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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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wollen. Zu all' diesen Dingen brauchen wir keinen Zweiten.«
    »Das ist ein seltsamer Zwist, den wir da führen. Gewöhnlich macht Ihr Herren von der Justiz uns Aerzten den Vorwurf, daß wir Euch mit Einwendungen in die Queere kommen, die Eure Conjecturen stören, oder durch ›Unzurechnungsfähigkeit‹ gewisse Uebelthäter Eurer Macht entziehen wollen? Hier ist's nun umgekehrt. Hier wittert der Arzt schnöden Mord und der Jurist findet nichts dergleichen. – Nun, in Gottesnamen. Ich habe meine Schuldigkeit erfüllt und weiter in Sie zu dringen, ziemt mir nicht. Sie haben mich wegen meiner Criminal-Psychologie und meinen darauf bezüglichen Studien schon oft geneckt; Sie und Ihre Collegen. Deßhalb schweig' ich. Nur als alter Freund bitt' ich Sie, Ihrer selbst und Ihrer wichtigen Stellung wegen: bleiben Sie morgen noch! Thun Sie die Augen auf! Suchen Sie! – Ich fürchte, Sie haben nicht weit zu suchen!«
    Der Richter blieb allein. »Merkwürdig,« sprach er, »wohin auch die geistvollsten Männer sich bisweilen verrennen, wenn sie auf ihrem Steckenpferde sitzen! Der Doctor, sonst der gutmüthigste Mensch auf Gottes weiter Erde, wäre wahrhaftig capabel, irgend Einem der hiesigen Einwohner auf den Kopf zuzusagen: Du hast den Landstreicher umgebracht, ich les' es in Deinen Zügen! Bloß in Folge seiner psychologischen Phantasieen. – Wer mag es nur sein, den er sich als Opfer auserlesen? Doch nicht etwa gar der Mühlbauer selbst? Oder dessen Bursche? Lächerlich. – Wir wollen morgen noch einmal Mann für Mann in's Gebet nehmen, aber ich bin überzeugt, wir erfahren nichts. Der Kerl hat sich selbst umgebracht und es ist kein Schade um ihn. Ich wüßte Einige seiner Gattung, die durch Ausführung ähnlicher Entschlüsse ihren Mitmenschen sehr gefällig werden könnten.«
     
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    Am dritten Tage wurde die Frau vom Hause wieder sichtbar. Sie ließ sich berichten, welchen Erfolg die gestrigen Untersuchungen gehabt, sprach den Wunsch aus, daß doch nichts versäumt werden möge, was etwa noch in dieser Sache geschehen könne und forderte den Criminalrichter dringend auf, ihnen den heutigen Tag noch zu schenken. Emil stimmte mit ihr überein und wiederholte ihre Bitte. »Es liegt uns unendlich viel daran,« setzte er hinzu, »meiner lieben Frau, wie mir, darüber in's Klare zu gelangen, ob unter den Einwohnern von Schwarzwaldau sich alles Ernstes Mörder befinden? Ein Gedanke, der etwas Beunruhigendes hat und wohl vermöchte, jenen heimischen Frieden zu stören, ohne welchen ländlicher Aufenthalt seinen ganzen Werth verliert. Bisher fühlte ich mich in diesem stillen Dorfe so sicher, vertraute allen unsern Landleuten und ich mag sinnen wie ich will, es ist mir unmöglich nur Einen zu bezeichnen, der irgend welchen ausreichenden Grund gehabt hätte, Franz Sara aus der Welt zu schaffen; nicht Einer im ganzen Dorfe, – außer etwa ich selbst , den er unbezweifelt um Unterstützung angesprochen haben würde, wär' er am Leben geblieben. Ich bin der Einzige, auf den eine solche Muthmassung gerichtet werden könnte und wüßt' ich nicht, daß ich jene Nacht bei meiner theuren Caroline zubrachte; und wäre sie nicht zur Stelle, mir's zu bestätigen, – weiß Gott, ich hielte mich selbst der Mordthat als Nachtwandler für verdächtig; deßhalb bin ich auch sehr geneigt, je länger ich darüber nachgrüble, dem Gutachten des Herrn Doctors entgegen, an Selbstmord zu glauben.«
    »Sie wissen,« erwiderte der Richter, »daß ich diese Ansicht theile.«
    »Um so mehr,« sagte Caroline, »da für sie der verschlossene, trotzige, und dennoch einer tiefen leidenschaftlichen Liebe zugängliche Charakter des Entseelten spricht. Ich erinnere mich sehr wohl auf sein Benehmen, als meine Vorgängerin hier lebte; und wie oft ich diese unter vier Augen geneckt, mit ihrer Eroberung eines sentimentalen Leibjägers, – der nebenbei gesagt, immer Herrn von Schwarzwaldau's Günstling war. Ich sehe die Sache so an: er hat in der Fremde schlecht gewirthschaftet und im Vertrauen auf jene Gunst kam er zurück, einen abermaligen Angriff auf Emil's freigebige Großmuth zu wagen. Er langte in der Nachbarschaft an und vernahm sein ehemaliger Brodherr sei nicht mehr Witwer; eine zweite Gattin walte auf dem Schlosse. Er entdeckte, daß diese Dame dieselbe sei, die ihm schon vor Jahren, bei ihrem Besuche als Mädchen, keine besondere Gunst bezeigt, ihn vielmehr mißtrauisch und spöttisch von der Seite angesehen. Seine Bemühungen, Herrn von

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