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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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damals außer mir.«
    Agnes schwieg dazu.
    Emil sprach. »Ganz vortrefflich! es ist unmöglich schlagender zu antworten, wenn es gilt, eine Oertlichkeit nachzuweisen. Aber nun, da Du kein Russe bist, der aus der Badstube kommt, und da der Schnee, obwohl nur Märzschnee doch auch nicht aus den Blumenblättern von Märzbechern und Schneeglöckchen sich aufbettet, würde ich rathen, Dich wieder mit meinen wilden Thierfellen vertraut zu machen. Wir haben genugsam aus eigener Anschauung genossen, um uns jene Situation zu versinnlichen. Es müßte denn sein, daß Agnes nicht zufrieden wäre, bevor sie Dich wirklich schlafen sieht . . .?«
    »Um Gotteswillen,« rief Agnes, »stehen Sie auf, setzen Sie Sich ein! Ich ängstige mich zu Tode, Sie könnten krank werden!«
    Gustav schüttelte sich den Schnee ab, so gut es ging und nahm dann seinen Platz im Schlitten wieder ein. Agnes fragte ihn unzähligemale, ob er sich auch gewiß nicht verkältet habe? ob er auch gewiß recht warm eingehüllt sei? Und sie gab sich erst zufrieden, nachdem über diese Dinge kein Zweifel mehr obwaltete. Dennoch aber äußerte sie den Wunsch, Gustav möge bald Kleider wechseln und deutete einigemale an, Emil solle die Pferde noch schärfer austraben lassen. Dieser hörte ganz gut, was hinter ihm geflüstert wurde und war schon bereit, diesen Wunsch zu erfüllen; hob schon die Peitsche zu förderndem Antriebe . . . da vernahm er Gustav's Stimme, leise durch den Schall des Schlittengeläutes klagend: »Soll dieß kurze Glück mir durch raschere Fahrt noch verkürzt werden? Mißgönnen Sie mir's?« Und als Agnes darauf nichts mehr erwiderte, ließ Emil die Peitsche wieder ruhen, die Pferde in einen schrittähnlichen Trab fallen, ohne Rücksicht auf den einbrechenden Abend, den er viel mehr aufzusuchen schien; denn er nahm verschiedene Richtungen, fuhr links und rechts ab, bog in Holzwege ein und verlängerte so die Heimkehr um eine volle Stunde.
    Agnes und Gustav merkten es nicht. Sie waren beim Aussteigen im Schloßhofe sehr verwundert, daß es so spät geworden sei.
    »Ich hoffe,« sagte Emil, indem er den harrenden Stallleuten die Zügel zuwarf, »mich als galanter Ehemann bezeigt zu haben? Nicht, Agnes?«
    Diese war bereits in der Vorhalle verschwunden und über die Treppe hinauf – mehr geflogen, als gegangen.
    »Nicht, Gustav?« fuhr er fort; »Du wirst mich loben? Gieb mir mein Schlittenrecht.«
    Gustav warf sich ihm um den Hals, hielt ihn umschlungen und küßte ihn feurig. Dann riß er sich los und stürmte fort, sich umzukleiden.
    Emil knallte noch einigemale mit der Peitsche, ehe er sie dem Stalljungen übergab. Hernach ging er langsam in's Haus und sagte: »Wenn er sie so geküßt hat . . .? Keinesfalls galt dieser Kuß mir ; als redlicher Finder sollt' ich zurückgeben, was nicht mein ist!«
    Mit diesem Gedanken beschäftiget und von einer ganzen Schaar daraus entspringender Gedanken und wundersamer Bilder umschwirrt, nahm Herr von Schwarzwaldau Stufe für Stufe einzeln, bedächtig, deren er sonst ihrer drei auf Eins zu überspringen pflegte. Vor der Thür des Vorzimmers stand Franz.
    »Was giebt's?« ließ ihn Emil an; und ziemlich barsch, weil er sich in seinen Träumereien durch den Jäger gestört sah.
    »Ich traute mich nicht hinein,« antwortete dieser mit hohler Stimme, wie aus einem Grabe. »Die gnädige Frau wartet schon auf Sie!«
    »Agnes, bei mir? – Gut, gut! Du kannst gehen! Ich brauche Dich nicht!«
    Und Franz blieb allein auf dem Corridor vor der heftig zugeworfenen Thüre:
    »Er braucht mich nicht? Mag sein! Aber ich brauche ihn ; und hab' ich nur den – Andern beseitiget, – mein gnädiger Herr soll mir nicht entkommen! Ich will ihm nicht umsonst Herz und Seele geöffnet haben! Ich will . . .«
    Was der Jäger Franz Sara weiter drohte, verlor sich im Gemäuer, durch welches die Wendeltreppe zum Jägerzimmer hinauf geht. Wir folgen ihm nicht und wenden uns wieder zu Emil, den Agnes wirklich, vor dem Kamin stehend, empfängt.
    »Wund're Dich nicht,« sagte sie, »mich bei Dir zu sehen. Oder ja, wund're Dich! Denn gewiß, nur etwas höchst Wichtiges konnte mich bewegen, Dich in Deiner selbstgewählten Junggesellenwirthschaft aufzusuchen. Ich komme, mich anzuklagen; komme Dich zu warnen. Ich bürge nicht mehr für mich, ich bürge für nichts, wenn Herr von Thalwiese länger bei uns aus- und eingeht. Er muß fort! Er darf nicht wiederkehren, Du mußt mit ihm brechen – oder . . . .«
    »Oder? . . .

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