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Schwarzwaldau

Schwarzwaldau

Titel: Schwarzwaldau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Holtei
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Auch von Dir soll ich ihn losreißen? Auch Dir soll ich Schmerzen bereiten durch diese gewaltsame Trennung? Dir , Agnes, der ich ihre Jugend gestohlen, als ich mich verleiten ließ, um Deine Hand zu werben? Ich, der ich nicht geboren ward, Dir Glück zu bringen?«
    »Emil, verkaufe nicht mit mir! Meinetwegen werde nicht schwankend in einem festen Entschluße, wenn Dir ein solcher sonst möglich ist. Um meine Schmerzen bekümmere Dich nicht. Ich weiß Dir's nicht Dank. Meine Schmerzen liegen hier eingesargt, in dieser Brust, deren wärmeren Schlag für Dich Du nie zu erwecken verstandest. Sie war kalt, sie blieb kalt, wie sich's für eine Gruft begrabener Schmerzen gebührt. Jungfräuliche Träume, mädchenhafte Wünsche, glühende Jugendbilder, blühende Hoffnungen, verwelkte Enttäuschungen liegen wie Leichen beisammen darin. Lasse sie liegen. Gräme Dich nicht unnütz um sie und um mich. Zwei Marmorhügel wölben sich als Grabmal darüber: weiß, fest, kalt wie Stein. Daß nicht ein von versunkenen, heidnischen Unterwelts-Götzen Begünstigter die frevelnde Zauberhand darauf lege, den Stein zu beleben, wie in jenem Märchen von Galathea's Statue! Daß nicht die Leichen aufgestört werden aus ihrer Grabes-Ruhe! Emil, hüte Dich! Es könnte einen furchtbaren Todtentanz geben, der mich in seine Wirbel hineinzerrte . . . . und Dich auch. – Höre meine Warnung: ich bin nicht, die ich scheine. Du kennst mich nicht. Ich kannte mich selbst nicht. Nur Gott . . . und der will nicht, daß man ihn versuche! – Noch ist Zeit. Gustav scheide von uns . . . und der Friede bleibe uns . . . der Friede des Grabes, mein' ich!«
    »– – – Aber soll denn das arme Wasser im Theekessel ganz und gar verkochen? Will sich denn keine Hand erbarmen, mir ärmstem aller Schneehasen ein heißes Glas Grog zu brauen, daß ich wieder in's Leben komme und mein Contrafey am Ufer des todten See's vergesse?«
    Mit dieser Frage stand Gustav zwischen dem Ehepaar, eben als Emil auf Agnesens letzte Warnung erwidern wollte.
    Seine nichtigen Worte drangen in das feierlich-ernste Zwiegespräch wie ein Gassenhauer in die Hallen eines Tempels. Er empfand die störende Wirkung, die er hervorgebracht, in der Rückwirkung auf sich selbst. Der Empfang, der ihm zu Theil wurde, belehrte ihn, obgleich ein schweigender, daß hier bedeutende Angelegenheiten verhandelt wurden; und daß er der Mittelpunct, die Hauptperson darin sei, konnte ihm nicht entgehen. Die übermüthige Fröhlichkeit, die er mitgebracht, wich sogleich gespannter Erwartung. Er verstummte, einem Verbrecher ähnlich, der sein Urtheil erwartet, doch nicht ohne Aussicht auf Begnadigung.
    »Soll ich in seiner Gegenwart reden?« fragte Emil; – »darf ich?«
    »Und weßhalb nicht?« erwiderte Agnes; »wofern nämlich – (und dabei blickte sie ihn fest an,) – wofern Du sicher weißt, was Du reden willst!«
    »Hier kommt es nicht darauf an, Agnes, was ich sagen will? nur darauf, was mir zu sagen gestattet ist; was Du willst, daß ich sagen soll? Die strenge Wahrheit weiß ich ihm nicht zu verkünden, ohne Verletzung eines mir anvertrauten Geheimnisses.«
    »Ich mache kein Geheimniß aus dem, was ich Dir mitgetheilt habe,« rief Agnes; »vor ihm nicht! Es wäre lächerlich, ihm verbergen zu wollen, was seit gestern Abend jeder Pulsschlag ihm kund gab. Noch einmal: verkaufe nicht mit mir! Verkrieche Dich in Deiner Unschlüssigkeit um Gottes Willen nicht hinter mich. Tritt vor als Herr des Hauses, tritt ein als selbstständiger Mann, bezahle mit Deiner Person, mit Deiner Ehre, rette Deinen Willen und gestehe dann, daß Du der Urheber dessen bist, was hier zu geschehen hat. Wenn Gustav auf ewig von uns scheidet, – aus meinem Munde soll keine Klage, aus meiner Brust soll kein Seufzer dringen; ich werde seinen Namen nicht mehr nennen. Wenn Du ihn bleiben heißest – dann klage Du auch nicht über mich; schon im Voraus werfe ich, was mich treffen könnte, auf Dein Haupt zurück. Du bist der Herr! Und nun macht mit einander aus, wie Männer, wobei ich keine Stimme habe. Ich begebe mich in mein Zimmer und will heute keinen von Euch Beiden mehr sehen. Ich werde morgen noch zeitig genug erfahren, woran ich bin. So, oder so, – mein Gewissen ist rein gegen Dich. Ich bin wahr gewesen. Sei es auch, wenn Du kannst.«
    Gustav wollte ihr folgen.
    Sie kehrte sich nach ihm um, streckte ihm gebieterisch den Arm entgegen und sprach: »Herr von Thalwiese, es ziemt Ihnen nicht mehr, mit mir zu

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