Schwarzwaldau
möglich werden, wenn der Criminalrichter, an welchen die Meldung des Amtmannes pünctlich abgegangen, erschienen sei. Er selbst glaube den Jäger Sara zu erkennen, obgleich die Farbe der Haare ihn wiederum irre mache und er durchaus keinen Grund finde, warum der junge Mann sich um's Leben gebracht und gerade hier in's Wasser gestürzt haben könne? Wenn es nicht etwa eine noch mächtige, sentimentale Leidenschaft für die selige Agnes gewesen sei!
Caroline ließ sich auf diesen Gegenstand weiter nicht ein: nahm das Ereigniß wie einen allerdings unangenehmen, aber sie und den Gemal weiter nicht berührenden Zufall und verkündete lebhaft, daß sie einem plötzlichen Gelüsten nicht habe widerstehen können, dem gräßlichen Wetter zum Trotze, nach Thalwiese zu fahren und Emil's Wünsche und Bedürfnisse dem Vater vorzutragen. Dieser sei gewonnen und Alles in Ordnung. »Er wird helfen,« sagte sie lebhaft, »und dießmal gründlich. Das verzagte hinter dem Berge Halten hat ein Ende; und ich habe nicht nöthig, (was ich doch nur im äußersten Nothfall thun durfte!) die Sparbüchse zu plündern.«– Emil war außer sich vor Freude und Dankbarkeit. Daß sie, ehe er ausritt, sich ganz entgegengesetzt geäußert, schien er vergessen zu haben. –
Dreiunddreißigstes Capitel.
Die ärztliche Erklärung über einen im Mühlgraben zu Schwarzwaldau gefundenen männlichen Leichnam lautete dahin, ›daß der Entseelte allem Vermuthen nach gewaltsam vom Leben zum Tode gebracht worden sei. Ein heftiger Schlag mit einem stumpfen Instrument, wahrscheinlich mit einem metallenen Stockknopfe nach der Schläfe geführt, schien, wenn auch nicht absolut tödtlich, doch eine dem Tode ähnliche Betäubung veranlaßt zu haben. In solchem Zustande hatten der (oder die) Mörder den vermeinten Leichnam in's Wasser gestoßen. Dadurch mag der Ohnmächtige noch einmal zur Besinnung gekommen sein und das Bestreben gezeigt haben, sich am Ufer mit den Händen anzuklammern und zu retten, was seine Gegner verhinderten, wobei ihm mehrere Finger entzweigeschlagen wurden. Offenbar ist das eigentliche Ableben durch Ersticken im Wasser erfolgt.‹
Weiter vermochten Arzt und Wundarzt keine Hypothesen aufzuwerfen und diese eigneten sich durchaus nicht, irgend welche Schlußfolge daraus zu ziehen.
Nicht glücklicher gestalteten sich jene des Criminalrichters. Die Aussagen des Mühlbauers, wie seiner Leute, enthielten nichts, was einem Verdachte auf Einen im Dorfe gleich gekommen wäre; sie hatten den Leichnam gefunden, – weiter nichts. Eben so wenig fand sich am
corpus delicti,
noch in dessen Kleidung ein Fingerzeig. Die Taschen enthielten einige Gold- und Silber-Münzen. Von Papieren gar nichts, außer einem in lederner Brieftasche befindlichen, von einer Amerikanischen Behörde ausgestellten Reise-Zeugniß, welches ursprünglich für einen andern Menschen bestimmt gewesen sein mochte.
Die Meinungen der Dorfbewohner, so wie der Leute vom Schlosse, theilten sich bei der ihnen vorgelegten Frage: ob sie im Unbekannten den Jäger Franz wiederzuerkennen vermöchten? Einige, wie der Revierjäger, der Mühlbauer und auch der Amtmann – (letzterer doch erst, nachdem die Haare durch den Einfluß der Nässe ihre natürliche hellere Farbe wieder bekommen) – sprachen sich dafür aus. Andere, und zwar die Mehrzahl, stellten es entschieden in Abrede. Alle jedoch vereinigten sich in der Versicherung, daß weder dieses, noch ein anderes dem Franz Sara ähnliches Individuum, seit länger als einem Jahre in der Gegend bemerkt worden sei.
Der Einzige, der mit voller Bestimmtheit seinen jugendlichen Büchsenspanner zu erkennen versicherte und sich freiwillig erbot, dieß durch einen Eid zu constatiren, war Emil. Für ihn gab es auch nicht den leisesten Zweifel: Dieses sei der Leichnam seines früheren Dieners Franz Sara, den er, weil Derselbe sich nach ihrer großen Reise, in Schwarzwaldau nicht mehr heimisch gefühlt und ein unleidliches Betragen gezeigt, auf eigene Kosten nach Amerika expedirt habe. Warum der unruhige Kopf zurückgekehrt und wie er zu diesem traurigen Ende gekommen sei? Darauf lasse sich freilich keine befriedigende Antwort ertheilen.
Ueber Aufnahme des Thatbestandes, über der Obduction, den Zeugenverhören, allen Formalien insgesammt war denn wiederum ein düsterer Tag verstrichen. Der Gutsherr lud den Criminalrichter, den Arzt und Wundarzt freundlich ein, bei fortdauernd schlechtem Wetter die Nacht in Schwarzwaldau zuzubringen, was diese
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