Schwarzwaldstrand
sie die Rezeption erreichten.
Aber deren Laune war mit jedem Schritt schlechter geworden. Sie hasse solche Einmischungen in ihren Urlaub, blaffte sie ihren Mann an. Aber er sei ja selbst schuld daran â viel zu gutmütig und ein Spielball dieses »Fischkopfs«, wie sie Thomsen tatsächlich in ihrer Erregung nannte.
Sie entriss dem Rezeptionsmitarbeiter den Hörer und lieà im tiefsten Schwarzwälderisch Dampf ab:
»Höret Sie mol, Herr Thomsen! Des isch ä ausgâmachte Frechheit. Nur weil Sie kein Privatlebe habet, müsset Sie nit denke, dass mein Mann auch im Urlaub nur für Sie do isch. Ab jetzt isch Schluss â auch mit diesem blöde Dodesfall hier. Mein Mann isch nit zuschtändig, und des wird er auch nit sei. Also gehet Sie jemand anderem uff de Wecker, aber nit â¦Â«
Winterhalter schämte sich. Umso mehr war es für ihn eine groÃe Erleichterung, als seine Frau mit verdutztem Gesichtsausdruck und einige Dezibel leiser sagte: »Des isch mir jetzt aber ä bissle ⦠Sie müsset schon entschuldige. Des muss auch an de Sonn hier liege, dass ich ⦠Verstehet Sie? Aber ischâs denn wirklich so dringend? ⦠Ach, er hat Sie â¦? Oh ⦠Kleine Moment, bitte.«
Dann wandte sie sich wieder streng ihrem Mann zu: »Es isch für dich â¦Â«
Es war sein Kollege Dörr â der Gerichtsmediziner, dem er noch am gestrigen Abend die Fotos von der Toten zugemailt hatte. Dem iPad von Martina Hummel sei Dank. Sie hatte Winterhalter am späteren Abend an das Gerät herangelassen â im Gegensatz zu Hubertus â¦
Kollege Dörr war wirklich fix. Winterhalter hatte erst in zwei, drei Tagen mit einer Reaktion gerechnet.
Er hatte ihm die Telefonnummer des Campingplatzes mitgeschickt, weil er vermeiden wollte, dass die brisanten Informationen auf dem Rechner der Familie Hummel landeten. AuÃerdem gab es ja vielleicht die eine oder andere Nachfrage. Und die gab es tatsächlich â¦
»Nit natürliche Todesursach isch auch deiner Meinung nach eindeutig?«, fragte Winterhalter, während seine Frau sich schon wieder ein bisschen weniger schämte und misstrauisch bemerkte, dass es offenbar tatsächlich um die Tote am Strand ging.
Die Tote im Urlaub.
In ihrem Urlaub.
Die Tote, die ihren Mann eigentlich gar nichts anzugehen hatte.
»Jo, die Leicheâflecke hab ich auch gâsehe, klar«, meinte Winterhalter.
»Wie? Einstiche? In de rechte Ellenbeuge? Nei, hab ich nit gâsehe. Es war ja fast keine Zeit. Und des musste unauffällig vonstattegehe. Dem einheimische Arzt war des natürlich nit so recht ⦠Aber du hasch des auf den Bildern beim Heranzoomen erkannt? Reschpekt! Ich vergröÃer des Foto au noch mol. Ich hab hier aber halt nit die technische Mittel wie du«, hörte Frau Winterhalter ihren Mann sagen. Sie sah sich verstohlen um, ob das Telefongespräch noch weitere Zeugen hatte. Sie kam auf drei â und alle drei schienen interessiert. Die Behauptung, es wäre nur um eine Tierschlachtung auf dem heimischen Bauernhof gegangen, konnten sie sich nun wohl sparen â¦
»War die Dote vielleicht vorher beim Arzt und hät dort ä Spritze gekriegt?«, fragte Winterhalter den Gerichtsmediziner.
»Aha«, machte er kurz darauf. »Wär än schlechter Arzt gâwese. Verstehe. Hm.«
Frau Winterhalters Miene verfinsterte sich weiter. Ihr Mann war drauf und dran, diesen Urlaub vollends zu ruinieren. Das nun folgende Wort trug nicht gerade zur Entspannung bei:
»Rauschgift?«, sagte Winterhalter. Die Rezeptionsmitarbeiter schienen dabei aufzuschrecken. Winterhalter war so gebannt, dass er kaum bemerkte, wie viele Ohren ihm zuhörten. »Interessant. Du bisch relativ sicher, dass aufgrund der Farbe der Leicheâflecke Drogen infrage kommen? Hm.«
Winterhalter blickte in die entgeisterten Gesichter der Angestellten und bemühte sich, in gedämpftem Ton weiterzu- reden. Aber im bungalowähnlichen Rezeptionsgebäude mit seinen kahlen Wänden hallte es wie im opulenten Büro von Frau Bergmann, der Kripochefin.
»Wie â noch was?«, staunte Winterhalter dann. »Schleifspure im Wadeâbereich? Wie hasch du die entdeckt? ⦠SupervergröÃerung? Die technische Möglichkeite hab ich mit meiner einfache Kamera natürlich nit ⦠Interessant. Du bisch echt än
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