich weiß, was ein Rollenspiel ist, ich habe schon Ultima gespielt, als du noch ein Eintrag in einem textbasierten Flirtforum warst. Aber dafür braucht man keine anonyme Direktverbindung.«
» Thought Police ist kein Computerrollenspiel, wie Sie es kennen. Es funktioniert ganz ohne Grafik, nur mit Worten. David hat die Software geschrieben. Sie verwendet Compadre , um einen Sprachkanal aufzubauen.«
»Nur Ton? Kein Bild?«
»Ja. Alles findet hier drin statt, in den Köpfen.« Meph tippte sich an die Stirn.
»Und an sämtlichen Aufzeichnungssystemen des IKM vorbei. Aber jetzt wirst du vermutlich sagen, das wusstest du nicht.«
» Compadre verwendet keine Verschlüsselung. Es fällt nicht unter das Schwarzspeichergesetz.«
»Gut«, knurrte Stephans, »nehmen wir einmal an, du sagst die Wahrheit und es ist wirklich nur ein harmloses Spiel, das ihr da jede Woche veranstaltet. Warum ruft ihr euch nicht einfach gegenseitig an? Wenn ihr kein Bild wollt, könnt ihr eure Kameras abdecken oder ausschalten.«
Meph zuckte die Achseln. »Davids Software tut das, was wir wollen. Never change a running system. «
»Hast du diesen David je gesehen oder persönlich getroffen?«
»Nein.«
»Wer ist sonst noch beteiligt?«
»Sie heißen Ben und Agnes. Beide sind Friends von mir. Sie können das in meinem MyLife-Profil überprüfen.«
»Das werde ich tun, verlass dich drauf. Worum geht es überhaupt bei diesem Spiel?«
» Thought Police ? Es ist eine Art düstere Zukunftsvision. Ein Neurovirus hat die Menschheit infiziert und dazu gebracht, die Erde und sich selbst zu vernichten. Die letzten Überlebenden haben sich hinter den Mauern Neoberlins verschanzt, und damit der Neurovirus sie nicht ebenfalls erwischt, kontrolliert der Oberste Direktor ihre Gedanken. Und wir, äh …« Meph leckte sich über die Lippen. »Also, wir spielen Widerstandskämpfer, die ihn, äh, stürzen wollen.«
»Ihr spielt Schattenmenschen«, präzisierte Stephans.
»Widerstandskämpfer«, beharrte Meph. »Es ist nur ein Spiel, weiter nichts. Ich habe nichts gegen Westphal. Im Gegenteil. Wenn er als Kanzler kandidiert hätte, hätte ich ihn gewählt.«
»Was du nicht sagst. Wie hast du diesen David kennengelernt?«
»Ich sagte ja schon, dass ich an Open-Source-Programmen mitgearbeitet habe. Im Compadre -Forum gab es eine Diskussion über Pen-and-Paper-Rollenspiele. Ich sagte, das Prinzip klingt so antiquiert und random, dass ich Lust hätte, es mal
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