- Schwarzspeicher - Du kannst dich nicht verstecken
die Türklinke gefunden, als das Licht anging. Blinzelnd drehte er sich um. Rebekka stand mit verschränkten Armen in der Schlafzimmertür. »Wenn du dich mitten in der Nacht hinausschleichen willst, solltest du nicht so viel Lärm machen.«
»Sehr witzig.« Er nutzte die Gelegenheit, um seinen Rucksack abzustellen und Weste und Jacke zuzumachen.
»Wo willst du hin?«
»Es ist sicherer, wenn du das nicht weißt.«
»Das heißt, du hast keine Ahnung.«
Er versuchte, cool zu bleiben, aber Rebekka ließ sich nicht täuschen. Es ärgerte Meph, dass sie ihn so leicht durchschaute. »Und wenn schon«, sagte er. »Das ist nicht dein Problem.«
»Ich konnte nicht schlafen«, gestand sie plötzlich.
»Ach, nein?«, sagte Meph kurz angebunden.
»Ich habe nachgedacht. Im Grunde hast du nur eine vernünftige Wahl: Du musst dich stellen. Alles andere ergibt keinen Sinn. Wer unschuldig ist, hat nichts zu befürchten. Das IKM schützt uns, und Schweigen gefährdet Leben.« Sie sagte es fast flehend.
»Du glaubst also immer noch daran?«
Sie suchte nach Worten, so wie er im Dunkeln die Türklinke gesucht hatte. »Ich … Ich weiß es nicht. Ich meine … Die haben meine Karriere ruiniert. Sie foltern dich, erschießen Cassandro und inszenieren eine gigantische Menschenjagd, obwohl du – sei mir nicht böse – einfach nicht das Zeug zum Terroristen hast. Wahrscheinlich hast du recht. An deiner Stelle würde ich mich auch nicht stellen.«
Ein Lächeln stahl sich auf Mephs Gesicht. Rebekkas Worte hatten ihn von der Furcht erlöst, dass er nur gegen Windmühlenflügel kämpfte, gegen eine eingebildete Bedrohung, die niemand außer ihm sehen konnte, weil sie nicht existierte. »Und was würdest du an meiner Stelle tun?«
»Ins Ausland verschwinden«, erklärte sie achselzuckend. »Alles hinter mir lassen.«
Meph verzog das Gesicht. Nach dem Aufwachen hatte er sein Pad zur Hand genommen und sofort wieder zugeklappt, als es automatisch die offizielle Suchmeldung nach seiner Person abzuspielen begann. »Und wenn du keine Chance hast, ihnen zu entwischen?«
»Dann würde ich kämpfen.«
Er seufzte resigniert. »Was kann einer allein denn schon ausrichten.«
Sie sah ihn verwundert an. »Allein? Du hast eine Million Friends!«
Meph fiel die Kinnlade herunter. »Wie bitte?«
»Weißt du das denn nicht? Deine Aktion auf dem Platz des 16. Oktober hat dich zum Star gemacht. Das Netz liebt dich! Ist dir klar, was das bedeutet?«
»Dass ich so schnell wie möglich ein paar Werbeverträge abschließen sollte?«
Rebekka verdrehte die Augen. »Dass du etwas gegen das IKM ausrichten kannst. Du erreichst mehr Menschen als jeder andere. Du kannst diese Macht einsetzen, um die Öffentlichkeit wachzurütteln. Sag ihnen die Wahrheit über Westphal. Sag ihnen, warum Cassandro gestorben ist!«
»Wegen Ephraim«, murmelte er.
»Was?«
»Cassandro wusste etwas, das mit Ephraim und dem Anschlag zu tun hat. Er wollte es mir nicht verraten, aber er sagte, dass er einen Schwarzspeicher versteckt hat, der die Wahrheit enthält.«
»Versteckt? Und wo?«
»Das weiß ich nicht. Aber angeblich kann ich ihn leicht finden.«
»Meph, weißt du, was das bedeutet?«, sagte Rebekka. »Wenn dieser Schwarzspeicher existiert und wirklich Beweise für die Machenschaften des IKM enthält, dann kannst du damit alles verändern. Du kannst Westphal stürzen!« Sie legte die Hand vor den Mund, als könne sie selbst nicht glauben, was sie da gesagt hatte.
Er schüttelte bedächtig den Kopf. »Nein.«
»Nein? Aber …«
»Was du vorschlägst, ist eine Revolution. Aber ich will das nicht. Ich weiß, dass ich nicht das Zeug zum Widerstandskämpfer habe.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das ist eine lange Geschichte. Jedenfalls habe ich nichts gegen Westphal oder das IKM. Ich will bloß, dass man mich in Ruhe lässt.«
»Aber du musst etwas tun. Oder willst du einfach warten, bis sie dich abholen?«
»Ich will bloß mein altes Leben zurück«, stieß er hervor. »Alles soll so sein wie früher.«
Rebekka trat auf ihn zu, und nach einem fast unmerklichen Zögern legte sie ihm eine Hand auf den Arm. »Meph, ich verstehe dich besser, als du denkst. Aber eins musst du mir glauben: Du wirst dein Leben nur dann zurückbekommen, wenn du darum kämpfst. Es gibt keinen anderen Weg.«
Und als Meph sie ansah, wusste er, dass sie recht hatte.
Das Bild wird vollständig von Mephs Gesicht ausgefüllt. Er ist immer noch bleich und ermattet, und die Linien um seinen
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