Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
wo sich der Saristoff verschoben hatte. Zum
Glück trug sie darunter ein T-Shirt im gleichen Rot. »Sauweiber. Euresgleichen hat
der Hitler vergessen, ins Gas zu schicken! Du verhunzt alles, mit deinem
albernen Salon. Salon – pah, wenn ich das Wort schon höre. Wird Zeit, dass
etwas geschieht!« Lahn. Wie dumm von ihr! Wie blind sie gewesen war. Dass sie
seine Stimme nicht erkannt hatte! Sein Blick untersuchte sie wie ein Arzt, dem
ein Patient unter den Händen wegstirbt. Jede seiner Bewegungen signalisierte
Gefahr. Große Gefahr. Lebensgefahr. »Dazu deine Nachforschungen, tsts.« Er
schüttelte den Kopf. Der Mann war irre. »Für große Ziele muss man über Leichen
gehen. Hast du eine Ahnung«, jetzt hatte er ihre Haare gepackt, bog ihren
Schädel nach hinten, damit sie ihn ansehen musste, »wie groß mein Ziel ist? Sie
töten für mich. Das ist bitternötig, die letzten Wochen haben es gezeigt. Die
Mission darf nicht zunichtegemacht werden. Mein Heim ist kein Fraß für
undankbare Viecher. Es gehört mir, mir allein! Und wenn tausend Leute mir
sagen, es ist nicht recht. Es ist mein Zuhause. Es ist«, Berenike sah, wie er
schluckte, »alles, was ich habe.«
»Soll das heißen, du …«, ihre Verachtung für Lahn verbot
ihr jede höfliche Anrede, »dass du die Morde …?«
»Da kommt so ein ausgekotzter Journalist daher und will was
über mein Haus wissen! Wie lange es im Besitz unserer Familie ist!« Lahn kniete
vor ihr. »Der hat die Chuzpe gehabt und mich erpressen wollen. Der Jud hat auch
noch Geld gebraucht! Mein Großvater hat nicht getötet, damit jetzt alles
umsonst ist!«
»Du hast Rabenstein und Donner umgebracht?«
»Kann dir doch nur recht sein, Fotze.« Ein widerliches
Grinsen. »Zumindest bei Zweiterem.« Er lockerte den Griff. Die Gelegenheit
nutzen und schnell den Nacken bewegen. »Zur rechten Zeit darf man nicht zögern.
Wenn alles auf dem Spiel steht.«
»Wie hast du Rabenstein vergiftet? Mit meinem Tee?«
»Natürlich war das Gift im Tee. Ich habe ihn in einem
Flachmann mitgebracht. Da staunst du, was? Seine Tasse habe ich natürlich
mitgenommen und vernichtet.«
»Was hast du mit seinen Fingern gemacht?«
Da war wieder die Eisenklammer. Unmöglich, ihr zu entfliehen.
»Rabenstein war ein Schmierfink. So etwas zu
schreiben …«, er presste die Worte der Reihe nach hervor, als wäre ihm
schlecht. Er spuckte, es sah gallig aus. »Seine Worte waren wie ein Messer in
einer bereits offenen Wunde. Verstehst du das?«
»Mhm.« Mitgefühl zeigen, Berenike! »Und Donner? Warum er?«
»Ich konnte nicht wagen, dass jemand mein Geheimnis
ausplaudert, es zu seinem Vorteil nutzt.«
»Aber ihr seid – standet euch politisch doch nahe?«
»Ja.« Ein Lächeln huschte über Lahns Gesicht, ließ seine Haut
weich wirken wie die eines Kindes. Eines schutzlosen Wesens, das in den Arm
genommen werden wollte. »Aber das war einmal. Donner wäre mir gefährlich
geworden. Hat sich auf die Seite dieses Journalisten geschlagen. Rabenstein hat
den Anwalt eingeweiht, hat alle Informationen über mein Haus bei ihm
hinterlegt.«
»Was ist mit dem Überfall in Wien? Warum ausgerechnet
Rolanda?«
»Ich habe gedacht, es würde dir Freude machen, diese Schnepfe
tot zu sehen.« Er sah sie abwartend an. »Nein?« Er zuckte mit den Achseln.
»Schade.« Seine Kleidung verrutschte, ein Stück heiße braune Haut kam zum
Vorschein. »Die Polizei hätte ihre Mörderin gehabt, alles hätte sich in
Wohlgefallen auflösen können. Aber die Welt ist undankbar. Tja …«
Wie banal alles war. Ein Klumpen in der Brust, wo die Luftröhre
sein sollte. Rolanda tot, nur weil … »Das war alles …«
»… alles mein Plan.« Lahns Lachen wurde lauter.
Gänsehautlachen, das sich in den Ohren festsetzte wie ein grausamer Ohrwurm.
»Ich bin auserwählt.« Kurz lag Schmerz in seinem Blick. Sie wusste, was er
vorhatte. Sie sollte nicht überleben. »Niemand kann mir was anhaben. Es gibt
keine Beweise. Das Töten übernehmen andere für mich. Sie morden in meinem
Auftrag. Weil sie an mich glauben. An meine Botschaft. Unsere Botschaft. Sie
wäre auch deine, da bin ich mir sicher …«
Ein Geruch von Kiefernharz, von brennendem Holz ging von
seiner Haut, seiner Kleidung aus. Sie sah zu dem Mann auf, er war Chabid, war
Lahn. Berenike sah Mordlust, sah Trauer und noch etwas anderes. Eine Sehnsucht,
die sie kannte. Die Sehnsucht, dazuzugehören. Im Arm gehalten zu werden.
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