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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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annahmen.
    Caroline hatte sich zurückgezogen. Sie ließ sich entschuldigen, weil sie sich unwohl fühle, da die Schrecken des gestrigen Tages jetzt erst ihre Nachwirkung übten. Man fand das sehr begreiflich. Emil entfernte sich auf einen Augenblick und kehrte dann zu seinen Gästen zurück mit der Nachricht: seine Gemalin befinde sich gut, nur sei sie angegriffen, matt und wünsche Ruhe.
    Das Mal war reichlich und verfloß unter lebhaften Gesprächen, zu denen Jeder der Anwesenden seinen Antheil beitrug. Emil besonders zeichnete sich durch Gesprächigkeit aus, erzählte viel von seinen Reisen und brachte vielerlei Umstände in Anregung, die seinen Begleiter betrafen. Es war, als ob er absichtlich immer wieder auf diesen eigenthümlichen Menschen zurückkäme, dem er neben allem Tadel doch auch sehr bedeutende Eigenschaften zuerkannte. Er verschwieg auch nicht, welche Geständnisse Franz ihm damals über den ersten Fehltritt abgelegt, den er als Jüngling begangen und der ihn in's Gefängniß geführt.
    Der Criminalrichter begleitete diese Erzählungen mit dem Antheil eines Mannes von Fach, der gern bereit ist, aus jenem Zusammenleben mit ausgelernten Bösewichtern den Ursprung künftiger Uebelthaten anzuerkennen.
    Der Arzt hingegen wendete seine Aufmerksamkeit mehr dem Erzähler, als dessen Erzählung zu. Er hing gleichsam mit den Augen an Emil's Lippen, von denen er Silbe um Silbe wegzuhaschen schien. Dadurch wurde dieser endlich verlegen. Mehrmals stockte der sonst so gleichmäßige Fluß seiner Rede, er verwirrte sich in den Perioden und griff, durch Nebengedanken zerstreut, wie unwillkürlich, nach einem Spielwerk für seine Hände, was ihm ohnehin schon zur halben Gewohnheit geworden war, wenn er am Schreibtische sitzend, Stundenlang sann und träumte. Dort waren es Federmesser, silberne Bleistifthalter, oder Briefstreicher, die er durch seine Finger gleiten ließ. Hier, wo nichts von diesen kleinen Gegenständen vorhanden, wo nur noch Flaschen und Gläser auf der Tafel standen, verirrten sich die geschäftigen Werkzeuge willenloser Beweglichkeit in die Westentasche und brachten den Schlüssel zu seinem Secretair heraus, an welchem sie ihr Spiel übten. Er hatte, seitdem er in Qual und Wuth Carolinens Mahagonischrank stürmisch geschlossen, diesen Schlüssel nicht mehr beachtet. Jetzt entdeckte er die Lücke am eisernen Barte. Mitten im Sprechen hielt er ein, verblich, raffte sich wieder zusammen, fuhr wieder zu sprechen fort, brach abermals ab und stammelte zuletzt: »ich glaube wahrhaftig, der Wein ist mir zu Kopfe gestiegen?«
    Der Criminalrichter fand in diesem Geständnisse nichts Auffallendes; eben so wenig der Wundarzt. Beide spürten, daß auch sie genug hatten und wußten nicht, ob ihr Wirth nicht vielleicht mehr getrunken, wie sie. Sie stimmten für Abschluß des Tages und für nächtlichen Schlummer. Der Arzt sagte gar nichts dazu.
    Emil machte noch einige schwache Versuche, die Herren beisammen zu halten, die ihm aber nicht gelangen, weil sie nicht ernstlich gemeint waren.
    Die Gäste wurden auf ihre Zimmer geführt.
    Der Arzt kehrte noch beim Criminalrichter ein. »Sie werden,« sagte er, »morgen wohl hier verweilen, denn es wird sich vielleicht Mancherlei für Sie zu thun finden. Ich bin fertig und reise.«
    »Ich ebenfalls, Freund. Was sollte mich noch zurückhalten?«
    »Meines Erachtens, – aber schelten Sie nicht, daß der Arzt dem Rechtsgelehrten in's Fach pfuschen will, – meines Erachtens wäre noch Mancherlei zur Entdeckung des Mörders zu thun!«
    »Des Mörders. Ihr Aerzte seid eigensinnig wie die Pferde. Woher wissen wir denn überhaupt so bestimmt, daß nicht ein Selbstmord vorliegt?«
    »Ich hab' es in meinem Gutachten bewiesen.«
    »Das haben Sie nicht, bester Doctor! Sie haben festgestellt, daß der Kopf durch einen dumpfen Schlag getroffen, daß die Hirnschale verletzt wurde; daß einige Finger geknickt sind, daß der Tod im Wasser durch Erstickung erfolgte. Wozu bedarf es da des fremden Mörders? Reichen wir doch mit dem Selbstmörder aus. Daß dieses ein Mensch gewesen, zu welchem wir uns der That versehen können, leugnet niemand. Auch aus den Andeutungen seines früheren Herrn und Gönners geht es hervor. Er hat sich, des Lebens überdrüssig, vielleicht verfolgt wegen schlechter Streiche, in die kalte Fluth gestürzt; mit dem Kopf ist er heftig auf einen Pfahl gestoßen; die Finger sind zerbrochen, als er im Todeskampfe in die Mühlräder griff, – oder wie Sie sonst

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