Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
konnte. Doch bei der Autorengruppe
handelte es sich um besondere Gäste. Sie kannte sie über Alma Behrens, die sie
wiederum bei einer Familienaufstellung kennengelernt hatte. (Das hatte auch
noch nichts gebracht, aber bitte.) Nach und nach waren sie näher ins Gespräch
gekommen, Alma hatte ihr in einem Astro-Coaching gute Ideen für den
Geschäftserfolg geben können. Später war Alma auf der Suche nach einem neuen
Treffpunkt für die Gruppe gewesen. Berenike war gleich Feuer und Flamme gewesen.
Sie war gern Gastgeberin und erhoffte sich Inspiration.
Blöd, dass sich die Schreibenden heute mit dem Teesalon
begnügen mussten. Normalerweise bevorzugten sie den anderen Raum mit seiner
kreativen Atmosphäre. Hoffentlich hatten ihre Stammgäste Verständnis für die
Situation, sie hatten sicher von Rabensteins Tod gehört.
Jetzt musste sie aber
zusehen, dass sie zum Einkaufen kam, Gurken und Baguettes, vielleicht etwas zu
naschen. Schnell zog sie sich um. Danach musste sie noch den Raum herrichten,
Tische zusammenschieben, damit alle genug Platz hatten. Ihr größtes Lob war,
dass einige aus der Schreibgruppe auch einzeln vorbeikamen. Mit Block und
Füllfeder bewaffnet gaben sie ein interessantes Studienobjekt für Touristen
ab – die wiederum von den Autoren in Augenschein genommen wurden. Sie
blätterten gern in Büchern, besonders den Neuerscheinungen, schimpften darüber
und kauften selten. Berenike mochte sie dennoch, sie bemühten sich so
offensichtlich um einen eigenen Weg – trotz zuweilen mörderisch großer
Hindernisse, die ungewöhnlichen Menschen immer in den Weg gelegt wurden.
7
Tee aus drei Sorten Minze
»Hallo, guten Tag?«
Er sah sich um, es wirkte vorsichtig. Berenike bemerkte den
großen Mann mit den lockigen dunkelbraunen Haaren nur, weil sie Schritte hörte.
Eben hatte sie einen anregenden Duft aus der Aromakollektion versprüht. Selbst
Unternehmen setzten heute auf Düfte, um die Arbeitsatmosphäre zu verbessern,
hatte sie neulich gelesen. Sie halfen hoffentlich auch gegen die Energien von
Rabensteins unerwartetem Tod im Raum.
Der athletische Typ sah sich so sorgsam um wie sie. Seit
diesem Todesfall war sie achtsamer als zuvor, jedes Geräusch erschreckte sie.
Der Mann mochte ein wenig älter als Berenike sein. Unter dem engen schwarzen
T-Shirt zeichneten sich Muskeln ab, er hielt sich sehr aufrecht. Ein Mensch,
der wusste, was er wollte. Er trat zur Theke, versuchte in die Küche zu linsen.
Rasch ordnete Berenike die Falten ihres Saris und trat aus dem hinteren Bereich
hervor.
»Guten Abend, kann ich Ihnen helfen?« Nein, sie hatte den
Kerl bestimmt noch nie gesehen.
»Guten Abend, findet hier heute der, hmchm, dieser, na, der
Schreibtreff statt?« Seine Stimme holperte heiser.
Berenike nickte. »Bitte, nehmen Sie Platz, dieser Tisch ist
für die Schreibgruppe vorbereitet.«
»Danke.« Sein intensiver Blick traf Berenike unvorbereitet.
»Ich bin neu«, er räusperte sich, »Jonas Lichtenegger.« Er streckte ihr die
Hand zur Begrüßung entgegen.
»Berenike Roither.« Seine Augen, dunkelgraue Augen. Für einen
Moment verlor Berenike jedes Zeitgefühl.
»Ich habe von der Gruppe in der Ausseerland-Zeitung gelesen.«
Er ließ ihre Hand los. Momentanes Bedauern darüber bei Berenike.
»Da kommt schon Seraphine«, die Tür quietschte, sie musste
sie endlich ölen! »Sie organisiert die Schreibtreffen. Am besten, Sie
besprechen das mit ihr.«
Die braun gebrannte ältere Frau ließ ihren Blick ein paarmal
zwischen Berenike und dem Neuankömmling hin- und herwandern. »Ja, ja, wir reden
später«, bedeutete sie dem Neuling mit Lehrerinnenstimme. Seraphine setzte
sich. Nach einem erfüllten Leben als Bäuerin und Mutter hatte sie eine
Online-Ausbildung im Spiritual Writing absolviert und dann ›Pessoas Erben‹ ins
Leben gerufen. Sie hielt die Leute zusammen, wenn Streit ausbrach. Immer wieder
drohte jemand hitzig, nie wiederzukommen und es in Zukunft ohne diesen blöden
Haufen aushalten zu wollen; einen echten Erfolg hätten die Treffen sowieso
nicht gebracht. Seraphine entkräftete Vorwürfe, einte Streithähne und -hennen.
Man müsse sich als Schreiberling bereits genug abstrampeln, schon gar, wenn man
nicht den Normen der Bestsellerindustrie gehorche. Da brauche man nicht noch
Kolleginnen und Kollegen mit Füßen zu treten.
In Seraphines Schlepptau huschte Gretl Eisner herein,
verwitwete Gasthausbesitzerin aus Bad Aussee. Mit ihrem
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